Heynen hat Glauben an WM-Medaille geweckt – Volleyball-Frauen zurückhaltender bei WM-Erwartungen

Das WM-Championat der Männer in Polen startet am Sonntag mit Zuschauer-Weltrekordkulisse von 64 000 Augenzeugen im Warschauer Fußball-Stadion mit der Partie der Gastgeber gegen Serbien. Die Deutschen bekommen es am 1. September in Katowice zum Auftakt mit Titelverteidiger Brasilien zu tun.
Die Frauen-Nationalmannschaft bereitet sich derzeit im Bundesleistungszentrum Kienbaum bei Berlin auf den WM-Beginn am 23. September in Rom vor. Und testet davor noch gegen die Niederlande (auswärts) und Belgien.

Obwohl die „Volleyball-Schmetterlinge“ des DVV zuletzt zweimal EM-Silber gewannen – was ihren Kollegen nicht vergönnt war -, bleibt Spielführerin Margareta Kozuch in ihrer WM-Prognose zurückhaltender. „Natürlich wollen wir die Finalrunde der Top sechs in Mailand erreichen“, erklärt die 1,88 m große Diagonal- und Hauptangreiferin. „Und wenn wir da sind, werden wir alles geben, damit wir am Ende des Turniers etwas um den Hals zu bammeln haben.“

Die 27-Jährige, in Hamburg geboren, ist eine ausgesprochene Volleyball-Globetrotterin und die Spielerin mit der größten internationalen Erfahrung im Team des italienischen Bundestrainers Giovanni Guidetti. Nach kurzem Auftritt für Hamburg in der Bundesliga schmetterte sie bei zwei Vereinen in Italien, dann folgten Russland, Polen, wieder Italien, Aserbaidschan. Und nach der WM heuert sie als erste  Volleyballerin mit deutschem Pass in China (Shanghai) an. Wie ihre Wanderlust zu erklären ist? -“Ich mache meist nur Ein-Jahres-Verträge. Und wenn dann Angebote kommen und ich dabei Neues kennenlernen – Länder, Menschen, Mentalitäten, Kulturen – kann, dann wechsle ich eben. Ich bin halt ein neugieriger Typ.“

Ganz so wanderlustig ist Vital Heynen nicht. Obwohl der 45-jährige Belgier Nationalspieler und Vereins-Trainer in seiner Heimat war. Ein Beachvolleyball-Duo der Frauen betreute und neben seinem Job als Männer-Bundestrainer seit 2012 im Zweitjob außerhalb der Einsätze für die Nationalmannschaft ein Klubensemble in Ankara und seit einem Jahr in Polen (Bydgoszcz) betreut. Aber  er ist auch verheiratet und hat drei Kinder.
Im Januar erklärte Heynen sehr forsch und in aller Öffentlichkeit, dass es nun an der Zeit sei, 42 Jahre nach Gewinn der olympischen Silbermedaille durch die DDR-Volleyballer „wieder um eine Medaille für eine deutsche Männermannschaft bei einem Großereignis zu kämpfen“.

Was aus der Position des Weltranglisten-Zehnten (Deutschland) kühn anmutete, der weder bei EM, WM oder Olympia über das Viertelfinale hinaus kam. Doch die Entwicklung der letzten Monate und Wochen scheint dem Medienprofi recht zu geben. In der Weltliga mit einer verstärkten B-Garnitur wegen etlicher verletzter und angeschlagener Leistungsträger noch arg gebeutelt, gab es in der WM-Vorbereitung deutliche Erfolge über Australien, je einen Sieg und eine Niederlage beim Gastgeber Polen sowie zwei Siege in Italien. Zwei Gegner, die bei der WM über drei Wochen zum erweiterten Kreis der Medaillenanwärter zählen.

„Mein Problem ist, dass ich im Moment keine Probleme habe. Alles läuft auf dem Weg zur WM wie gewünscht. Es ist kein (überzogener, d.A.) Optimismus, sondern Realismus, wenn wir eine Medaille als Ziel ansteuern.“ Dabei kommt Spielmacher und Vize-Mannschafts-Kapitän hinter Angreifer Jochen Schöps Lukas Kampa eine überaus wichtige Rolle zu. Der brillante Regisseur und exzellente Aufschläger (1,95 m) sagt: „Ich bin wie das gesamte Team hochmotiviert bei meiner ersten WM-Teilnahme und glaube fest daran, dass wir eine Medaille gewinnen können.“

Kampa kann auf einen ähnlichen Erfahrungsschatz wie die gleichaltrige Kozuch verweisen: Deutscher Meister mit Friedrichshafen. Dann Stationen in Italien, Russland, der Ukraine, wieder Italien. Nach der WM ist er einer von sechs Akteuren aus der Nationalmannschaft, die neben höheren Gehältern als in der Bundesliga die außergewöhnliche Volleyball-Begeisterung in der polnischen Liga (für Radom) erleben dürfen.

Nach der intensiven Vorbereitung über sieben Wochen sei „die Mannschaft körperlich gut drauf. Alle sind überzeugt, dass der Podiumsrang möglich ist. Und diese Überzeugung, das Glauben an das Potenzial – das ist sehr wichtig für solch ein langes Turnier.“ Falls die Schützlinge von Vital Heynen, der den Glauben an die eigenen Möglichkeiten in die Köpfe transplantiert hat, dann in der Auftakt-Spielstätte in Katowice bei der Finalrunde ab 20. September auflaufen, haben sie am Ende 13 Begegnungen in 20 Tagen absolviert.

Gegen Weltliga-Sieger USA gibt es diese Woche in Dessau und Nordhausen die letzten WM-Testspiele. Die dabei eingesetzten 14 Sportler werden auch bei der WM antreten, nachdem der dritte Zuspieler Jan Zimmermann nach Friedrichshafen zurück gekehrt ist und Mittelblocker Philipp Collin nach einer Melde-Panne bei Dopingkontrollen suspendiert werden musste. Er hatte vergessen, seine Anwesenheits-Meldeliste von Tours auf Düren zu ändern. Was nach dem dritten Fehler dieser Art erst einmal mit einer Sperre geahndet wird. Heynen wehrt sich gegen diese bürokratische Verfahrensweise, „denn dem Spieler ist damit nicht einmal die Absicht zum Dopen nachgewiesen worden. Da stimmen die Relationen Vergehen und Strafe Berufsverbot einfach nichti.“

Fazit der Pressekonferenz über den Dächern Berlins: Das Streben der deutschen Spieler nach einer WM-Plakette ist verschmolzen mit dem brennenden Ehrgeiz ihres Trainers. Denn Heynen weiß: Damit würde er endlich zur internationalen Elite der Volleyball-Bankchefs gehören.

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