Tunesien hat Übergangsregierung – Proteste und Demonstrationen gehen weiter

Der mit Korruptionsvorwürfen überschüttete Präsident Ben Ali war am Freitag nach blutigen Massenunruhen aus Tunesien geflohen. Seine Amtsgeschäfte übernahm Parlamentspräsident Foued Mebazaa.

Mindestens drei Oppositionspolitiker haben ihre Bereitschaft bestätigt, im neuen tunesischen „Kabinett der nationalen Einheit“ zu arbeiten. Das teilte der arabische Nachrichtensender al-Dschasira am Montag mit.

Tunesien ist nach dem Fall des Regimes von Präsident Zine al-Abidine Ben Ali vom Chaos erfasst, im Land herrscht Ausgangssperre. Der tunesische Regierungschef Mohammed Ghannouchi, der mit Vertretern aller politischen Kräfte verhandelt, hatte Tags zuvor bekannt gegeben, dass das Kabinett der Einheitsregierung in Tunesien bereits am heutigen Montag gebildet werden kann.

Der Sender al-Dschasira gab die Namen von eventuellen Ministern im neuen Kabinett bekannt. Zum Minister für regionale Entwicklung soll laut Quellen, die dem Verhandlungsprozess nahe stehen, der Gründer der einflussreichen Demokratischen Fortschrittspartei (PDP), Najib Chebbi, ernannt werden. Als zukünftiger Minister für Hochschulbildung wird der Vorsitzende der Ettajdid-Partei („Erneuerung“), Ahmed Ibrahim gehandelt, und Minister für Gesundheitswesen werde der Vorsitzende der Union für Freiheit und Arbeit, Mustafa Ben Jaafar.

Ex-Innenminister Ahmed Friaa und Ex-Außenminister Kamel Morjane behalten voraussichtlich ihre Ämter, so der arabische Sender. Dem Premier Ghannouchi zufolge beginnt die neugebildete Regierung unverzüglich damit, Ordnung im Lande zu schaffen und Reformen durchzuführen.

Am Freitag hatte (Noch-Präsident) Ben Ali nach gegen die schlechten sozialen Verhältnisse, die ausufernde Korruption und die Arbeitslosigkeit im Land sowie gegen den Präsidenten selbst gerichteten Protesten der Bevölkerung, die bereits seit einem Monat das Land erschütterten, die Landesregierung aufgelöst, Neuwahlen angesetzt und Premier Mohammed Ghannouchi mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt.

Zuvor hatten die Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Tunis eine Demonstration von mehreren tausend Regierungsgegnern gewaltsam auseinandergetrieben. Während der Unruhen kamen nach jüngsten Angaben etwa 70 Menschen ums Leben, hunderte Tunesier wurden verletzt.

Am Samstag floh Präsident Zine al-Abidine Ben Ali, der das Land 23 Jahre lang mit harter Hand geführt hatte, mit seiner Familie nach Saudi-Arabien. Der tunesische Verfassungsrat gab danach bekannt, dass der Präsident offiziell suspendiert worden sei und Parlamentschef Foued Mbazaa seine Amtsgeschäfte übernehme.

Der Verfassungsrat kündigte im Laufe von 60 Tagen Präsidentenwahlen an.

RIA Novosti

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