Nun, auch ohne das Niveau im Sommerdunst zu verlieren, gibt es auch in diesem Jahr ein reichhaltiges Angebot. Wer es eher hemdsärmlig-rustikal möchte, prüft, was das Stalburg-Theater auf seiner Sommerbühne „Stoffel“ im Günthersburgpark anbietet. Auf Bierbänken sitzend oder direkt auf die Wiese gebettet kann man eintrittsfrei oder gegen Spende ein breites Spektrum von Darbietungen genießen, so z.B. die herrliche Hello-Iso-Band (drei Damen und ein Sänger mit Ukulele), die klassischen Swing bieten. Dazu gibt’s zu humanen Preisen Ess- und Trinkbares. Das Publikum: Von minus 0,5 Jahren bis 70, viele Kinder und wenig Stress.
Die große Jeff Koons-Präsentation in Schirn und Liebighaus hatte schon mehr als 50.000 Besucher, aber über die Ausstellung hatten wir schon berichtet.
Das Theaterereignis im Sommer ist natürlich „Barock am Main“, immer Moliere, diesmal „Der Geizige“. Moliere-Aufführungen in hessischer Mundart haben in Frankfurt Tradition, die hervorragenden Übertragungen von Deichsel waren eine solide Grundlage, das Frankfurter Volkstheater konnte im Dominikanerkloster-Innenhof damit große Erfolge feiern (außer bei einer schweitzer-deutschen Freundin, deren Sprachvermögen hoffnungslos überfordert war) und wer erinnert sich nicht gerne an die „Schule der Frauen“ mit dem unvergesslichen Günther Strack. Michael Quast hat diese Idee seit einigen Jahren aufgegriffen und weiterentwickelt, mit dem ihm eigenen Witz und opulent überzeichneten Kostümen, Maske und Figuren. Hinzu kommt ein andere Rahmen – der Bolongaropalast. Barocke Kreation eines reichgewordenen Schnupftabakfabrikanten des 17. Jahrhunderts (wie passend für Molieres Stücke), heute ein Sanierungsobjekt für die Stadtväter, aber für die Quast ´sche Inszenierung ein idealer Ort. In 21 Vorstellungen (bis zum 2. September) bietet das Ensemble eine gestraffte, kurzweilige und auf den Punkt gebrachte Version aus der Feder von Rainer Dachselt, der das von Deichsel hinterlassene Fragment genial vollendete.
Natürlich ist Quast in der Hauptrolle überragend, aber das sollte nicht den Blick auf die Leistungen des restlichen Ensembles verstellen. Besonders die männlichen Diener-Rollen (Matthias Scheuring und Alexander J. Beck) bleiben in Erinnerung. Als zusätzliches Schmankerl gibt es in dieser Inszenierung Hans-Joachim Heist alias Gernot Hassknecht als „Kommissar“, dem Protagonisten der „Heute-Show“, sicher kein Verlust, für Fans der Sendung (wie mich) sicher auch ein Zusatzbonbon, aber nötig für einen Erfolg wäre es nicht gewesen. Andererseits: Nachdem 2010 Focus-Herausgeber Markwort sich im „Frankfurter Jedermann“ produziert hat (dem von Volkstheater-Kaus – den Alternativen von Rolf Praml gibt’s in diesem Jahr – auch noch ein Tipp), eine echte Alternative!
Ergänzend gibt es im Bolongaropalast den „Karneval der Tiere“ als Angebot für die Familie, eine Wiederaufnahme aus dem Vorjahr, umgesetzt von Quast solo mit musikalischer Begleitung.
Und wem es in Frankfurt dann nach etwas Provinz gelüstet, für den lohnt sich ein Ausflug nach Wiesbaden. Obwohl Wiesbaden in diesem Jahr alles, was sich nicht mit Händen und Füßen wehrt, unter das Markenzeichen „Fluxus“ subsummiert, ist eine kleine aber feine Ausstellung im Hessischen Landesmuseum diesem Marketingwahn entgangen: Unter dem Titel „Quappi und Beckmann“ wird in 10 Bildern der Blick des Malers auf sich und seine zweite und letzte Frau thematisiert. Gerade Stoff genug, um sich darauf einzulassen und nicht überflutet zu werden.
Anschließend kann man sich ja doch noch dem Fluxus ergeben – oder ab dem 10. August, dem Wiesbadener Weinfest, das einen Ausflug in den Rheingau erspart. Ein Tipp für Kenner, die das ausgefallene lieben: Am Weinstand der Partnerstädte schenkt ein Winzer kalifornischer Herkunft seinen 20 Kilometer von Breslau angebauten original schlesischen Wein aus! Wenn das nix ist ”¦