Von Moskau nach St. Petersburg – Flusskreuzfahrt durch das alte Russland

Mit der MS Volga Dream auf Moskwa und Newa.
Die „Volga Dream“ am Ufer der Scheksna. © 2017, Foto: Dr. Bernd Kregel

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Über ein System von Wasserwegen gleitet die „Volga Dream“ von der Moskwa bis zur Newa.

Mit der MS Volga Dream auf Moskwa und Newa.
Unterwegs auf dem Wolga-Ostsee-Kanal. © 2017, Foto: Dr. Bernd Kregel

„Russland ist groß, und der Zar ist weit!“ Die Erfahrung im alten Russland lehrte, dass ein unauffälliges Leben jenseits der zaristischen Machtzentren zuweilen von Vorteil sein konnte. Warum also unnötige Aufmerksamkeit auf sich ziehen und unkalkulierbare Risiken eingehen? Denn stets hing „Sibirien“ wie ein Damoklesschwert über allen kritischen Köpfen. Jene schier unendliche Weite hinter dem Ural, die erst allmählich durch den Bau der Transsibirischen Eisenbahn erschlossen wurde.

Bis dahin stand ein anderer Verkehrsweg im Mittelpunkt. Es war die mächtige Wolga, die sich diesseits des Urals als größter europäischer Strom behäbig dem Kaspischen Meer entgegen wälzte. Flussabwärts war die Schifffahrt noch ein Kinderspiel. Flussaufwärts jedoch bedeutete sie eine gnadenlose Schinderei. Ganz besonders für die Wolga-Treidler, die eingebunden in breite Zugseile die teureren Zugtiere ersetzten. Aber hatten die traurigen Gestalten zurzeit der russischen Leibeigenschaft überhaupt eine andere Wahl?

Schleusenkaskade

Mit der MS Volga Dream auf Moskwa und Newa.
Einfahrt in eine Schleuse. © 2017, Foto: Dr. Bernd Kregel

Von jenen harten Zeiten im alten Russland bleibt heute kaum mehr als die historische Erinnerung. Denn längst wurde die Wolga in großem Stil schiffbar gemacht. Dabei entstand unter enormen Kraftanstrengungen auch eine verkehrstechnische Besonderheit mit Kultstatus. Es ist der überaus kompliziert verlaufende Wasserweg von der Moskwa an die Ostsee, der mit Hilfe der Wolga die russischen Metropolen Moskau und St. Petersburg miteinander verbindet. Angesichts der unterschiedlichen Wasserstände in den zu überwindenden Flüssen, Seen und Kanälen erwies sich dies natürlich als eine nur schwer zu lösende Aufgabe.

Denn ein Durchkommen war nur möglich mit präzise aufeinander abgestimmten Schleusenanlagen, die die Schiffsreise bis heute in eine unerwartete Berg- und Talfahrt verwandeln. So zum Beispiel während der Einfahrt in den Onega See, wenn sechs hintereinander geschaltete Schleusenkammern gleich einer Kaskade die stattliche Höhe von achtzig Metern Gefälle ausgleichen müssen. Dies ist nicht nur eine technische Meisterleistung, sondern bedeutet zugleich auch ein Reiseabenteuer der besonderen Art, das in der Welt der Flusskreuzfahrten seinesgleichen sucht.

Tradition des Teetrinkens

Mit der MS Volga Dream auf Moskwa und Newa.
Russische Teezeremonie an Bord. © 2017, Foto: Dr. Bernd Kregel

Ausgangspunkt dieser Reise ist der nördliche Flusshafen von Moskau mit seinem monumental ausgestalteten Kanaldenkmal. Hier liegt die “Volga Dream“ an der Kaimauer bereit, um ihre Gäste an Bord zu nehmen. Das Begrüßungsritual erfolgt nach Landesart mit Brot und Salz sowie, wie sollte es anders sein, mit einem Gläschen Wodka. Schon bald darauf heißt es „Leinen los!“, um zunächst auf dem Teilstück des Moskau-Kanals die vierzig Meter hohe Wasserscheide zwischen Moskwa und Wolga zu überwinden.

