Wo Könige Taufpate standen – Der Mittelmeer-Badeort Le Grau du Roi – Port Camargue vereint den Charme eines südfranzösischen Fischerdorfs mit dem Luxus seines Sport- und Jachthafens, dem größten Europas

Fischereihafen Le Grau: Wahrzeichen von Le Grau du Roi: der Alte Leuchtturm von 1826

Le Grau du Roi liegt westlich vom Rhône-Delta im Languedoc. „Grau“ bezeichnet im Okzitanischen eine natürlich entstandene Kanalmündung, die das Meer mit dem Binnengewässer verbindet. Der „Grau du Roi“ bildet sich zu Beginn des 13. Jahrhunderts und stellt eine Verbindung zwischen dem Mittelmeer und der Lagune Étang du Repausset her. Im Lauf der Zeit wechselt die Mündung den Namen – stets zu Ehren von Königen und Regierung, die den „Grau“ instand halten: „Grau Henri“ zu Ehren Heinrichs IV. im Jahr 1598, „Grau du Roi“, erste Erwähnung des heutigen Namens im Jahr 1640, „Grau Pelletier“ während der Revolution von 1798, „Grau Napoléon“ während des Empire 1791. Nach dem Ende Napoleons nimmt der „Grau“ seinen heutigen Namen an, den er trotz politischer Veränderungen nie mehr aufgibt.

Le Grau du Roi ist ein Fischerdorf geblieben. Jeden Morgen verkaufen die Fischer ihren frischen Fang, und Einwohner wie Touristen stehen an den Ständen am Hafen Schlange. Immerhin ist Le Grau zweitgrößter Fischereihafen an der französischen Mittelmeerküste mit 45 Fischerbooten, teils modernste Heckfänger.

Zählt das Dorf im Jahre 1850 nur 500 Seelen, verwandelt es sich im Lauf der Zeit in ein beliebtes Ferienziel mit mehr Urlaubern als Einwohnern. Das verwundert nicht bei 18 Kilometer feinstem Sandstrand, bis zu 700 Meter breit, und bei einem Meer, sauber und kindersicher ohne Untiefen. Und weil die Urlauber den Hang zu immer mehr Luxus haben, bekommt der Architekt Jean Balladur den Auftrag, den größten Freizeithafen Europas zu bauen: Port Camargue. Bis zu 4.500 Schiffe haben einen Liegeplatz an den Anlegestegen vor den Appartements, die meisten in Privatbesitz und nur mit dem Boot zu erreichen. 30.000 Menschen können hier leben.

Für vier Euro, Kinder zahlen zwei, lädt der Deutsch sprechende Schweizer Alain auf seinen Elektro-Katamaran zu 40-minütigen Führungen durch die Wasserwelt. Denn wirklichen Einblick hat der Neugierige nur vom Wasser aus, auch wenn eine Strandpromenade die beiden Stadtteile Le Grau du Roi und Port Camargue verbindet.

Obwohl man für Port Camargue ein Stück Natur gestohlen hat, kommt die Natur nicht zu kurz. Im Gegenteil. Auf den Salzpfannen und Salzwasserlagunen brüten seltene Vogelarten wie Flamingos, Dünnschnabelmöwen, Lachseeschwalben, Tafelenten, Stelzenläufer und Säbelschnäbler. Auf der Lagune Étang sind rosa Flamingos zu Hause, auf den Wiesen die weißen Pferde der Camargue. Und die Camargue selbst, jene Sumpf- und Seenlandschaft im Rhône-Delta mit allein über 300 Zugvogelarten, ist nicht nur Rückzugsgebiet für seltene Pflanzen und Tiere und eines der wichtigsten Vogelschutzgebiete in ganz Europa. Neben dem spanischen Doñana-Nationalpark und dem rumänischen Donaudelta gehört sie zu den drei bedeutendsten Feuchtgebieten Europas. Hier leben Rohr- und Zwergdommeln, Purpur-, Nacht-, Rallen-, Kuh- und Seidenreiher sowie Rohrweihen. In ihrer unendlichen Stille lässt die Camargue auch den Menschen zur Ruhe kommen.

