Hessischer Kulturpreis 2012 für Hilmar Hoffmann

Hoffmann, geboren in Bremen und geprägt zunächst durch das Ruhrgebiet – er war Kulturdezernent in Oberhausen und ist seither auch Fachmann für Brieftauben – gab aber nicht ohne Rührung zu, dass ihn dieser Preis nun endgültig zum Hessen mache. Den Menschen im Rhein-Main-Gebiet fallen in Verbindung mit seiner Person vor allem zwei Dinge ein: Seine Forderung nach einer „Kultur für Alle“ und das Frankfurter Museumsufer. Letzteres ein Leuchtturmprojekt, das der Sozialdemokrat im Wesentlichen unter einer CDU-geführten Stadtregierung und in prosperierenden Zeiten realisiert hatte (der Pferdefuß zeigte sich in den mageren Folgejahren bei der Bewältigung der Folgekosten). Aber dies war nur der für die Medien attraktive Teil seiner Erfolge. Weniger spektakulär aber hinsichtlich der Zugänglichkeit von Kultur für Alle ebenso wichtig waren die gleichzeitig ins Leben gerufenen Stadtteilbibliotheken (oft in Einheit mit Schulbibliotheken), die Bürgerhäuser und die Spielstätten für Freie Gruppen wie der Mousonturm. Auch die Freiheitsgrade, die er Institutionen wie dem Theater am Turm unter Peymann oder Fassbinder ließ, obwohl sie nicht die bürgerliche Vorstellung von Hochkultur bedienten, waren Beispiel gebend.

Film ist  als künstlerisches Medium schon lange nicht mehr bestritten, aber es war Hilmar Hoffmann, der nicht nur das erste kommunale Kino gründete um den Filmen (und den Zuschauern) eine Plattform zu bieten, die im kommerziellen Betrieb ein Schattendasein führen mussten, sondern über Jahre hinweg auch zielstrebig aus unterschiedlichen Ansätzen das Deutsche Filminstitut schuf und dort mit Claudia Dillmann als Direktorin eine congeniale Partnerin fand. Die Vereinigung des Instituts mit dem Deutschen Filmmuseum krönte diese Entwicklung.

Nach seiner Zeit als Frankfurter Kulturdezernent führte Hoffmann als Präsident die Goetheinstitute Deutschlands durch eine kritische Phase, in der sich die Institute nach dem Zusammenbruch der Ost-West-Konfrontation befanden. So mancher Politiker entdeckte da Potentiale Finanzmittel einzusparen, aber auch die Institute mussten ihre Aufgabe und Position in dieser Situation neu bestimmen.

Danach kümmerte er sich um die Stiftung Lesen und sorgte dafür, dass die Stiftung und ihre Ziele nicht mehr nur einem engen Kreis Eingeweihter ein Begriff war.

Die Laudatio bei der Preisverleihung hielt Jack Lang, langjähriger französischer Kulturminister, dessen Lebensweg manche Parallele zu Hoffmann aufweist – auch er kommt aus der kulturellen Praxis (Intendant, Festivalleiter) und verband diese früh mit politischer Aktivität um eine französische Variante der „Kultur für Alle“ zu realisieren. Was beide eint, ist die Überzeugung, dass Europa nur aus einer gemeinsamen kulturellen Identität heraus erwachsen könne, sie hätte eigentlich der ökonomischen Vereinigung vorausgehen müssen.

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