Darüber ärgern sich nun gewisse Leute fürchterlich, so auch die Frankfurter Allgemeine. Unter der Überschrift „Der Wahlabend im Fernsehen – die Linke dominiert alles“ schreiben Matthias Hannemann, Oliver Jungen und Michael Hanfeld: „Um zwanzig Uhr, pünktlich zur „Tagesschau“, schien hier alles gesagt. Zwar fehlte noch Oskar Lafontaine, der die „Tagesschau“ abpassen wollte und eine clever arrangierte Live-Schaltung bei Anne Will. Auf Lafontaine aber kam es, Triumph im Saarland hin oder her, nicht an – sondern zunächst auf das, was Sozialdemokraten und Grüne zum künftigen Umgang mit der Linken sagte. Und die sagten durchweg, auch wenn Thüringens SPD-Chef Christoph Matschie das Blitzinterview mit dem Ersten dazu nutzte, Bodo Ramelow einen Moment lang den Sauerstoff zu entziehen (Matschie verlor sich kurz darauf noch einmal ins Studio, um sich in einem zweiten Anlauf nebulöser zu geben): Denkbar ist alles, was Schwarz-Gelb verhindert…
Der rasante Abend aber war wömöglich zu fixiert auf die Frage nach der Linken, zu desinteressiert, wenn es um das Erfolgsgeheimnis der FDP, die Grünen und alternative Koalitionsmöglichkeiten ging, und zu abgelenkt, um erfolgreich nach den Spuren zu suchen, die er bei jenen Christdemokraten hinterließ, die schockiert in die Kamera hineinschauten. Alle, schien es gleich nach den ersten Hochrechnungen der ARD, selbst die Journalisten, sehnten sich danach, über dieses Wahlergebnis erst einmal in Ruhe schlafen zu dürfen…“
Die Frankfurter Rundschau stellt fest, dass es der CDU nicht unbedingt gut tut, uns Angie als Katze im Sack verkaufen zu wollen, ihrer Führungskraft einfach zu vertrauen, ohne uns zu verraten, wo es denn lang gehen soll. Unter der Überschrift „Wohlüberlegt – aber nicht taktisch“ kommentiert Stephan Hebel: „Langeweile als Erfolgsgarantie: Kaum verhohlen macht die CDU nach den Landtagswahlen klar, dass sie ohne Inhalte in den Bundestags-Wahlkampf gehen will. Letzter Beweis für die Strategie der Wähler-Einschläferung: Angela Merkel will offenbar nicht mal eine Rote-Socken-Kampagne…
Es ist so etwas wie die Misshandlung der Wahrheit durch Verschweigen. Was passiert in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, wenn Schwarz-Gelb regiert? Was geschieht mit der Leipziger Schublade, in der Merkel ihre neoliberalen Konzepte von 2005 hat verschwinden lassen? Wo ist der saftige Streit der Kanzlerin ("Kündigungsschutz nicht einschränken") mit dem Flexibilisierer Westerwelle? …
Das einzig klare Ergebnis, das sich in der Summe dieser Entscheidungen zeigt, lautet: Es gibt in Sachsen eine starke Minderheit, im Saarland und Thüringen wie im Bund 2005 eine Mehrheit für linke Reformpolitik. Wer das weiter ignoriert, bekommt früher oder später die Quittung, und zwar in Form des Ablebens als Volkspartei. Ein Befund übrigens, der auf die SPD genauso zutrifft wie auf die CDU.“
Das Neue Deutschland hat natürlich nicht unbedingt Grund, die Wahlergebnisse zu beklagen. Unter dem Titel „Die Linke unter den Großen“ kommentiert Chefredakteur Jürgen Reents: „Zum Wahlsonntag prügelte »Bild« noch mal deftig los: »Oskar Lafontaine…
Doch den Trend, der die CDU in allen diesen Ländern auf einer abschüssigen Piste sah, konnten sie nicht drehen. Und die LINKE landete nun erstmals auch in einem westlichen Bundesland dort, wo sie im Osten längst ist: unter den Großen…
