Ein Pflichtspiel in der Volleyball-Bundesliga an einem Montagabend?- Gästetrainer Michael Mücke, nach einem Achillessehnenriss und OP mit einem Schutzstiefel und Gehhilfe und schon ein paar Jährchen im Geschäft: "Nein, daran kann ich mich nicht erinnern…Dienstag, Mittwoch, Donnerstag haben wir schon mal spielen müssen wegen internationaler Verpflichtungen. Aber montags?"
Trotz des zuschauerunfreundlichen Termins waren immerhin bei Schneeregen draußen 3069 Besucher in die Max-Schmeling-Halle gekommen. Düren, derzeit Tabellenfünfter, war immer ein unbequemer Gegner für die Hauptstädter. Hatte zu Saisonbeginn im Herbst dies mit einem 3:1-Favoritensturz bestätigt.
Inzwischen aber "haben wir einen Leistungssprung gemacht. Und uns auch durch acht Spiele in der Champions League, in denen wir voll gefordert wurden, auf das Leistungsniveau hochgearbeitet, wo wir hin wollen", sagte Sebastian Kühner.
Der Zuspieler, kürzlich bei der erfolgreichen WM-Qualifikation der Nationalmannschaft dabei, lieferte eine überzeugende Vorstellung (u.a. sechs Punkte durch Aufschläge bzw. Angriffe) und war vom Gästecoach als MVP (wertvollster Spieler) der Gastgeber erwählt worden.
Auf der Gegenseite entschied sich BR-Trainer Mark Lebedew für Dürens Außenangreifer Matthias Pompe.
Der Berliner Kühner ist normalerweise Berlins Spielmacher Nummer zwei hinter Kawika Shoji, der in der US-Auswahl ebenfalls für das Bälleverteilen zuständig ist. Am Montag jedoch erschien Kühner wie Mittelblocker Felix Fischer und der 19-jährige Außenangreifer Ruben Schott ein wenig überraschend in der Startformation. Trainer Lebedew: "Sie haben sich im Training durch Leistung angeboten. Zudem brauche ich für die Woche alle Leute in guter Form und für den Sonntag auch frisch."
Da steigt um 16 Uhr im selbsternannten "Volleyball-Tempel" am Mauerpark im Stadtbezirk Prenzlauer Berg der Klassiker gegen den Rekordmeister und augenblicklichen Tabellenprimus VfB Friedrichshafen.
Die Belastung möglichst auf viele Schultern und Beine zu verteilen ist daher bei den BR Volleys naheliegend, weil zwischendurch das dritte Heimspiel binnen sieben Tagen am Donnnerstag (19.30 Uhr) gegen den Bundesliga-Aufsteiger Coburg angepfiffen wird.
Diese, in einem Profi-Mannschafssport völlig ungewöhnliche Konstellation hatte sich durch eine technische Panne bei der Hallenreservierung ergeben. So mussten die BR Volleys im Oktober/November wochenlang — dreifach aktiv in Champions League, nationalem Pokal und Liga — durchweg Auswärtsauftritte absolvieren…
Da sind die Berliner alles in allem ganz gut durchgekommen. Scheiterten in der europäischen Königsklasse erst in der K.o.-Runde der besten zwölf Mannschaften am Weltklassesechser Zenit Kazan. Schafften im DVV-Pokal nach lange vergeblichem Anlauf nun den Sprung ins Endspiel gegen Friedrichshafen am 2. März in Halle/Westf.. Und können sich nach zwei Liga-Niederlagen (in Düren und Friedrichshafen) schon am Donnerstag auf die zweite Position vorschieben.
Gegen Düren übten die Gastgeber von Beginn an mit den Aufschlägen so enormen Druck aus, dass die Rheinländer schon bei der Annahme (allein sieben Asse für die Volleys) in arge Schwierigkeiten gerieten. Und so nur selten ihre Angriffe über schnelle und flache Pässe aufziehen konnten. Mücke: "Da war unsere Mannschaft beeindruckt und hatte zuviel Respekt."
Als die Aufschlags-Qualität (nebst Konzentration) im dritten Durchgang bei den Hausherren nachließen, wurde es ein offener Schlagabtausch mit teilweise spektakulären Ballwechseln. Linkshänder Kühner sorgte in der Endphase mit zwei Aufschlagkrachern und direkten Punkten für klare Verhältnisse in Richtung Dreisatzerfolg.
Als MVP hatte er dann traditionell ein kleines Tänzchen zur Gaudi des Publikums im Kreis der sitzenden Kollegen zu absolvieren. Schnappte sich spontan als Partner den allseits geschätzten Mannschaftsarzt Dr. Oliver Miltner an dessen 50. Geburtstag und sorgte so für ein zusätzliches Highlight!
Für das Duell mit Friedrichshafen ("Die Riesen vom Bodensee") jedoch weiß Kühner: "Da müssen wir noch eine Schippe drauflegen."
Denn die Häfler haben nach zwei verlorenen Titeln an die lange unterlegenen Berliner ihre Investitionen verstärkt und wollen mit der halben bulgarischen Auswahl die Meisterschale zurückholen. Trainer Stelian Moculescu baut seit Jahren auf das Erfolgskonzept der Weltelite (siehe Kazan) — mit Aufschlägen um die 120 km/h den Gegner aus dem Gleichgewicht und in Verlegenheit bringen.
So heißt es am Sonntag möglicherweise – es gewinnt die Mannschaft, die härter zu- oder draufschlagen kann!