Heißgemacht wurde die Begegnung schon vor dem ersten Anwurf. Indem beispielsweise die Haupstadt-Gazzetten alte Kamellen ausbuddelten. Über Bob Hannings nicht ganz freiwilligen Abgang aus der Hansestadt 2006, nachdem er dort den Handball-HSV zu einer Spitzenmannschaft hochgepäppelt hatte. Und anschließend die im tristen Zweitliga-Dasein fristenden Reinickendorfer Füchse in eindrucksvoller Weise als Manager und Netzwerker zu einem Topteam der „stärksten Handball-Liga der Welt“ namens Berliner Handball-Füchse entwickelt hatte…
Und da war die aktuelle Konstellation, dass die Hamburger im August Hannings Füchse in der Qualifikation zur Champions -League in zwei äußerst knappen und umkämpften Partien ausgebootet hatten. Mit Nebengeräuschen der Art, dass sich dabei der Schwede Fredrik Petersen, zuvor Hamburg, nun Berlin, und HSV-Torhüter Johannes Bitter verbal in die Haare gerieten. Und HSV-Boss Rudolph mit Geldscheinen gewedelt hatte, um dem hauptstädtischen Rivalen Torhüter Silvio Heinevetter auszuspannen…
Das Spiel erfüllte alle hochgeschraubte Prognosen. Fand auch HSV-Trainer Martin Schwalb. Die Partie habe alles geboten, „was man heutzutage vom Spitzenhandball“ erwarten dürfe.
Zwei-Tore-Vorsprünge für Hamburg – drei Treffer plus nach den ersten 30 Minuten für Berlin – jeweils 6:4-Überzahl-Momente für beide – dann offensivere Deckung der Gäste und ein 5:1-Lauf. Ausgleich der Füchse mit vollem Risiko und Spielmacher Bartlomej Jaszka anstelle des Torhüters zum 32:32. Und sechs Sekunden vor Ultimo die Entscheidung per 7 m durch Hamburgs Top-Torjäger Hans Lindberg (12/6). Zuvor vergebene Strafwürfe durch Lindberg bzw. Petersen!
Hamburgs Pascal Hens sprach danach von einem „sehr wichtigen Sieg“ nach der Pokalpleite zuvor gegen Göppingen und einem Duell „auf Augenhöhe“. Trainer Schwalb räumte ein, dass am Ende „auch das Glück auf unserer Seite war“.
Die Berliner Analysen zielten nicht auf Glück oder Pech, sondern auf die Arbeit der Schiedsrichter. Petersen klagte, „dass alle fifty-fifty-Situationen gegen uns gepfiffen wurden“. Rückraumspieler Sven-Sören Christophersen fühlte sich ebenso „durch die Schiedsrichter benachteiligt“. Und Trainer Dagur Sigurdsson enthielt sich klugerweise einer Bemerkung zu den Unparteiischen. Machte seiner Mannschaft ein Kompliment für einen Riesenspiel und dankte den Zuschauern. Was den Ausschlag gegeben habe? „Wir haben die erste Hälfte mit drei Toren gewonnen – Hamburg die zweite mit vier.“
Der 40-jährige Isländer hat alle Eigenschaften eines Spitzentrainers. Mit der Einschränkung, mitunter zu impulsiv, zu temperamentvoll, zu lautstark die Pfiffe der Schiedsrichter zu begleiten. Einer Neigung, der viele Trainer in der Bundesliga unterliegen. Das hat überwiegend den Effekt, dass da – mit Hilfe der Zuschauer – der eine oder andere Pfiff zugunsten der Hausherren erfolgt.
Zumindest bei Referees, die dem Druck nicht so standhalten. Was bei den Herren Geipel/Helbig, eines der besten Paare in Deutschland mit internationalem Renommee, allerdings am Sonntag ins Gegenteil umschlug. Die ersten drei 7 m durften allesamt die Berliner ausführen. Als Sigurdsson immer heftiger monierte, mit Gelb verwarnt wurde, die Berliner Bank sich unzufrieden zeigte und die Zuschauer pfiffen, schlug das Pendel zugunsten der Gäste aus.
Am Schluss lautete die Bilanz: Füchse 14 Strafminuten/ 5 Siebenmeter – Hamburg 12 und 8. Hanseatische Coolness hatte sich ausgezahlt.
Und die Hauptstädter haderten wie bei den Unentschieden gegen Flensburg und die Rhein Neckar Löwen (da hat Heinevetter gegen eine 2000-Euro-Geldstrafe wegen Schiri-Schelte geklagt) erneut mit den Pfeifenmännern. In die gleiche Kerbe schlägt Füchse-Präsident Frank Steffel, wenn er über den Grund der Niederlage äußert, jeder habe gesehen, „woran es gelegen hat“!
Vielleicht aber lag eher an der emotionalen und tatsächlichen Überhitzung im Fuchsbau. Unvorstellbar, wer diesen Unfug genehmigt hat, dass vor Beginn aus viereckigen Kästen auf dem Feld Feuerstöße in die Höhe schossen.