So bleibt erst einmal genügend Zeit, um sich auf dem Weg nach Uglitsch in die russische Tradition des Teetrinkens einführen zu lassen. Stimmungsvoll dampft im stilvollen Newa Salon unterhalb der Schiffsbrücke das heiße Teewasser aus dem Samowar. Auf seinem oberen Kaminende wartet bereits eine Kanne mit konzentriertem Tee-Sud, der nun in zarten Porzellantässchen mit dem heißen Wasser vermischt wird. Natürlich dürfen dabei die kleinen an Bord gefertigten Leckereien nicht fehlen. Sie werden garniert mit Anekdoten um die russische Teeleidenschaft, mit denen Kreuzfahrtdirektorin Maria ihre Gäste erheitert.

Dunst des Flusshorizonts

Mit der MS Volga Dream auf Moskwa und Newa.
Wolga-Uferpromenade in Jaroslawl. © 2017, Foto: Dr. Bernd Kregel

Am nächsten Tag gilt das gespannte Interesse der ehrwürdigen Stadt Jaroslawl. Als eine der ältesten Städte an der Wolga genießt sie mit ihren historischen Prachtbauten den Ruf eines „russischen Florenz“. Hell klingt zur Begrüßung das Glockenspiel vom Christi Verklärungskloster herüber und weist den Weg zur Prophet Elias Kirche. Zwischen zwei Kirchtürmen und unter dem Schutz mehrerer Zwiebelkuppeln verschmelzen hier Architektur und monumentale Wandmalerei zu einer grandiosen künstlerischen Einheit.

Die Weiterfahrt auf der Wolga lädt ein zur Meditation. Denn hinter jeder Biegung offenbart sie die Quelle, aus der die russischen Künstler ihre Kreativität schöpften. Es ist die weite und mit kleinen Inseln durchzogene Flusslandschaft, von deren Uferbänken aus sich die endlos weißen Birkenwälder im Wasser spiegeln. Versteckt hinter dem Schleier leicht eingefärbter Birkenblätter erwecken die kunstvoll verzierten Holzfassaden der Datschen immer wieder eine romantische Stimmung. Diese verliert sich nicht einmal im schwachen Dunst des Flusshorizonts.

Kuppel-Virtuosität

Mit der MS Volga Dream auf Moskwa und Newa.
Herbstliche Impression am Kirillo Kloster. © 2017, Foto: Dr. Bernd Kregel

Das Landschaftserlebnis nährt die Vorfreude auf das Kirillo Kloster am Siwerskoje See. Denn hier befindet sich eine der schönsten Ikonensammlungen, die die altrussische Kunst erschaffen hat. Selbst Zar Peter der Große gehörte einst zu den Pilgern. Allerdings kam er, wie es heißt, nicht ganz uneigennützig. Lag ihm doch vor allem daran, mit den hier tätigen Handwerkern und Künstlern in Kontakt zu kommen. Denn nur die Besten unter ihnen waren ihm gut genug, um den Ausbau „seiner“ Hauptstadt St. Petersburg an der Newamündung voranzutreiben.

Mit dem Schleusen-Abstieg hinunter in den Onegasee ist nun fast auch der Großraum von St. Petersburg erreicht. Hier begegnet auf der kleinen Insel Kischi eine Holzbaukunst, die mit ihrer Kuppelvirtuosität über Karelien hinaus zu den bedeutendsten Baudenkmälern dieser Art in ganz Russland zählt. Höhepunkt der Anlage ist ein hölzernes Bauensemble von zwei Kirchen und einem Glockenturm. Verspielt heben sich die Silhouetten der 33 ineinander verschachtelten Kuppeln wie märchenhafte Silhouetten vor dem pergamentfarbigen Abendhimmel ab.

