Wenn man nur nachhilft oder Wie aus Love Liebe wird – Rezension zum Kinofilm „Der Auftragslover“

Seine Fast-Frau fährt mit einem anderen Mann zu den Dünen. Der Don Juan bietet ihr ein Liebesgedicht aus Brasilien dar. Zwei Turteltäubchen im Käfig, zwei Turteltäubchen in einem Jeep. Pierre, so heißt er heute, macht auf Medizinmann. Alle nur nicht die fröhliche Florence (Amandine Dewasmes) wissen, daß das alles fauler Zauber in einem Land ist, wo Kamele wie auf der Trophy über Dünen gehen und seltene Diamanttaube über goldgelben Sand flattern. „Florence, Du bist schön“. Das ist sie wirklich und sie flittert wie das Licht der Sonne über Marocco flirrt. Sie küsst ihn, als er Tränen rausdrückt. Endlich. Schluß ist mit den Heiratsplänen. Pierre hat ganze Arbeit geleistet. Dafür gibt es gutes Geld. Lohn für Love, wie man so sagt.

Dieser Auftakt zum kurzweiligen Film „Der Auftragslover“ könnte überall spielen mit vielen Frauen kurz vor Toreschluß. Mit vielen Frauen? Eigentlich nur mit Frauen der dritten Art. In Beziehungen gebe es, so hören wir, drei Sorten von Frauen: die, die glücklich sind, die, die unglücklich sind und das hinnehmen, und die, die unglücklich sind und sich das nicht eingestehen. Letztere sind diejenigen, um die sich Pierre, pardon, Alex, kümmert. Das ist sein Beruf, denn Alex ist Auftragslover. Der nach Mitte 30 aussehende Anzugträger öffnet mit Verführungskünsten den Frauen, die vorm Altar stehen, die Augen und nicht die Beine.

Ja, dem Mann, den viele Frauen unter verschiedenen Namen kennen, sagen sie zum Abschied, wenn sie ihn geküßt haben, gerne laut Danke … auch ohne Beischlaf.

Dann kommt alles anders. Dann kommt Paris. Juliette (Vabnessa Paradis), Tochter des Blumengroßhändlers van der Beck (Jacques Frantz), ist die nächste Zielperson. Alex Lippi (Romain Duris) hat zehn Tage Zeit, weil Juliette in zehn Tagen heiraten wird. Er, Melanie (Julie Ferier), seine Schwester, und Marc (Francois Damiens), ihr Mann, sind das A-Team. Die glor- wie einfallsreichen Drei hatten noch nie einen solch bunten VW-Bus, bei dem stündlich Öl gewechselt werden muß, und einen solch schwierigen Fall. Die Beziehungsjäger hatten noch nie ein solch super Paar gesehen, das sich wirklich zu lieben scheint. Weil es im Homeoffice nur Nudeln mit ohne Tomatensoße gibt, muß die insolvente Mission Possible-Truppe dieser aussichtslose Fall übernehmen und lösen ”¦ für 50.000.

Verliebt, verlobt doch noch nicht verheiratet speisen die Unzertrennlichen. Er bestellt einen Doggybag. „Der Erbsenzähler nimmt die Krümel mit nach Hause“, heißt es. Doch weit gefehlt. Das leckere Essen aus dem edel Restaurant landet nämlich bei den als Stadtstreicher verkleideten Beobachtern. Was für eine noble Geste. Wer hätte das gedacht? Lacher. Eine Szene mit Heiterkeit reiht sich an die nächste wie in einem Streifen voller Episoden. Kurze Geschichten gleich, die auch für sich als Sketch Sendezeit bekommen könnten.

Der bis dato rasante Film nimmt Fahrt auf. Die Kamera fährt auch, erst flott durch das sommerliche Paris, dann durch Monaco, wo Mademoiselle ohne Höschen geil auf eine schnelle Nummer zu haben scheint. Denn sie trifft auf ihren Auftragslover, der sich dieses Mal als Leichwächter, beauftragt vom Vater, ausgibt und den sie gerne loswerden würde. Wenn nicht mehr Geld gegen ihn hilft, dann vielleicht mit Sex zahlen?

Wir sehen eine Verfolgungsfahrt mit dem Fahrrad durch die Metropole der Millionäre. Wir schauen einen Stunt auf ein Schiff. Die Zahnlücke ist Zielobjekt. Zischendurch taucht ein Serbe auf, der mit Pitbulls kämpft und Sophie (Helena Noguerra) als Nymphie ohne Kreditkarte, die seit Tagen nicht gepudert wurde und reichlich juckerig wirkt. Sophie rammt Alex erst eine Gabel ins linke Bein, dann ins rechte Bein. Später kotzt sie ins Klo. War ihr schlecht vom vielen Wein? Nein, sie macht Diät. Lustig die Lustvolle.

Dann will Alex den Vulkan in Juliette wecken. Er fährt mit ihr im Porsche zum Poppen, nein, im Ferrari zum Ficken. Auch nicht, denn beide landen nicht im Bett sondern im Pool. Mit Klamotten springen die Schönen rein und plantschen mit einem Delfine. Anschließend rasen sie wie im Rausch zum Italiener, wo sauber aufgegessen und dirty getanzt wird. Mambo in Monaco. Eine schöne Liebesgeschichte ”¦ von Tristan und Isolde wird erzählt. Zurück fährt sie. Es blitzt und donnert.

Dann fahren alle Fahrstuhl und die ganze Chose fliegt auf. Wird Florence am Ende doch Jonathan (Andrew Lincoln), den einerseits stets gut Gekämmten, richtig Reichen, bürgerlich Brillianten und Intelligenten und andererseits Schnösel und Langweiler heiraten?

Der Auftragslover, ein aparter Mix aus James Bond und der 007-Parodie Johnny English bricht nie die Herzen der stolzesten Frauen. Das mag sein, doch heute wurde sein Herz gebrochen, denn der Lover ist verliebt. Bekommt er, was sein Herz begierd?

Der Vater, der Braut, die sich traut, führt seine Tochter zum Altar. Doch sie opfert sich nicht, weil Papa seinem Mädchen schnell noch erzählt, daß der Auftragslover es abgelehnt habe, Geld für seine Arbeit zu nehmen und wo der Fluchtwagen steht. Das ist der Beweis beider, reiner Liebesdienste. Sie rennt. Er rennt auch statt dem nächsten Auftrag hinterher zu fliehen. Auf halber Strecke, In einer Kurve kriegen sie sich, fallen sich in die Arme. Welch ein glücklicher Schluß mit Kuß.

Mit „Der Auftragslover“ präsentiert Universal Pictures International einen schöner Liebesfilm, der leicht und lustig, frech und frivol Frankreich, Frauen und einen Filou bietet sowie eine flotte, nette Nebengeschichte. Nicht zu vergessen die famosen Nebendarsteller. Für diese Dramödie braucht es weder Hollywood noch Hochglanzgesichter sondern Schauspieler mit Zahnlücken, Ecken und Kanten, die beschaubernd Sketche, pardon, Szenen spielen. Seht her, so wird das gemacht: leichtes europäisches Kino aus dem Land der Froschschmecker.

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Originaltitel: L`Arnacoeur
Titel: Der Auftragslover
Jahr: 2010
Land: Frankreich
Regie Pascal Chaumeil
Darsteller: Francois Damiens und Julie Ferrier, Romain Duris, Vanessa Paradis, Helena Noguerra, Andrew Lincoln, Jacques Frantz, Jean-Yves Lafesse, Amandine Dewasmes uvam.
Produzenten: Nicolas Duval Adassovsky, Yann Zenou und Laurent Zeitoun

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