Von Proleten und Präsidenten – Zum G7-Gipfel in Taormina

© Karikatur: Marian Kamensky, 2016

Taormina, Sizilien, Italien (Weltexpress). Das ging ja so richtig in die Hosen. Trump und Taormina, das ist wie Billy the Kid und kultivierte Lebensart. Da sitzt dieser geltungssüchtige Einfaltspinsel aus den USA im weltberühmten Teatro Greco aus dem 2ten Jahrhundert auf dem Ehrenplatz und lässt die Sinfonieorchester der Mailänder Scala über sich ergehen. Seiner Miene nach zu urteilen, hat er wahrscheinlich darüber nachgedacht, welche amerikanische Division damals diese blöde Festung hoch über dem Tyrrhenischen Meer eingenommen und in die Luft gesprengt hat und dabei gehofft, dass das Gefiedel vorn auf der Bühne endlich zu Ende ist.

Der von jeden Anstandsregeln befreite Präsident kennt weder Respekt noch Konventionen Von Kultur will ich errst gar nicht reden. Vielmehr tritt er mit Mussolinis dümmlichen „Grandezza“ auf und man hat jeden Augenblick das Gefühl, als würde sein krankes Ego wie ein losgerissener Fesselballon über Sizilien hinwegschweben. Man kann von den Teilnehmern des G7-Gipfels halten was man will, aber eines haben die Europäer dem Kerl aus dem wilden Westen voraus: Sie halten sich an gesellschaftliche Umgangsformen, während Donald Trump den G7-Gipfel in Sizilien aufmischt. Handel, Klima, Flüchtlinge – der US-Präsident setzt auf Blockade. Die Frage, wie Merkel und Co. mit einem wild gewordenen Proleten umgehen soll, stellt sich nicht. Eine Axt im Wald hinterlässt einfach seine Spuren.

Dass diese Veranstaltung auf Siziliens grandioser Kulisse in einem politischen Desaster geendet hat, wird noch weit von den nirgends erwähnten Kosten von Zweihundertachtzig Millionen übertroffen. Es spielt in den Köpfen von Politikern wohl keine Rolle, wenn sie in drei Tagen mehr als eine Viertel Milliarde Euro in den Wind schießen. Doch der eigentliche Höhepunkt des medialen Dramas scheint mir in der Tatsache zu liegen, dass sich Europäische Politeliten wie verängstigte Karnickel aufführten, wenn der ungehobelte Trump das Wort ergriff.

Bis zuletzt hatten die G7 um die Formulierung in der Abschlusserklärung gerungen. US-Präsident Donald Trump hatte mehrfach betont, er werde in seiner Handels- und Steuerpolitik amerikanische Interessen über alles stellen. Deswegen wird befürchtet, dass Trump Schutzzölle einführt und einen Handelskrieg riskieren könnte. Merkels ungelenke Formulierung nach dem Abschluss des G7: „Wir können uns in Zukunft auf das Bündnis ein Stückweit nicht mehr verlassen.“ Alle Wetter.

Was, bitte, soll der Bürger unter einer solch verquasten Formulierung verstehen? Soll das heißen, dass Putin wieder umgarnt wird? Geopolitisch gesehen wäre es sicher nicht die schlechteste Idee. Stattdessen rangen die Herrschaften bei Hummer, Kaviar und 6-Sterne-Service für mehr als eine Viertel Milliarde Euro um Verlautbarungen zu finden, die man dem Volk verkünden könne. An dem ganzen sizilianischen Zirkus gibt es nichts zu beschönigen, auch wenn man verkündet, man habe dem dumpen Maissack aus den USA einen Minimalkonsens abgerungen .

Ich habe das Gefühl, wir müssen in der deutschen Sprache Begriffe wie Erfolg, Konsens und konstruktive Kritik völlig umdeuten, denn in der Politikersprache bedeuten jene Termini Zoff, Dissens und bilateraler Streit. Wer um Himmels Willen soll dieses teure Kasperltheater auf höchster Ebene noch ernst nehmen? Wie schallte es gestern von der Mattscheibe? Europa muss sein Schicksal selbst in die Hand nehmen. Ha…, denke ich mir. Und wer soll das machen?

* * *
Die Erstveröffentlichung erfolgte am 29.05.2017 auf dem Facebook-Account von Claudio Michele Mancini.

Vorheriger ArtikelDie Visitation
Nächster ArtikelMexiko: Bildung in die eigene Hand genommen