Dabei hätten die Spieler der Eisbären am Freitag, den 16. November 2012, der 1944 in Weißwasser geborenen Trainer-Legende Hartmut Nickel so gerne ein Geschenk zu dessen Geburtstag gemacht. Nickel, der bis 1974 laut Wikipedia "in 113 Oberligaspielen 70 Tore" erzielte und "47 Vorlagen" gab, "wurde dreimal Oberligameister (1966, 1967, 1968) mit dem SC Dynamo Berlin", den er alsdann trainierte. Nach dem Fall der Mauer "trainierte er den nun unter dem Namen EHC Dynamo Berlin spielenden Verein aus dem Osten des wiedervereinigten Berlin". Immer noch steht der Dynamo (so hieß einst auch Weißwasser) hinter der Bande und sieht wie wir vom WELTEXPRESS das Aufeinandertreffen von Eisbären und Pinguinen mit flotten fünf Minuten, für welche sich der Gast vom Niederrhein mit der Führung belohnt. Andreas Driendle trifft nach Vorarbeit von Dusan Milo und Boris Blank.
Blankes Entsetzen auf der Bank der Berliner. Ruhe im Rund. Dann skandieren die Fans laut "scheiß egal", um keine Minute später mit offenem Mund keinen Ton mehr rauszukriegen. Der Kapitän der Königspinguine, Herberts Vasiljevs, schießt den Puck an Eisbären-Torhüter Sebastian Elwing, der den kranken Rob Zepp vertritt, vorbei ins Netz. 2:0 für Krefeld lautet der Zwischenstand, der in aller Ruhe verkündet wird.
Doch die Berliner wollen die Begegnung, die als „teuerste Partie“ in die Geschichte der DEL eingeht, weil mit dem deutschen Nationalspieler Christian Ehrhoff (Krefeld/40 Millionen) und den beiden Kanadier Daniel Brière (13) und Claude Giroux (beide Berlin/11) über 50 Millionen Euro hier und heute auf Schlittschuhen laufen, die statt in der deutschen DEL üblicherweise in der nordamerikanischen NHL für Zinzen sorgen, nicht verloren geben und zaubern Atmosphäre, feuern ihre in dieser Saison noch nicht meisterlich spielende Mannschaft auf dem Eis an. Die Männer von Cheftrainer Don Jackson besinnen sich sodann eines Besseren und legen los. Fortan müssen die Pinguine mit Beinstellen und Bandenchecken agieren. Die souveränen Schiedsrichter Stephan Bauer und Carsten Lenhart mit Nikolaj Ponomarjow und Sirko Schulz an den Linien vergeben Strafzeiten. Für den Anfang bei den Sündern sorgt Mitja Robar.
Die Berliner agieren übersichtlicht, spielen druckvoll. So doll, daß der Schläger von Frank Hördler bei einem Schlagschuß bricht. Der Bann bricht auch. Im Nachfassen haut TJ Mulock die Scheibe ins Tor und verkürzt auf 1:2. Der Knoten ist geplatzt, so scheint es. Fortan vollführen die Eisbären einen wahren Tanz. Chance um Chance erspielen sich die Hausherren in der Hauptstadt. Der Dynamo glüht. 18 zum Teil hochkarätige Torschüsse bringen die Berliner aufs gegnerische Tor, das Scott Lankow hütet, der zum besten Mann auf dem Eis wird. Entweder rettet der Gästetorwart oder das Gehäuse. Es bleibt beim schmeichelhaften 2:1 aus Sicht der Pinguine.
Das zweite Drittel beginnt, wie das erste endet. Strafzeit gegen Krefeld, Milo muß büßen, und Überzahl der Berliner, doch ohne echtes Powerplay. Auch die Krefelder fanden wieder vors Tor von Elwing. Dann rappelt es in der Kiste. Julian Talbot, Verteidiger in der zweiten Reihe der Eisbären, trifft zum umjubelten Ausgleich (29.). Die Vorarbeit kam von Constantin Braun, der den Puck ins gegnerische Drittel brachte, und André Rankel.
Dann ein Schubser von Patrick Klöpper, der wegen unkorrekten Körpereinsatzes zwei Strafminuten erhält, und die Eisbären spielen wieder in Überzahl. Keine Chance, kein Treffer und Krefeld ist wieder komplett. Enlastungsangriffe kann man das nicht wirklich nennen, was die Gäste anbieten. Wenn geschossen wird, dann eher aus der zweiten Reihe. Am Ende muß mit Mads Christensen der erste Berliner vom Eis. Das werden die einzigen Strafminuten der Eisbären bleiben. Beim 2:2 bleibt es auch bis zur zweiten Pause.
Bei Bier und Brause sind sich die meisten Betrachter einige, daß das nur noch eine Frage der Zeit sei, bis die Führung für die Berliner fällt. Richtig, TJ Mullock, der in dieser Saison weiterhin meisterlich spielt, trifft zum zweiten Mal (43.). Christian Ehrhoff treibt die Pinguine unermüdlich an und plötzlich zappelt der Puck erneut im Kasten der Berliner (51.). Die Schiedsrichter ziehen sich zum Fernseher zurück. Das Video beweist: kein gültiger Treffer wegen Torraumabseits. Die Proteste der Gäste kommen vor allem von der Krefelder Bank, brechen sich aber auf dem Eis Bann und Boris Blank trifft zum Ausgleich (56). Die letzten Minuten mühen sich alle Männer redlich. Allerdings bleibt es nach der regulären Spielzeit beim 3:3. Overtime.
Die Eisbären vergeben in der fünfminütige Verlängerung sehr gute Chancen. Darin Olver trifft in seinem ersten Saisonspiel fünf Meter vor dem Kasten das leere Tor nicht (62.). Sekunden vor Schluß beißt Francois Methot zu, staubt einen Abpraller von Ewing ab. Von wegen Zwergpinguine! Krefeld gewinnt mit 4:3 nicht unverdient beim Deutschen Meister, der noch nicht in der Spur ist.