Was fehlt noch? Das typische Tier der Camargue. Der Stier. Er scheint den Bewohnern heilig, sieht man ihn doch allenthalben: gemalt, gezeichnet, fotografiert, modelliert, kunstvoll in Szene gesetzt, abstrakt, realistisch, futuristisch, stilisiert, doch stets unblutig. Kein Matador, der ihm den Todesstoß versetzt. Der Stier schmückt die Wände von Restaurants, Cafés, Hotellobbys, Hotelzimmern, Ausstellungen. Aber auch leibhaftig ist er präsent, auf den so genannten Manaden.

Mr. Groul besitzt eine solche Manade, eine Art Ranch, die Manade Saint Louis. Auf ihr züchtet er Stiere. Kampfstiere. Kampfstiere für das Spektakel „Course camarguaise“ in den Arenen von Le Grau du Roi, Aigues-Mortes, Arles und Ní®mes. Ein wildes Rennen, bei dem die „Raseteurs“ genannten Männer die zuvor an den Hörnern befestigten bunten Bänder entfernen müssen. Ob sie es schaffen oder nicht, immer heißt es: Rette sich, wer kann. Denn ein guter Stier verfolgt den Angreifer, bis der hinter den Zaun der Arena springen kann. Nach 15 Minuten ist der Spuk vorbei. Der Stier darf wieder auf die Wiesen zurück. Mit einem anderen setzt sich das Camarguerennen fort. Einer der Höhepunkte im Leben der Einheimischen.

Gegen ein Entgelt von 15 Euro fährt Monsieur Groul Besucher mit dem Geländewagen drei Stunden über sein Anwesen, auf dem er auch den typischen „Vin de sable“ anbaut, den Wein der Region, der auf den vorherrschenden sandigen Böden wächst. Zigtausend Stiere jeden Alters führt er vor. Nur die männlichen sind zu sehen. Weibliche, und zwar die aggressivsten, betont Monsieur, würden nur zur „Reproduktion“ gebraucht. Später landeten sie – übrigens äußerst wohlschmeckend – auf den Tellern von Einheimischen und Touristen. Wer länger verweilen möchte, kann auf der Manade ein Zimmer nehmen.

Eine große Attraktion der Region ist in Le Grau du Roi das „Seaquarium“ mit schönsten Meerestieren und einem

einzigartigen Haibecken über zwei Etagen, in dem sich 25 verschiedene Arten tummeln. Hier kümmert man sich aber auch um Pflege und Aufzucht kranker Tiere, um sie dann wieder in die Freiheit zu entlassen, etwa Schildkröten und Seehunde.

Wellness-Fans sind im Hotel Mercure in Port Camargue richtig, das sich der Thalasso-Therapie widmet und die unterschiedlichsten (Wasser-)Massagen anbietet (www.accorthalassa.com).

Wer mehr von der Umgebung sehen möchte, fährt, vorbei an Reisfeldern und Salinen, nach Aigues-Mortes, dessen Altstadt von einer völlig intakten Stadtmauer mit vielen Toren umgeben ist. 1.600 Meter lang dauert darauf der Rundgang. Danach hat man sich ein Steak vom Stier im „Café de Bouzigues“ (www.cafedebouzigues.com) in der Rue Pasteur 7 verdient.

Info:

Unterkunft: 3-Sterne-Hotel Le Relais de l`Oustau Camarguen mit Schwimmbad, 3 Route des Marines in Port Camargue, www.oustaucamarguen.com, DZ 81-115 Euro.

Auskunft: Office de Tourisme , F-30240 Le Grau du Roi, Tel. 0033/466/516770, E-Mail:

d.deichmann@vacancesaugrauduroi.com oder a.meyer@vacancesaugrauduroi.com, www.vacances-en-camargue.com. Alice Meyer und der Berliner Daniel Deichmann sprechen perfekt Deutsch.

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