Berlin, Deutschland (Weltexpress). Der Frühling überzieht unsere Sonntagsgesichter mit neuem Glanz. Das ist schön für uns, weil auch die geliebten Nebensächlichkeiten wieder mehr Gewicht bekommen, zum Beispiel das altmodische Bücherlesen.
Florian Huber ist Wasserarchäologe, ein Berufstraum vieler junger Menschen. Er hat eine interessante Geschichte zum U-Bootkrieg im 1. Weltkrieg ausgegraben, die er uns in einer smarten Mischung aus Tagebuch und Tatsachenstory kredenzt. Huber durfte schon fürs Fernsehen in die Tiefe, außerdem hat er bei Rowohlt 2016 mit dem „Tauchgang ins Totenreich“ die Gemüter in Wallung gebracht.
Nun geht er bei Helgoland für ins Wasser, um das dort liegende Wrack des UC 71 zu untersuchen. UC 71 beteiligte sich am sogenannten Handelskrieg, der hauptsächlich in der Nordsee viele unschuldige Opfer forderte. Als Deutschland endlich kapitulierte, wurde UC 71 zu Englands Kriegsbeute. Als es 1919 nach England gebracht werden sollte, sank es bei Helgoland. Huber war schon immer der Meinung, es handelte sich beim „letzten Abtauchen“ um ein Selbstversenken. Die bockige U-Boot-Truppe wollte das Boot nicht in die Hände der Engländer übergehen lassen. Als Huber 2016 aus dem fernen Sachsen durch einen für ihn und uns glücklichen Zufall das Tagebuch eines Besatzungsmitglieds von UC 71 erreicht, klärt sich sein Horizont und die „Sensation“ wird sichtbar. Der Maschinist Georg Trinks bestätigt in seiner Kladde Hubers Vermutung.
Rund um das Tagebuch hat Huber einige Fotos und Texte geordnet, doch das Herzstück ist das Tagebuch mit Trinks anschaulichen schnörkellosen Schilderungen des Alltags an Bord der Tötungsmaschine.
Ein Buch für pazifistische Geschichtsinteressierte und kalte Krieger gleichermaßen. Es besticht weniger durch mahnende Worte, als durch die Schilderungen der Wirklichkeit eines U-Bootfahrers, gepaart mit den abenteuerlichen Vorgängen der Auffindung und teilweisen Bergung des U-Bootes.
Bibliographische Angaben
Florian Huber, „Kein Engländer soll das Boot betreten!“ Die letzte Fahrt von UC 71, 304 Seiten, Rowohlt Verlag, Reinbek 2019, ISBN: 3-498-03044-5, Preis: 24 EUR