Das gab unumwunden auch Generalmanager Rüdiger Gottschalk zu, als er zu einem Pressegespräch lud und zur Messeabstinenz sagte: „Es sind zwei Jahre, die wir verloren haben. Unsere Kunden erwarten mit Recht, daß wir unserer Rolle als Marktführer gerecht werden.“ Denn es ist ein selbstbewußtes Völkchen, diese zwischen 72 000 und 120 000 tätigen Friseure, deren Anzahl deshalb fließend ist, weil es auf die Berechnungsgrundlage ankommt. Es sind nämlich die heutigen Salons nicht wenige zunehmend klitzeklein, sprich von einer einzigen Person, meist einer Frau, geführt, die nicht sozialversicherungspflichtig ist, weil sie als Unternehmerin dieser nicht unterliegt oder das Verdienst nicht so groß ist, die aber im System der Versorgung und des Vertrauens in die Hände dessen, der einem den Kopf wäscht, groß sind und die das ganze System von Haarpflege als Pflege der Persönlichkeit mittragen. Auch wenn die Starfriseure bis heute Männer sind, was Janina Ehrenberg und andere gerade aufbrechen.
In dieser Situation der Rückkehr zur Messe hat WELLA nun gleich geklotzt – recht haben sie – und unübersehbar einen Großteil der Halle 5.1. gefüllt, diese in vier unterschiedliche Bereiche eingeteilt und ein Feuerwerk von Veranstaltungen zwei Tage lang durchgeführt, die so besucht waren, daß allein dies schon ein Erfolg ist. Denn Messen sind heutzutage meist nicht mehr in der alten Funktion der Geschäftsabschlüsse, dem Ordern wichtig, sondern dem Kontakthalten und dem Vorstellen der Neuigkeiten, die auf diese Weise – wenn oben auf der Bühne jemand eine neue Farbe oder einen neuen Schnitt vorführt – sinnlicher unters Friseurvolk gebracht werden kann, als es Zeitungen oder Videos können. Und erst einmal die neuen Geräte, wie es CARVIS eines ist. So ein kleines Ding in der Hand, das wir für einen Rasierer gehalten hätten, hätten uns nicht der Erfinder mit ihr an Perücken vorgezeigt, wie weich und übergangsfrei hier geschnitten wird, so daß wir bei Wella in Darmstadt uns das einmal extra vorführen lassen und den Meister zu Wort kommen lassen werden.
Wir hatten ja schon auf Jamaika mitbekommen, wie intensiv und von ihren Kunden wohlangenommen WELLA ein Fortbildungs- und Weiterbildungsprogramm betreibt, das die Kunden mitfinanzieren, wo aber WELLA für alle Konditionen herausholt, die ein einzelner nie bekäme. Viele sind also für viele gut. Hören wir dann hier, daß tatsächlich sogar jährlich rund 6000 Schulungsprogramme aufgelegt sind, an denen etwas 140 000 Teilnehmer lernen wollen, dann sagen alleine diese Zahlen, daß das Konzept erfolgreich ist. Lernen will man viel, das Wichtigste bleibt der Umgang mit der Farbe. Und auch hier ist WELLA mit Koleston Marktführer und hat bei der Preisvergabe auf der Messe, wo man per Internet unter fünf verschiedenen Bereichen seine Stimme für ein Produkt abgeben konnte, im Bereich der Farbe den Sieg davon getragen. Koleston also, das es seit 60 Jahren gibt und von dem über 2 Milliarden und die 70ste Tube gerade verkauft wurden. Das sind Zahlen, die man kaum glauben mag, aber da sind sie genau, die Produzenten, denn diese Zahlen überzeugen für sich, ganz unabhängig davon, daß die Farbnuancierungen jeweils wechseln, weil Moden, die herbeigeredet sind, das Geschäft beleben. Die getönten und gefärbten Köpfe auch.
Ein neues Blond ist nun angesagt, „Perfect Special Blond Nuancen für einen sanfte Gentle Blond Service“. Das ist für unsereinen zu ’denglisch`, erst recht ausgesprochen von einigen handfesten Friseuren, und deshalb meinen wir, daß WELLA das gar nicht nötig hat, sondern sich in Deutschland auf Deutsch verständigen kann, wie ihre Kunden auch, die sich auch auf Hessisch ein bißchen darüber lustig machten. Aber mit dem Inhalt haben sie recht, sagen dieselben Friseure, denn mehr als die Hälfte will schon heute ein aufgehelltes Blond haben, weshalb es heißt: „Blond ist und bleibt die Traumfarbe europäischer Frauen“, was wir, selbst dunkelhaarig, nicht nachempfinden können. Es geht aber nicht nur um die Farbe, sondern die Angst vieler Frauen, ihren Haaren mit Blondieren zu schaden, weshalb der Trend bei den Färbemitteln sehr stark die Pflege und das Wohlsein für die Haarstruktur betont, so daß auf einmal die Frauen, die Färbemittel benutzen, gesündere Haare haben als die ohne. Das hätte man einmal unseren Großmüttern erzählen müssen.
