Den Beginn, der zwei Jahre zuvor begonnen Schauspielkarriere, kann man am besten in Bild und Wort verfolgen in „Adieu Audrey. Fotografische Erinnerungen an Audrey Hepburn“, 1991/1907 bei Schirmer/Mosel erschienen. Dort sieht man die vierzehnjährige Edda Kathleen von Hemstra-Ruston, wie die in Belgien geborene und nach der Scheidung der Eltern mit der Mutter in den Niederlanden lebende Schauspielerin eigentlich hieß, die ursprünglich Tänzerin werden wollte. Da kam das Angebot, für den englischen Spionagethriller als Ballett-Elevin zu agieren, passend. Wichtig auch das Plädoyer der Colette, für die Bühnenfassung ihres Romans „Gigi“ am Broadway nur diese Audrey Hepburn zu wollen, was für beide ein großer Erfolg wurde. Es sind einfach schöne Aufnahmen, diese ganzseitigen Porträts mit den charakteristischen Augenbrauenflügeln, die die Augenpartie so betonen, daß außer Wimperntusche keine weiteren Augenbemalungen nötig sind.
Das ändert sich beim nächsten Film und dem nächstem Erfolg: „Sabrina“ unter der Regie von Billy Wilder und an der Seite der gestandenen Stars William Holden und Humphrey Bogart. Eine Aschenputtelgeschichte, wo das neue Kleid vom berühmten Modeschöpfer Givenchy der zierlichen, aber nun als moderner Fratz gestylten Audrey Hepburn auf den Leib geschneidert wird. Eine lebenslange Freundschaft und Zusammenarbeit bleiben für Modeschöpfer und Geschöpf. Es sind hinreißende Aufnahmen, fast alle übrigens in Schwarzweiß, die uns das Werden und Verändern eines Stars dokumentieren. Dazu gehören auch die privaten Aufnahmen mit Mel Ferrer, ihrem ersten Ehemann seit 1954. An seiner Seite und mit Henry Fonda spielt sie die Natascha in der Verfilmung des Tolstoi Romans „Krieg und Frieden“ 1955.
Ältere Herren durch eine Mischung aus Unschuld und intellektuellem Anstrich in Bann zu schlagen, darf sie in „Liebe am Nachmittag“, einem weiteren Film vom wunderbaren alteuropäischen Billy Wilder. In diesen Jahren finden auch eine Reihe von Modeaufnahmen in Kreationen des Hubert de Givenchy statt. Und endlich folgt der Ausstieg der erfolgreichen Schauspielerin aus dem Rollenfach dieser netten Mädels, die von gestandenen Männern ihr Glück erfahren: in „Geschichte einer Nonne“ darf sie unter der Regie von Fred Zinnemann erstmals eine ernsthafte Charakterrolle verkörpern. Zwischen all den schönfotografierten Szenenbildern, strahlt einem plötzlich ein direkter Blick mit streng nach hinten zurückgenommenem Haar und braver weißer Bluse an. Ein so warmherziges und echtes Lächeln, das man unwillkürlich nach dem Fotografen blickt und sich gar nicht wundert: Inge Morath, 1959, zu lesen.
Diese Wiener Fotografin, die auch Traumbilder von Marilyn Monroe knipste, deren Ehemann Arthur Miller sie dann heiratete, konnte in den Stars den normalen Menschen ablichten, weshalb ihre Aufnahmen unter den Fotografien herausstechen. Und dann kam 1960 „Frühstück bei Tiffany“ und mit der Verfilmung der Kurzgeschichte von Truman Capote ihre Holly Golightly. Wenn man heute von Audrey Hepburn als Stilikone spricht, ist es diese Rolle, die sie zu einem Modevorbild machte, aber auch zum Vorbild für eine neugierige unternehmungslustige junge Frau.
Eine der letzten Hommagen hat ihr gerade Spaniens berühmter Regisseur Pedro Almodovar erwiesen. Mitten im neuen Film „Los abrozos rotos“ läßt er Penelope Cruz bei einer Art Casting im Film zur Audrey Hepburn stilisieren, was hervorragend gelingt. „audrey style“ heißt das zweite Buch von Schirmer/Mosel, dessen Autorin Pamela Clarke Keogh ist und dem Hubert de Givenchy ein Vorwort schrieb. Das hat Gründe. Denn dieser damals weltberühmte französische Modeschöpfer schneiderte Audrey Hepburn nicht nur die Filmgarderobe auf den Leib, sondern zog – auf deren Bitte hin – sie auch als private Audrey an. Über sie schreibt er: „Audrey war ein eigenwilliger Mensch – in der Wahl ihrer Kleider, in der Eleganz, dem Chic und der Schlichtheit, mit der sie sie trug. Auf ausgesprochene persönliche Weise schuf sie ihren eigenen Look: den ’Hepburn-Stil.’“
Das Buch nun faßt einige der von der Hepburn gespielten Frauentypen, die meist die Kindfrau darstellten, unter Begriffen wie „Der süße Fratz“ oder „Die Naive“ zusammen und bringt aus den Filmbildern vor allem die, in denen ihre Garderobe eine Hauptrolle spielt. Aber auch Fotos aus den Modeschauen von Givenchy und einige, die beide beim Spazierengehen in Paris zeigen und beide auch bei der Givenchy-Retrospektive im Jahr 1991 in New York. Dieser zeitlich gewaltige Sprung wird im Buch sehr viel kontinuierlicher entwickelt, denn dieses Buch soll ja nicht die Schauspielerin ablichten, sondern ihren Stil, den sie beibehielt, als sie sich nach der Heirat mit dem italienischen Psychiater Andrea Dotti am 8. Januar 1969 aus dem Filmgeschäft für’s Erste zurückzog, während sie in der ersten Ehe mit Mel Ferrer 1954 gerade die Filmkarriere gestartet hatte. Seit 1980 lebte sie mit dem Holländer Bob Wolders bis zu ihrem Tod durch Darmkrebs 1993 in der Schweiz zusammen.
Diese privaten Bilder der älter gewordenen Audrey und die aus neuerlichen Filmen sind anders als die frühen Filmbilder nicht oft zu sehen. Von daher ist dieses Buch nicht so sehr eines über die Filme der Hepburn, sondern eher über die Person, die im Einklang mit Modeschöpfer Givenchy, der sie als seine Muse bezeichnet hatte, seine Mode zu ihren Stil macht. Das Buch verweist aber auch darauf, daß es in diesem so glanzvollen Leben viele bedrückende Momente gab, zu denen viele Fehlgeburten beitrugen. In den letzten Jahren ihres Lebens hatte sie sich intensiv mit UNICEF um die Verbesserung von Lebensbedingungen der Kinder in der Welt gekümmert und für sie die Welt durchreist. In Erinnerung bleiben wird sie aber als die strahlende, aber aufgrund ihrer jugendlichen Naivität und Zartheit das Schutzbedürfnis bei anderen herausfordernden jungen Frau, für die man im Deutschen den Ausdruck „Reh“ entwickelt hat, aber auch die Handlungsanweisung „Vor Rehen wird gewarnt“, weil nichts so ist wie es scheint. Hollywood und Europa trafen sich in der Person Audrey Hepburn.