… wo der Mensch geht und die Natur bleibt – Serie: Yadegar Asisi zaubert „Amazonien“ in den Panometer Leipzig (Teil 2/2)

Rundum staunen: Auf der sechs Meter hohen Plattform ist der Betrachter rundum vom Regenwald umgeben.

Der Amazonas liegt entfernt und darum sehen wir neben den hochaufragenden Bäumen direkt vor uns nun den Regenwald in der korrekten Entfernungsperspektive. So klein sehen auf einmal die gewaltigen Kapokbäume aus, – die unten im Eingang als halbseitiges Modell einen staunen lassen, wie die Natur auch die versorgt, die keinen festen Grund haben und einfach einen massiven sich verjüngenden Stamm wachsen läßt, und jetzt so klein aus der Ferne – und da ist man froh, daß der Kapuzineraffe doch direkt vor einem vom Baumwipfel herab hängt, denn auf diese Entfernung wäre er nicht mehr sichtbar mit seinem Greifschwanz, der seine fünfte Hand ist, nur die Greifvögel, deren Kontur sich vor dem Himmel abzeichnet, sind auch weithin erkennbar. Wir sehen auch die Palmen, die Bäume, die ohne Äste auskommen und die Mata-Mata erkennen wir erst nach deutlichem Hinweis unseres Führers. Denn diese Fransenschildkröte ist eine Meisterin der Tarnung. Hier lauert das bis zu 50 Zentimeter große Tier dem Erdboden gleich und wird gleich blitzschnell einen Fisch oder einen Frosch verschlingen. „Die Einheimischen nennen sie ’Mata-Mata’, was soviel wie Mörderin bedeutet.“ sagt der Katalog auf Seite 75.

Wir müssen endlich aufhören, vom Panorama selbst zu schwärmen und etwas zum gesamten Vorhaben und zur Ausstellung sagen. Denn im Eingangsbereich werden wir erst einmal vorbereitet auf die Tier- und Pflanzenwelt, die wir oben schwelgerisch dann erleben. Insekten sind gesammelt, so wie es das 19. Jahrhundert vormachte und jede bessere Darwinausstellung es uns dieses Jubiläumsjahr präsentiert: Eine Wand voller Schmetterlinge oder Käfer oder Insekten, aufgespießt und in der Vielfalt ihrer Unterschiede kaum glaublich. Sie hören hier den Regen, der unterschiedliche Töne annehmen kann, anschwillt und abschwillt. Richtig ist es, eine begleitende Musikinszenierung Amazoniens zu gestalten, die Eric Babak komponiert hat. Und die vielen Sagen und Legenden Amazoniens träufeln in witzigen Hörstationen in ihre Ohren und ihr Herz.

Aber auch die historischen Entdecker von Amazonien kommen zu ihrem Recht. Ja, es waren mehrere und der erste war ein Spanier namens Pinzon, der es ’mar dolce’ nannte – müßte das nicht auf Spanisch ’dulce’ heißen? Er war einst mit Kolumbus unterwegs und nun in eigener Expedition unterwegs. Auch Johann Moritz von Nassau-Siegen war in den 1630er Jahren dort, vor allem aber Alexander von Humboldt von 1799 bis 1804, zusammen mit dem Franzosen Bonpland. Und da könne wir nicht anders, als allen sofort zu empfehlen, Daniel Kehlmanns „Die Vermessung der Welt“ zu lesen, diesem genialen Stück Literatur, in dem Humboldt fiktiv auf den Astronomen Gauß trifft, aber in dem auch seine tatsächliche Reise mit Bonpland an den Orinoko hinreißend beschrieben wird. Die gesamte Ausstellung ist auch als „Hommage an Humboldt“ bezeichnet.

Aber auch der heutigen Forscher wird gedacht und vor allem wird das Verfahren beschrieben, mit dem Yadegar Asisi über eine gewaltige Zahl von Zeichnungen in Verbindung mit zahlreichen Fotografien zur am Rechner erarbeitenden Gestaltung dieses Panoramas gekommen ist, was durchaus kompliziert ist, denn er muß uns auf dem Podest das Gefühl geben, dicht dabei zu sein und kann nicht gleichzeitig eine Schneise in den Urwald schneiden oder einen keltischen heiligen Kreis errichten. Gut gemacht auf jeden Fall. Und mehr als eine Reise nach Leipzig wert.

Ausstellung im Panometer Leipzig bis auf Weiteres

Katalog: Amazonien. Yadegar Asisis Zauberbild der Natur, Asisi visual culture GmbH, Leipzig 2009. Von der Sinnhaftigkeit, dieses Begleitbuch mit nach Hause zu nehmen, zeugt schon der Text. Wir wollen noch den Leitspruch zitieren: „Leidenschaft für Kunst und Wissenschaft. Alexander von Humboldt und Wilfried Morawetz gewidmet. Yasegar Asisi“.

Damit dankt Asisi auch dem 2007 sehr früh verstorbenen Wiener Professor, der seit 1994 an der Leipziger Universität den Lehrstuhl für Spezielle Botanik und Ökologie innehatte.

Daniel Kehlmann, Die Vermessung der Welt, Rowohlt 2005

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www.asisi.de

Reiseliteratur:

Tobias Gohlis, DuMont Reistaschenbuch Leipzig, 2006

Marco Polo, Leipzig, 2006

Mit freundlicher Unterstützung des Leipzig Tourismus und der Universität Leipzig sowie des Hotels Mercure am Johannisplatz

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