Die Forderung der „Gastgeber“ zur „Ablieferung“ des Nutzens wird nur selten akzeptiert, vielmehr ist sehr schnell die Erkenntnis gewachsen, dass das System bestmöglichst zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil auszunutzen ist – eine Haltung, die auch in der deutschen Gesellschaft gilt. „Ein Geschäft ist gut gelaufen, wenn es wirtschaftlichen Erfolg für den Unternehmer bringt“ – ist die landläufige Meinung. Diese These ist nicht an sich unmoralisch, ist aber so zu ergänzen, dass der Erfolg des Geschäfts im Zusammenhang mit der sozialen Wirkung zu sehen ist: „Ein Geschäft ist gut gelaufen, wenn ein wirtschaftlicher Erfolg für den Unternehmer und ein Nutzen für die Gesellschaft entsteht.“ Dass hierbei die zivilisatorischen Vorteile des Gastgeberlandes selbstverständlich „mitgenommen“ werden können, macht den Reiz Westeuropas aus, für Zuwanderer und Einheimische.
Diese Forderung eines „Nutzens für die Gesellschaft“ ist ein Essential. Die politisch Verantwortlichen dieser Gesellschaft haben die Aufgabe, für eine Ausgewogenheit der Rahmenbedingungen zu sorgen, die diesen Nutzen zur Folge haben. Hierbei sind die vielfältigen Bereiche der Gesellschaft zu berücksichtigen. Das betrifft nicht nur die Einbeziehung der zehn Prozent der Gesellschaft, die neunzig Prozent der dem Staat zur Verfügung stehenden Lohn- und Einkommensteuer als Obulus ihres Geschäftserfolges abliefern, sondern eben auch die „restlichen“ neunzig Prozent der Gesellschaft, die zwar nur zehn Prozent dieser Steuereinnahmen des Staates abliefern, aber den Gesamterfolg der Volkswirtschaft durch ihre Systemeinordnung erst ermöglichen. Wenn diese “Einordnung“ von den politisch Verantwortlichen nicht anerkannt und vor allem auch nicht durch die Setzungen der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen honoriert wird, führt das zur Ausnutzung der Mehrheit aller Leistungsträger. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann diese Ausnutzung zur Unzufriedenheit und schließlich zur Empörung der Betroffenen – Einheimischen wie Zuwanderern – führt.
Das aktuelle politisch-soziale Problem in Deutschland liegt in dieser brisanten Entwicklung zum Mißverständnis und damit zur Fehleinschätzung der Bedeutung der sozialen Gruppierungen durch die politisch Verantwortlichen und das Wachsen der Erkenntnis dieser Misere bei der betroffenen Mehrheit der Bevölkerung. Seit der Wende ist dieser Trend offensichtlich: die sozialen Errungenschaften, die für die Mehrheit der Bevölkerung in den letzten einhundert Jahren in der Industriegesellschaft durch Parteien und Gewerkschaften erkämpft worden waren, sind mehr und mehr zurückgefahren worden: die reale Einkommenshöhe der abhängig Beschäftigten hat abgenommen, die Wochenarbeitszeit hat zugenommen, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld ist gekürzt bzw. weggefallen, die Krankenkassenbeiträge wurden erhöht, ein „Startgeld“ zur ärztlichen Behandlung wird abverlangt, Renten- und Pensionsleistungen wurden prozentual im Vergleich zum aktiven Verdienst gekürzt, Leistungen der Arbeitslosenversicherung (Hartz IV) wurden drastisch reduziert, die Lebensarbeitszeit wird verlängert bzw. wirkt sich hierbei weiter reduzierend auf die Ruhestandseinkommen aus – alles rücksichtslose Kürzungen der im sozialen, hundertjährigen „Kampf“ erfochtenen sozialen Errungenschaften der Mehrheit der Bevölkerung unter dem Deckmantel der Globalisierung wirtschaftlicher Zusammenhänge. Von dieser Situation profitieren vor allem die „Top-Verdiener“ der Gesellschaft und natürlich der Fiskus. Die Top-Verdiener zahlen keine Vermögenssteuer und haben reduzierte Einkommensbesteuerung, profitieren aber vor allem vonden zahlreichen Subventionen und den auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung „verbesserten“ globalen Wettbewerbsbedingungen. Der Fiskus profitiert von den geringeren staatlichen Leistungen, wirft aber das Geld bei Subventionen und Stützungen der Finanzwirtschaft wieder zum Fenster hinaus: Stützungen z.B. der Hypo Real Estate Bank mit 500 Mrd. € sind unfassbar! Da haben sich Profiteure der Banken gegenüber den politisch Verantwortlichen durchgesetzt: Ackermann versus Merkel? Und wer hält dagegen und schafft Transparenz?
Hier liegen die aktuellen Aufgaben und Ansatzpunkte der Gewerkschaften!
Wann endlich erwachen die Gewerkschaften aus ihrem seit über einer Generation andauerndem Dornröschenschlaf? Sie werden gebraucht! Zur Wiederherstellung sozialer Ausgewogenheit! Um zu verhindern, dass wir im Abgrund der sozialen Lemminge verschwinden!
Das Mandat der Gewerkschaften zur Wiederherstellung der sozialen Ausgewogenheit ist brisant aktuell!