…dass Verteufelungen nicht mehr verfangen. Auch nicht solche der Bundeskanzlerin, die auf ihrer letzten Kundgebung in Erfurt davon sprach, dass die deutsche Geschichte eine Koalition der SPD und der LINKEN verbieten würde. Genau diese Frage hat »die Geschichte« nun auf der Tagesordnung ein paar Punkte höher geschoben. Die Sozialdemokratie wäre gut beraten, ihre Ohren für die Stimmung im Land zu öffnen und sich von antikommunistischen Denkmustern zu befreien. Sonst wird sie irgendwann die Einsamste unter den Kleinen sein.“
Der Spiegel-Online befasst sich mit der SPD, die sich als Gewinner sieht, obwohl sie eigentlich prozentual nichts gewonnen hat, aber eben wohl an Hoffnung. Unter der Überschrift „Schwächelnde SPD will zwei neue Ministerpräsidenten stellen“ schreibt das Magazin: „Im Saarland verlor sie Stimmen, in Thüringen dümpelt sie unter 20 Prozent – trotzdem beansprucht die SPD in beiden Ländern das Amt des Ministerpräsidenten. Parteichef Müntefering wies Forderungen der Linken zurück, sich zumindest in Erfurt mit dem zweiten Platz in einer Koalition zu begnügen…Er verwies darauf, dass Bündnisse mit den Grünen und der Linkspartei möglich seien – aber auch andere Optionen. Die SPD stehe nicht unter Zeitdruck. "Es ist keine Hetze angesagt. Man wird in aller Ruhe da rangehen."…
Im Saarland ist die Lage für Müntefering eindeutiger und einfacher. Lafontaine sei als Ministerpräsidenten-Kandidat angetreten und "deutlich als Dritter durchs Ziel gegangen", sagte er. Hier habe SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas jetzt die Möglichkeit, eine Koalition mit den Grünen und der Linken zu schmieden. Diese mögliche erste Landesregierung im Westen unter Einbeziehung der Linken sei kein Dammbruch. "Ich sehe nicht die Zäsur an dieser Stelle", sagte Müntefering…
Der Parteichef betonte, die Ergebnisse der Landtagswahlen im Saarland, in Thüringen und auch in Sachsen gäben der SPD Aufwind für den Bundestagswahlkampf. "Der Kampf ist offen", sagte Müntefering…“
Warum keine neue Rote-Socken-Kampagne vom Zaune Brechen? Würde wohl irgendwie nach hinten losgehen, denn die beiden Wahlsieger Lafontaine und Rammelow sind ja Wessis, die garnicht in der bösen DDR gelebt haben. Nur der Wahlsieger für die CDU in Sachsen, der Tillich war mal eine Blockflöte, was ja nicht so schlimm wäre, wenn man Ost-Biographien auch bei Leuten akzeptierte, die ihre linken Überzeugungen nicht abgelegt haben. Der Tagesspiegel berichtet, dass es trotz der Wahlen bei der CDU „Weiter so!“ heißt. Unter dem Titel „Merkel sieht keinen Anlass zur Kurskorrektur“ schreibt das Blatt: „Die CDU-Vorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel hat Forderungen aus der Union nach einer Korrektur ihrer Wahlkampfstrategie abgelehnt. Im Präsidium hätten die Teilnehmer an diesem Montag übereingestimmt, "dass wir vollkommen richtig liegen", sagte Merkel am Montag in Berlin. Sie verwies auf das im Juni beschlossene Wahlprogramm von CDU und CSU. Das müsse man nicht jeden Tag ergänzen…
CSU-Chef Horst Seehofer forderte angesichts des Ausgangs der drei Landtagswahlen vom Sonntag ein "klares inhaltliches Profil" der Union. Es habe sich gezeigt, dass die Bundestagswahl noch längst nicht gewonnen sei, sagte Seehofer am Montag vor einer Sitzung des CSU-Präsidiums in München…