Der Wintertermin wäre vermutlich wegen der Sommerhitze im Wüstenstaat aus gesundheitlichen Gründen opportun. Kasper wird allerdings nicht von solchen Intentionen getrieben. Der Schweizer, seit vielen Jahren Präsident des Welt-Skiverbandes FIS und IOC-Mitglied, befürchtet eine mediale Kollission mit den Olympischen Winterspielen. Die ohne Frage eintreten würde, falls die Kataris ihre klimatisierten Stadion-Raumschiffe im Februar für die Rasenkicker bereit hielten.
Kasper verkündete seine Absicht gegenüber dem Forum Nordicum in der Vorwoche (14. – 17.10.). Seit mehr als drei Jahrzehnten gibt es dieses Ereignis, auf dem die Weltverbände FIS mit dem Bereich Nordischer Skisport sowie IBU (Biathlon) über Vorhaben und Höhepunkte des kommenden Winters Medienvertretern Auskunft geben.
Der Spitzenfunktionär war telefonisch zugeschaltet, weil ihm die FIS-Statuten den Besuch in Bewerber-Ländern für Großereignisse nicht erlauben würden. Slowenien bewirbt sich mit Planica um die Austragung der Nordischen Ski-WM 2019. Wie Almaty (Kasachstan), Seefeldt (Österreich) und Oberstdorf (Deutschland).
Für Detailinfos waren die angereisten Renndirektoren Walter Hofer (Skisprung), Lasse Ottesen (Nordische Kombination) und Pierre Mignerey (Langlauf) zuständig. Gravierend Neues war so kurz vor dem olympischen Spektakel in Sotschi nicht zu erwarten. Schanzenbauten vor allem in Russland und in angrenzenden Ländern. Auch die Flugschanze in Planica wird verändert und modernisisert. Was zur Folge hat, dass zum 80-jährigen Planica-Jubiläum im nächsten Jahr das Skifliegen im März ausfallen muss.
Die den TV-Zuschauer oft irritierende Einrechnung der Windverhältnisse bei der Bewertung soll technisch optimiert werden. Und der taktisch bedingte Wechsel der Anfahrtslängen ist durch eine Regelpräzisierung für die Bewertung weniger lukrativ geworden.
Biathlon-Präsident Anders Besseberg (Norwegen) ließ sich durch Renndirektor Franz Berger (Österreich) und Kommunikations-Chef Peer Lange (Deutschland) vertreten. Auch hier Neu- und Umbauten von Wettkampfstätten. Gerüchteweise wurde publik, dass nach Besseberg wohl der russische Millionär und IBU-Vize Sergej Kuschenko die Führung des Weltverbandes übernehmen könnte.
Lange wies auf eine Tendenz hin, die nicht nur auf Biathlon oder Live-Sport-Übertragungen beschränkt bleiben dürfte. Die TV-Quoten des Wintersport-Brachenführerers Biathlon seien leicht gesunken, aber die Internet-Clicks auf der IBU-Website rasant angestiegen..
Eurosport sieht bei Olympia aus der Ferne zu
Werner Starz von Eurosport-Deutschland bestätigte, dass auf Eurosport keine Live-Übertragungen vom olympischen Geschehen im Sotschi (7. bis 23. Februar 2014) zu erwarten sind. Was für den Sport-Kanal, der sich massgeblich über Wintersport definiert, einen „erheblichen und schmerzhaften Einschnitt“ darstellt.
Das IOC hatte die Rechte frei ausgeschrieben und nicht wie sonst die paneuropäische EBU bevorzugt bedient. So kam die Rechte- und Vermarktungs-Agentur Sportfive zum Zuge, die das Paket aufschnürte und eine Einzelvermarktung anbot. Da wiederum war der Preis der Subrechte für Eurosport schlichtweg zu hoch. Womit der Sportsender erstmals seit 1992 bei Olympia vor der Türe bleibt.
Parallel bot das IOC den beiden wichtigsten TV-Märkten des Kontinents in Deutschland und Großbritannien Separatrechte an. ARD und ZDF griffen dank der Milliardenbeiträge aus der nationalen Beitrags-Zwangsabgabe zu und sind demzufolge im deutschsprachigen Raum konkurrenzfrei.
Ein Lehr-Beispiel, wie sehr sich das IOC von den einstigen Idealen des friedlichen Wettstreits und des Kennenlernens der Nationen mittlerweile entfernt hat. Kommerz und Geldscheffel-Politik heißen die Leitmotive.
Weil die Sotschi-Gastgeber im Gegensatz zum Vorjahr keine Referenten zum 34. Forum, einem Interessen-Verbund von Medienkollegen und Sportverbänden, geschickt hatten, sprangen Werner Rabe (Ressort-Chef Sport im Bayerischen Fernsehen) für die ARD sowie der slowenische Kollege Sinisa Ursevic zum Thema Olympia ein. Beide haben Sotschi und die Anlagen mehrfach besucht.
Deren komprimiertes Resümee: Hochmoderne Anlagen. Zumeist kurze Wege für die Aktiven zwischen Quartier und Wettkampfstätten. Generell für alle Wettbewerbe im Eis-Hallensport.
Probleme könnten WLAN-Kapazitäten, die beengten Verkehrsströme zu den Wettkämpfen in den Bergen (deshalb die Zuschauerkapazitäten dort fast halbiert) und Wettkapriolen durch die Nähe des Schwarzen Meeres mit subtropischem Sommerklima bescheren. Dagegen sollen Schneedepots wie in Klingenthal (Weltcup Skispringen) oder Hochfilzen (Weltcup Biathlon) helfen.
Und natürlich dürften die Sicherheitsvorkehrungen auch wegen der Nähe tschetschenischer Islamisten alle bisherigen Standards übertreffen. Zuschauer erhalten nur Tickets, wenn sie zuvor ein Akkreditierungs-Prozedere mit Preisgabe aller möglichen persönlichen Details absolviert haben. Das soll Attentats-Planer abschrecken.
Der olympiaerfahrene ARD-Mann Rabe erklärte zusammenfassend: „Ich werde nicht in den Fehler vorheriger Beispiele verfallen, bei denen man vor den Spielen Chaos und Unzulänglichkeiten prognostizierte und wo dann alles überraschend glatt und erfolgreich verlief. Nein, ich glaube, dass nicht zuletzt Russlands Regierungschef Putin dafür sorgen wird, dass die Sache erfolgreich und eindrucksvoll über die Bühne geht.“
FIS-Chef Kasper geht übrigens davon aus, dass sich FIFA-Präsident und Schweizer Landsmann Joseph Blatter erfahrungsgemäß wenig darum schert, was der Rest der Sportwelt denkt. Aber möglicherweise könnte ihm eine Allianz von FIS, IBU, Eishockey-Weltverband, des Welt-Eissports sowie des Rennschlitten- und Bobsports doch ein wenig Kummer bereiten.