Es sind nicht nur die Maler. Auch die Dichter zog es in die Normandie, nach Honfleur – es durfte auch Deauville und Trouville sein- wie Baudelaire, der bei Madame Aupick, der Mutter des Malers Boudin so gastlich aufgenommen wurde, daß er wiederkam und andere seinem Beispiel folgten. Es sind nicht nur die Maler und Dichter. Es sind auch die Musiker, die Lebemänner, die Flaneure, es ist die Fotografie, der ländliche Tourismus, das Picknick. Es kam also viel zusammen, was im 19. Jahrhundert für Künstler diesen Zug zur Normandie auslöste, denn es hatten sich die Malweise, der spontane impressionistische Strich und die Freilichtmalerei, auf ideale Weise verbunden mit den normannischen Lichtverhältnissen, die ständig wechseln und unaufhörlich Lichtspiele veranstalten, wozu sich noch die Landschaft gesellt, die einmal wild stürmisch an der See sein kann, lieblich windstill im Blütenmeer oder auch dunkel dräuend über den grasgrünen Weiden und dem normannischen Vieh, das die gelben wogenden Ährenfelder in Ruhe sprießen läßt.
Der Impressionismus, in Frankreich geboren und dessen Spitzen Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir, Edgar Degas, Alfred Sisley, Berthe Morisot, Camille Pissarro, Gustave Caillebotte, Eugen Boudin u.a. heißen – Manet und Gustave Courbet sowie Cezanne waren Wegbereiter und Förderer, aber gehen über den Impressionismus hinaus -, die Impressionisten also sind es, die im späten zwanzigsten und jetzt im einundzwanzigsten Jahrhundert die Besucherströme magnetisch anziehen, sobald eine Kunstausstellung irgendwo auf der Welt diesen Titel oder die Maler aufführt. Tatsächlich ist es die vom Publikum her beliebteste Stilepoche, was sich auch in Auktionspreisen der impressionistischen Maler niederschlägt.
Wie naheliegend also, daß sich die Normandie im Jahr 2010 zu einem Festival „Normandie Impressionniste“ entschloß, daß nun auf einen Schlag in allen Teilen des Landes in Ausstellungen, Veranstaltungen, Kolloquien, Konzerten, Lesungen und Performance zeigt, wie es gewesen ist, was daraus wurde, wie man heute noch von dieser Bewegung des 19. Jahrhunderts geprägt ist und sie weiterführt. Denn auf diesem Festival spielen auch die neuen Kunstformen, Kino, Video, Tanz u.a. eine Rolle. Wir aber bleiben bei der Malerei, die diesen Landstrich zum Ausgangspunkt einer ganzen Bewegung machte und somit als Wiege des Impressionismus gilt.
Eugène Boudin (1824-1898) besitzt sogar ein eigenes Museum, d.h. in seinem Geburtsort Honfleur, Zentrum der Beliebtheit, ist das Museum nach ihm benannt. Dort wird eine so fulminante und den großen Überblick gebende Ausstellung gezeigt: „ Honfleur zwischen Tradition und Moderne. 1920-1900“, daß wir den Ausstellungsrundgang in einem zweiten Artikel wiedergeben.
Warum gerade die Deutschen die Normandie besonders interessiert, hat auch mit den Geschichtsereignissen zu tun, die, ob in der frühen Normannenzeit – die Wikinger! – oder im zweiten Weltkrieg, diesem Landstrich eine besondere Prägung des Widerständigen, Aufrührerischen, Siegreichen geben. Das alles bildet eine gute Grundlage für das diesjährige Festival, von dem wir die wichtigsten Ausstellungen nennen: In Rouen, dem Flaubert in Madame Bovary ein kleines Denkmal setzt, erleben Sie Monet, der mehrere Staffeleien brauchte, um den Augenblick eines bestimmten Strahls über der Kathedrale von Rouen im Stundentakt wiederzugeben. Auch Gauguin und die ’Schule von Rouen` wird ausgestellt sowie Pissaro. In Giverny, wo Monets seine Gartenbilder malte, gibt es den Impressionismus an der Seine, wunderbare Manets und Renoirs, aber auch viele uns unbekannte richtig gute Maler. Es gibt überall Ausstellungen, in Dieppe, wo eindrucksvolle Küstenbilder prunken, in Grand-Quevilly, in Caen, in Le Havre, Cherbourg-Octeville, Vernon, Villequier, Saint-Lo und Liseux.
Leider kamen die drei großen „C“ nur in der Überschrift vor. Im Artikel. Im tätigen Leben allerdings täglich mit großem Genuß. Allerdings nicht nur diese. Das Essen in der Normandie hält das, was man sich im Schlaraffenland vorstellt. Nie wieder werden wir die normannische Butter auf dunklem Brot vergessen. Zur Kultur gehört einfach auch kultiviertes Essen. Danke.
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Info: Wir konnten die Ausstellungen des Impressionisten-Festivals mit sehr freundlicher Unterstützung der Französischen Bahnen SNCF durchführen. Zugfahren macht das Informieren leichter. Auf dem Hinweg waren das die Reiseliteratur und auf der Rückfahrt die diversen Ausstellungskataloge. Die schnelle Fahrt im ICE geht von Frankfurt nach Paris im Katzensprung, vier mal täglich möglich. Vom Gare de l`Est zum Bahnhof Saint Lazare wechseln, wo Sie in knapp zwei Stunden in Pont L`Eveque sind, einer besonders guten Ausgangsstation für die Normandie. Das ist keine reine Zugfahrt, sondern eine Besichtigungsfahrt der Normandie, von der man vor allem das tiefe satte Grün der Weiden und Wälder in Erinnerung behält. Einschließlich des friedlich weidenden Viehs. Entnehmen Sie die Ausstellungen und das darüber hinausführende Programm des gesamten Impressionisten-Festivals der Webseite.
Internet: www.normandie-impressionniste.fr, www.sncf.com