Rumeiern und herumreisen: Irland bietet beides – Zur zehnten aktualisierten Auflage des Iwanowskis Reisehandbuches Irland

Iwanowskis Reiseführer Irland auf einer Irland-Reisekarte von Iwanowski. Will man mehr? © 2017, Münzenberg Medien, Foto: Stefan Pribnow

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Der Inselstaat Irland am nordwestlichen Rand EU-Europas, der sich immer noch nicht über die ganze irische Insel erstreckt, weil Nordirland weiterhin zum zwangsvereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland gehört, wo die British Army auch im 20. Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung viele Iren getötet hat, als sie ab den 1960er Jahren nicht nur gegen die Irisch Republikanische Armee kämpfte sondern als Besatzungsarmee herrschte.

Viele der über 6 Millionen Iren auf der Insel können den Verbrechern vielleicht vergeben, doch die Verbrechen nicht vergessen, auch wenn sich scheinbar alle Leute – darunter auch Lohnschreiber – daran beteiligen, Gras über die Geschichte wachsen zu lassen. Immerhin hält in Nordirland die Sinn Féin, die 1905 federführend von dem Dubliner Journalisten Arthur Griffin gegründet wurde, die Fahne hoch.

Auch darüber berichtet Annette Kossow in der mir vorliegenden 10. Auflage des Reiseführers Irland aus dem Jahr 2016. Allerdings behandelt sich die Politik und Wirtschaft in Geschichte und Gegenwart nicht aus dialektisch- materialistischer Sicht sondern in der wohligen Weise bürgerlich-idealistischer Erzählungen. Sie marschiert durch Orte, Daten und Namen – rechts zwo, drei, vier und immer zack, zack, zack -, die man sich merken kann oder auch nicht. Einverstanden, auch dieser Iwanowski ist nur ein Reiseführer und es ist allemal löblich, nicht nur den Überbau (Kossow gibt einen kurzen Überblick über die Kunst- und Kulturgeschichte aus bürgerlicher Sicht), sondern auch die Basis (unter der Überschrift „Wirtschaftlicher Überblick“ notiert sie Hinweise auf Tourismus und Umweltschutz) zu beschreiben. Dass sie die Politische Ökonomie leider nicht verstanden hat und somit nicht erklären kann, das belegen Behauptungen wie diese (siehe Seite 54): „2008 war Irlands Wirtschaft eine der gesündesten der EU.“

Genug zum Rumeiern. Das Werk ist mehr als ein banaler Reiseführer, denn es dient dem Herumreisen. In ihm steckt viel Fleiß, Kopf- und Handarbeit. Kossow ist es gelungen, ein Reisehandbuch vorzulegen, mit dem sich Leser beschäftigen können. Das im Dormagener Reisebuchverlag Iwanowski erschienene 484 Seiten dicke Buch ist reich an Fakten, im Reiseteil gut gegliedert und teilweise schön bebildert. Ein professioneller Fotograf mit sehr guten Erfahrungen in Reporter- und Reisefotografie sowie der Geduld für den Augenblick, der die Autorin auf ihren „rund 12.000 Kilometern … auf der Insel“ begleitet hätte, wäre aus meiner Sicht wünschenswert gewesen. Mit dessen Bildern wäre das Buch sehr gut bebildert gewesen.

Richtig, das Reisehandbuch muss kein Bilderbuch sein und ist es auch nicht. Das Buch „wendet sich vor allem an Individualreisende“, erklärt Kossow im Vorwort (S. 13), „die Irland auf eigene Faust erkunden möchten“. Aufgebaut sei das Buch „in drei Hauptteile“, fährt sie fort, wobei das zweite Kapitel voll mit Reisetipps in alphabetischer Reihenfolge auf 39 gelben Seiten ist, denen drei grüne Seite zum Kalkulieren von Kosten folgen. Manchem Schmalhans wird das helfen, damit dessen Geld noch für Fish and Chips oder anderes Fastfood reicht.

Hunderte Reisetipps raten zu diesem Hotel und jenem Bed & Breakfast`s sowie zu Pubs und Restaurants. Irische Märchen und Mythen finden bei Kossow ebenfalls Erwähnung.

Auf Seite 113 geht das „Reisen in Irland“ endlich los. Keine Frage: Kossow unterrichtet gut über die „wichtigsten Sehenswürdigkeiten“, in dem sie in Dublin beginnt und die Reise im „Uhrzeigersinn“ in und um Belfast beendet. Sie bietet zudem völlig ausreichende Informationen über lohnenswerte „Abstecher jenseits der ausgetretenen touristischen Pfade“.

Für Neueinsteiger auf die Schiffe und in die Flugzeuge nach Irland ist das Buch ein großer Gewinn, für Reisende mit reichlich Irland-Erfahrung und fundierten Erkenntnissen über Land und Leute sowie Geschichte und Gegenwart immerhin eine gewisse Ergänzung.

Lobenswert ist außerdem, dass „die 26 Detailkarten samt Reisetipps per QR-Code auf Smartphone, Tablet oder Reader geladen werden“ können. Dadurch darf das Buch während der Reise am Bett bleiben, denn besser reist es sich mit leichtem Gepäck. Das gilt vor allem für Irland.

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Annette Kossow, Iwanowskis Reisehandbuch Irland, 484 Seiten, broschiert, durchgehend farbig mit mehr als 120 Fotos, eine Reisekarte zum Herausnehmen, 24, Detailkarten und Grafiken, Iwanwoskis Reisebuchverlag, Dormagen, 10. Auflage 2016, ISBN: 978-3-86197-148-1, Preise: 19,95 EUR (D), 20,60 EUR (A)

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