Jaspers soll über fünf Jahre vor seinem Ableben mit den griffbereiten Notizen nicht mehr mit ihnen gearbeitet haben, obwohl Heidegger für Jaspers, der am 23. Februar 1883 in Oldenburg das Licht der Welt erblickte, sein „schlimmster Gegner unter den Zeitgenossen“ gewesen sein soll. Vorwort nennt Saner die Notizen ein „Leierlied … über drei Jahrzehnte“, ein Abgesang auf vermutlich einst erhoffte Bruderschaft im Geiste. Doch nach dem Holocaust, Jaspers Frau war Jüdin, bestand nie ein Hauch einer Chance für den Versuch der Vermittlung einer Aussöhnung, den Heidegger, einer der Aftergänger des Faschismus, distanzierte sich nicht so vom Faschismus, wie er sich einst dazu bekannte: mit Leidenschaft. Doch Kritik ist bekanntlich nicht eine Leidenschaft des Kopfes sondern der Kopf der Leidenschaft, die in Heidegger nach dem Untergang des Dritten Reiches nach dem Totalen Krieg sie Umstände im Nachkriegsdeutschland und in der Adenauer-Ära ein für allemal erlöschen war.
Laut Wikipedia stand Heidegger „in der Tradition der Phänomenologie (vor allem Edmund Husserls), der Lebensphilosophie (besonders Wilhelm Diltheys) sowie der Existenzdeutung Sí¸ren Kierkegaards, die er in einer neuen Ontologie überwinden wollte.“ Einfacher gesagt: Er stand rechts. Auf seinem Marsch durch das Abendland baute sich der Abbrecher eines Theologiestudiums, der sich auf Philosophie mit den Nebenfächern Mathematik, Geschichte und Naturwissenschaften konzentrierte, sein Reich nach seiner Façon in des Führers Fußstapfen. Wäre derjenige, der am 1. Mai 1933 der NsdAP beitrag und bis zum bitteren Ende Mitglied blieb, doch ewiger Ministrant in Meßkirch geblieben.
Doch Heidegger wurde für Jaspers, der nach einer Revolte gegen eine von ihm ausgemachte depravierten Professoren-Philosophie suchte, laute Saner zu einer „Inkarnation der Philosophie“ und einem „Bundesgenossen“ in dieser Zeit in Heidelberg, in denen linke Genossen gegen die rechte Sozialdemokratie, gegen die Noske-SPD, gegen die Restauration der Kaiserlichen, gegen Kapital und Bourgeoisie kämpften. Für die deutsche Linke sind d iese „Notizen zu Martin Heidegger“ sicherlich die Belanglosesten und allen Belanglosigkeiten. Für Nachlaßverwalter ist die Erstveröffentlichung der Notizen von 1978 ein Muß. Für die Bibliothek des Philosophischen Salons in Berlin hingegen reicht Jahre später das Taschenbuch dieser „Dokumentation eines Zerwürfnisses zweier großer Denker“ um Philosophiegeschichte zu studieren und zu verstehen, „wie Jaspers über Heidegger gedacht hat“ (Saner).
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Karl Jaspers, Notizen zu Martin Heidegger, Herausgegeben von Hans Saner, ungekürzte Taschenbuchausgabe, 480 Seiten, kartoniert, Piper, Website: www.piper.de, München, Zürich, Oktober 2013 ISBN 978-3-492-30342-2, 12,99 EUR (D), 13,40 EUR (A), 18,90 sFr