Dennoch glaubt Jens Baxmann, dass diese Anfangsphase richtungsweisend für den Kampf um den Silberpott sein könnte. "Die kommen bestimmt mit Vollgas aus der Kabine und werden versuchen, uns an die Wand zu drücken", sagt der Nationalverteidiger aus Berlin vor seinem 59. von bisher 61 DEL-Saison-Pflichtspielen. "Wenn wir diesen ersten Ansturm meistern, kompakt und sicher in der Abwehr stehen, dann, ja dann haben wir gute Karten für den weiteren Spielverlauf."
Sowie für das Rennen um die Meisterschaft insgesamt. Weil der Vorrundenerste Berlin nach dem 2:0-Heimerfolg über den Hauptrundenvierten zum Auftakt am Sonntag vor 14 200 Zuschauern in der O 2-Arena 1:0 in der Finalserie vorn liegt.
Die Mäkelei danach – "phasenweise zerfahrenes Spiel" oder "enttäuschend niveauarme Begegnung" – ist nur zu teilen, wenn man sich eine teilweise medial überzogene Erwartungshaltung zu eigen gemacht hat.
Von einem "Traum-Finale" war die Rede. Der Pay-TV-Sender Sky verstieg sich zur Ankündigung eines "Gigantenduells" auf dem Eis. Zwischen den beiden DEL-Rekordmeistern – je fünf Mal Champion der Deutschen Eishockey-Liga (DEL)-, den Klubs mit den höchsten Etats, dem besten Kader usw. usf…
Richtig ist, dass beide derzeit die besten Teams der DEL sein dürften. Und Rivalen auf
Augenhöhe. Und bei solch einer Konstellation wohl die Mannschaft verliert, deren erster, zweiter oder dritter Fehler mit einem Gegentor bestraft wird.
Der unterlief den Mannheimern nach 29 Sekunden des letzten Drittels. Weil Berlins Däne Mads Christensen ein "shitty Goal" (besch… oder umschrieben dreckiges Tor) gelang: Aus der Ecke spielte Klubkollege Barry Tallackson einen scharfen Pass vor Adler-Gehäuse. Christensen rutschte mit einem Gegner am Hemd in den Torraum und fälschte die Scheibe irgendwie ins Tor ab.
Mannheims Goalie Fred Brathwaite, wie Rob Zepp bei den Berlinern selbst von frei zum Torschuss kommenden Stürmern kaum bezwingbar, hatte keine Chance. Als dann die beiden Schiris nach Video-Kontrolle (verbotene aktive Schlittschuhbewegung? Behinderung des Keepers im geschützten Torraum?) mit ausgestreckten Armen zum Torbully wiesen, jubelten die Eisbären-Fans auf den Stehrängen auf: "Dynamo, Dynamo…".
Es folgten elf Minuten "crunch time", jener Zuspitzung, bei der alles auf des Messers
Schneide steht: Zwei Strafminuten gegen Berlin wegen eines Wechselfehlers (ein Spieler zuviel auf dem Eis). Dann in 4:5-Unterzahl ein Befreiungsschlag von Defensivmann Constantin Braun, der den Puck unglücklich über die Plexiglasscheibe zischen lässt: Wiederum zwei Strafminuten – wegen Spielverzögerung! 3:5-Unterzahl. Doch die Adler, ungeordnet und flattrig wie ein Hühnerhaufen. Schaffen nicht den Ausgleich. Kassieren ihrerseits ein Strafe. Nur noch 3:4-Spielerzahl aus Berliner Sicht. Chancen hüben wie drüben. Null Treffer. Hervorragende Torhüter, aufopferungsvolle Defensivreihen. Dann plötzlich 5:3-Überzahl für den EHC. Dann 5:4. Und Kapitän Richie Regehr schlenzt aus dem Handgelenk ein Zuspiel direkt in die Fanghand-Ecke. Brathwaite ist die Sicht versperrt. Christensen springt rechtzeitig hoch mit gegrätschten Beinen. Die Scheibe zappelt im Netz – 2:0.
Am Schluss noch 1:02 min. Zittern der EHC-Anhänger, weil Adler-Trainer Harold Kreis ("…waren anfangs zu nervös, hatten zu viele dumme Strafen, aber es steht nur 1:0 gegen uns") für den Unglücksraben Brathwaite einen sechsten Feldspieler aufs Eis geschickt hatte.
Doch die Eisbären bleiben cool und clever. Halten den so wichtigen Startsieg fest. Dank einer "Super-Mannschaftsleistung", eines "großartigen Torhüters, der immer zu den Playoffs zu Hochform aufläuft" (Trainer Don Jackson).
Spielerisch konnte es keine Glanzvorstellung sein. Aber kämpferisch und dramaturgisch war es jederzeit finalwürdig. Und trotz der Strafenverteilung (nur je 2 Minuten) von 4:9 (Berlin/Mannheim) im Gegensatz zur ruppigen Gangart der vorherigen Eisbären-Kontrahenten Köln bzw. Straubing eine bemerkenswert faire Final-Auseinandersetzung.
Die Eisbären waren als spielerisch stärkere Formation verdient siegreich, weil bei fast gleicher Torschuss-Häufigkeit eben effizienter bei der Chancenverwertung.
Und verdient auch deshalb, weil sie die Ausfälle der beiden Topstürmer Andre Rankel (gesperrt) und Florian Busch (verletzt/ spielt eventuell Mittwoch) ohne Lamentieren durch den Einsatz der beiden Youngster Vincent Schlenker und Dominik Bielke zumindest ohne erkennbare Schwächung kompensieren konnten. Mannheim indes hatte seine Streitmacht komplett zur Verfügung, musste gar einen NHL-erprobten Profi wegen der Ausländerklausel draußen lassen.