Russische Volksseele

Mit der MS Volga Dream auf Moskwa und Newa.
Kunstvolles Holzhaus in Mandrogi am Fluss Swir. © 2017, Foto: Dr. Bernd Kregel

Am Ufer des Flusses Swir, der den Onegasee mit dem Ladogasee verbindet, bietet sich eine letzte Gelegenheit, die Idylle der nordrussischen Landschaft auszukosten. Mit ihren Holzhäusern, versteckt zwischen weißen Birkenstämmen, erweist sich die kleine Künstlerkolonie Mandrogi als ein Eldorado russischer Volkskunst. Besonders gut angepasst an dieses Milieu ist die junge Künstlerin Sonya, die in ihrem äußeren Erscheinungsbild einem Puschkin-Schauspiel entstiegen sein könnte. Professionell bemalt sie eine ihrer Holzpuppen und erweist sich dabei als eine sympathische Gesprächspartnerin.

Am Westufer des Ladogasees münden seine Wassermassen ein in die Newa. Ihrem Verlauf folgt die „Volga Dream“ bis zum Flusshafen von St. Petersburg. Sie nähert sich damit dem Ziel einer Besuchsreise durch die gute Stube von „Mütterchen Russland“. Und damit einer Landschaft, die die russische Volksseele im Verlauf der Jahrhunderte geprägt hat, in guten wie sicherlich auch in schlechten Zeiten.

Quellen der Kultur

Mit der MS Volga Dream auf Moskwa und Newa.
Peter der Große begrüßt Russlands Gäste. © 2017, Foto: Dr. Bernd Kregel

Nun lockt abschließend noch St. Petersburg, das „Venedig des Nordens“. Nach längerer Flusseinsamkeit glänzt es nun umso intensiver mit seinem städtischen Flair, mit seinem unglaublichen Reichtum an Palästen, Kirchen und Museen. Erste Orientierung bietet die fünf Kilometer lange Prachtstraße des Newsky Prospekts, die sich bis hinauf zum Alexander Newsky Kloster erstreckt. Auf dessen Friedhof fanden einst Künstler wie Peter Tschaikowski und Fjodor Dostojewski ihre letzte Ruhe.

Daneben darf jedoch einer der absoluten Glanzpunkte außerhalb der Stadt nicht übersehen werden, der legendäre Katharinenpalast. Dieser erstrahlt mit seinen sich an goldenem Prunk überbietenden Festsälen. Einer davon ist das inzwischen vollständig renovierte Bernsteinzimmer, das über den Verlust des Originals schnell hinweg tröstet. Ein zusätzliches Sahnehäubchen bei einer Schiffsreise durch das alte Russland zu den Quellen seiner reichhaltigen Kultur!

Reiseinformationen Russland / “MS Volga Dream”

Mit der MS Volga Dream auf Moskwa und Newa.
Die Puppen in der Puppe. © 2017, Foto: Dr. Bernd Kregel

Anreise: Flug nach Mokau und St. Petersburg von größeren deutschen Flughäfen.

Einreise: Vium erforderlich, wird beantragt vom Veranstalter.

Reisezeit: Vom Juni bis September 2018: 19.06.-30.06.; 09.08.-20.08.; 23.08.-03.09.2018

Unterkunft: Moskau, Web: www.metropol-moscow.ru; St. Petersburg, Web: www.rossihotels.com

Reiseprodukt: 12-tägige Komfortreise mit 6-tägiger Flusskreuzfahrt auf der „MS Volga Dream“; ab 2590 Euro p.P.

Reiseveranstalter und Auskunft: Lernidee Erlebnisreisen, Kurfürstenstraße 112, 10787 Berlin, Telefon: 030-786000-23, E-Mail: team@lernidee.de, Web: www.lernidee.de

Siehe auch die Fotoreportage: Von Moskau nach St. Petersburg – Flusskreuzfahrt durch das alte Russland von Dr. Bernd Kregel.

Anmerkungen:

Vorstehender Beitrag von Dr. Bernd Kregel ist eine Erstveröffentlichung im WELTEXPRESS. Unterstützt wurde die Recherche von Lernidee Erlebnisreisen.

Vorheriger ArtikelStefan Aust schickt den Baader-Meinhof-Komplex zur Generalüberholung – Annotation zur erweiterten Neuausgabe
Nächster ArtikelDänemark und Deutschland verlängern Grenzkontrollen – Dubliner Übereinkommen und Schengener Abkommen sind gescheitert