Es gibt sie noch. Nein, nicht die Jungs von „Jackass“ – dass heißt: doch, natürlich gibt es die noch. Alle haben überlebt, obwohl Knochen brachen, Gelenke verstaucht, unzählige Prellungen kassiert wurden und laut Magera die Hälfte der Truppe im Krankenhaus landete, bevor der Film zu zwei Dritteln fertig gestellt war. Es gib sie noch, die Filme, die mit Liebe gemacht wurden. „Jackass 3D“ ist ein Werk von Masochisten für Masochisten. Knoxville, Pontius und die anderen genießen es sichtlich, sich selbst und einander mit fiesen Verrücktheiten zu traktieren. Die Zuschauer genießen es hörbar, dabei mitzufühlen. Unglauben, Mitleid und Ekel sind unverzichtbarer Teil des Amüsements. Für die Stunts besann sich Regisseur Jeff Tremaine auf die bereits aus der alten Fernsehserie vertrauten Standards („Bienenstöcke geben erstklassige Federbälle ab!“). Doch Fortschritt ist nicht aufzuhalten. Die 3D-Optik, wie die Cartoon-Köpfe Beevis und Butthead in der Einleitung fachgerecht erläutern, führt Schmerz und schmierige Körperflüssigkeiten grafischer als je Augen. Für manche ist das wie Zähne ziehen (mit einem Lamborghini). Die meisten Kinozuschauer aber wollen es. Fast 55 Millionen Dollar spielte „Jackass 3D“ in den USA bereits ein, obwohl er noch nicht einmal eine Woche läuft.
„I drenched my brain with Rot-Gut whiskey
Till my pain was chicken fried
(…)
I took advice no fool would take
I got some habits I can’t shake“
(Karen O, Jackass 3D )
An „Jackass 3D“ scheiden sich die Geister: die einen lieben das Konzept von „Jackass“ und können sich ewig darüber amüsieren oder stehen dem Ganzen zumindest mit wohlwollender Nachsicht gegenüber. Die andere Seite hasst und verachtete das Konzept von „Jackass“ und tarnt ihren Hass meist mit dem Vorwurf, es sei dümmlich, jugendgefährdend und Gewalt verherrlichend. Vermutlich kämpft die zweite Gruppe parallel vehement für das Verbot von „Tom & Jerry“, Road Runner und den anderen „Loony Tunes“, den Keystone Kops und den Filmen von Stan Laurel und Oliver Hardy. Der Witz von „Jackass 3D“ basiert er auf dem gleichen Prinzip wie die Klassiker, auch wenn er bei weitem nicht so verfeinert ist: Slapstick. Mit dem Riesenhammer auf die Cartoon-Katze, der Amboss auf Wile E. Coyote, Kops auf einer Karre krachen irgendwo gegen, Tortenschlacht. Der Ablauf dabei bleibt zuverlässig der Gleiche. Funktioniert dies lange genug, sanktioniert ein Standardwerk es wahlweise als Kunst, Kult oder beides: der Bildband „Jackass – 10 Years of Stupid“ erscheint übrigens in einer gebundenen „Deluxe“-Ausgabe.
Die fröhlichen Reaktionen der „Jackass“-Truppe garantiert, dass niemand bei dem Spaß ernstlich verletzt wurde. Zu Letztem kam es nur, als Magera von einer aufgebrachten Passantin attackiert wurde. Eine Militante „Jackass“-Gegnerin? Spaßfeindlichkeit ist eben noch brutaler als „Jackass 3D“. Wie Karen O auf dem Soundtrack singt: „If your gonna be dumb, you gotta be tough“.
Titel: Jackass 3D
Land/ Jahr: USA 2010
Genre: Experimentalfilm
Kinostart: 28. Oktober 2010
Regie: Jeff Tremaine
Buch: Preston Lacy
Mit: Johnny Knoxville, Bam Magera, Steve-O, Ryan Dunn, Chris Pontius, Preston Lacy, John Taylor, Ehren McGehey, Dave England
Kamera: Dimitry Elyashkevich
Schnitt: Seth Casriel, Matthew Probst, Matthew Kosinski
Laufzeit: 94 Minuten
Verleih: Paramount