Ja, es ändert sich ständig etwas, vieles zum Guten. Nicht alles. Aber das müssen auch die Friseure für sich selbst herausfinden und tun es, weshalb beispielsweise in der ordentlich aufgestellten BEAUTYWORLD die Leute fassungslos bestaunten, was an Kreativität, positiver Stimmung und Unternehmungslust in der Nachbarhalle brummte und summte. So mancher ging rüber, um Kraft zu tanken und freute sich über die bunten Gestalten, die dann auch ihre Welt besuchten, in der es auch nicht nur um Verkaufen geht, sondern darum, daß der gesamte Körper als Pflegebereich wahrgenommen wird, dem man dann Besseres tut, wenn man die Natur und nicht die Chemie heranläßt. Unübersehbar, wie die Naturkosmetik wächst und damit nicht nur Großkonzernen das Feld überläßt, sondern auch neue Produkte auf der Grundlage von Eigeninitiative sich auf einer solchen Messe ihren Vertriebsweg suchen.
ZARTGEFÜHL hat Anja Liebhardt ihre „Manufaktur für handgefertigte Naturkosmetik“ aus Königswinter genannt, die sie erst vor eineinhalb Jahren gegründet hat und wo inzwischen elf Personen mit ihren Händen beteiligt sind, denn es wird alles alleine, also ohne Maschinen gemacht, vom Herstellen, über das Portionieren und das allerliebste Verpacken in feine kleine Döschen, oder durchsichtige Hüllen oder auch größere Cremetiegel, die außen immer die Bestandteile durch die Farbgebung zeigen. Rosa herrscht vor, aber nicht nur. Und der Stand riecht so appetitlich, daß uns schon das anzog. Tatsächlich glaubt man sich in einer Konditorei. Das steht die Sahne aufgebauscht und als man von der Inhaberin aufgefordert wird, mit dem Finger hineinzugreifen, will man den zu ihrem Entsetzen gleich an den Mund führen. Aber nein, eincremen soll man sich mit dem Kokosgemisch, das sich auf der Haut sofort sehr sanft verteilt und uns wohlriechend weiterwandern läßt. Vorher aber haben wir noch dem BADEKULT gefrönt und eine Badeschokolade aus Erdbeere Vanille mitgenommen, denn die Produkte bei den beiden Schönheitsmessen kann man gleich erwerben, im Unterschied zu den ’großen` Messen. Das liegt daran, daß auch im Kosmetikbereich wie bei den Haaren sehr viele Kleinstunternehmer den Direktkauf bevorzugen. Deshalb fahren sie nämlich zu Messen, um sich mit dem Neuesten einzurüsten und dies auszuprobieren.
Daß diese Messen erfolgreich sind, zeigte nicht nur die Stimmung und der Besucherandrang in den Hallen, sondern auch die abschließenden Messezahlen, die aufweisen, daß trotz des enormen Schneewetters mehr als 4 000 Händler mehr gekommen war als letztes Jahr, wobei die Hälfte aus dem Ausland kam! Die Messe befragte abschließend Verbandspräsidenten und wichtige Aussteller. Eine Auswahl: „Sich täglich neu erfinden“ nennt daher Reinhard D. Wolf, Präsident des Bundesverbandes Parfümerien e.V., den Trend im nach wie vor harten Wettbewerb. „Als mögliche Lösungsansätze liegen mehr Individualität, Innovationskraft im Handel und mehr Nachhaltigkeit bei Produkten im Trend.“ Bei den Friseuren steckt die Innovationskraft in ihrem Handwerk und damit im permanenten Ausprobieren von Neuem: „Angesichts der Wetterlage ist der Besucherstrom auf der Hair and Beauty immens und gleichzeitig ein Beleg für den enormen Weiterbildungswillen der Friseure. Das spricht eindeutig für die Messe“, so Rainer Röhr, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Friseurhandwerks sowie Partner und ideeller Träger der Hair and Beauty. Auch die haarkosmetische Industrie zeigt sich positiv: „Unser vorläufiges Messeergebnis lautet: Wir sind sehr zufrieden mit der Hair and Beauty. Unser oberstes Ziel der Friseurnähe konnten wir hier perfekt umsetzen und auch spürbar werden lassen“, erklärt etwa Rüdiger Gottschalk, General Manager, Salon Professional/Wella.
Info 2011
Beautyworld: 29. bis 31. Januar 2011, www.beautyworld.messefrankfurt.com
Hair&Beauty: 30. und 31. Januar 2011, www.hair-beauty.messefrankfurt.com