Türme, Höhlen und zwei Kaiser – Kontraste im Ferienland Kufstein

Vom Marktplatz geht es vorbei am Fuße der Festung in die Römerhofgasse. Das berühmte „Auracher Löchl“ lädt seit 600 Jahren zum Verweilen ein. Auch Joachim Ringelnatz hat in der Weinstube Schickedanz dem „Batzenhäusel“ manchen Becher guten Weines genossen. „Es heißt der Alkohol sei des Menschen größter Feind. Doch steht schon in der Bibel geschrieben, deine Feinde sollst du lieben!“ Urige Sprüche und farbenfrohe Bilder unterstreichen die weinselige Atmosphäre. Andere Gemälde zeigen Szenen aus der ereignisreichen Geschichte der Festung. Ein Denkmal erinnert an Karl Ganzer, dem Komponisten des Kufsteiner Lieds, das weit über die Grenzen Österreichs Bekanntheit erreichte. Wir umrunden den Festungsberg bevor es wieder zurück zum Marktplatz geht.
 
Wie anders sieht alles am Tag aus. Mit der gläsernen Panoramabahn geht es steil bergauf zur Festung, die eines der markantesten Wahrzeichen Österreichs im Tiroler Unterland ist. Im Jahr 1205 im Besitz des bayerischen Königs Ludwig und des Bischofs von Regensburg erstmals urkundlich erwähnt, stand die Wehranlage als Schauplatz vieler kriegerischer Auseinandersetzung stets im Brennpunkt der Geschichte. Die von Kaiser Maximilian I. Im 16. Jahrhundert zur Festung ausgebaute Anlage ging 1814 in österreichischen Besitz über und ist seit 1924 Eigentum der Stadt Kufstein.

© Foto: Rainer HambergerDer frühere Kasernenbau beherbergt das Kufsteiner Heimatmuseum, in welchen unter anderem Funde aus der Bronzezeit und steinzeitliche Funde aus der Tischofer Höhle ausgestellt sind. Im Bürgerturm sind die 5000 Orgelpfeifen der Heldenorgel der größten Freiluftorgel  zu bestaunen. Der Spieltisch befindet sich am Fuße der Festung. Die Töne werden über Glasfaserleitungen übertragen. Das etwa zehnminütige Orgelspiel findet täglich um 12 Uhr (in den Monaten Juli und August auch um 18 Uhr) zum Gedenken an die Gefallenen beider Weltkriege statt und ist in der ganzen Stadt zu hören. Eine mobile Überdachung für die Josefsburg ermöglicht Konzerte und andere Veranstaltungen bei jeder Witterung.

Es existiert eine Festungsgastronomie mit speziellem Ritteressen. Zu Pfingsten findet jährlich ein großes Ritter-Fest statt mit Konzerten, Ritterkämpfen und der Nachstellung der letzten Schlacht des Hans von Pienzenau. Ein langer Felsengang führt zu einem überdimensionalen Wasserrad, das einst von Gefangenen oder Leibeigenen betrieben wurde. Daneben der „Tiefe Brunnen“ dessen Schacht ca. 60 Meter in die Tiefe führt. Dann kommen wir gerade rechtzeitig zur Orgelvorführung. Gewaltige Töne klingen über die ganze Stadt.
 
© Foto: Rainer HambergerHeiß und laut ist es in der Werkhalle. Glasbläser bei ihrer Arbeit zu beobachten ist immer wieder faszinierend. Eines der weltweit verstreuten Werke von Riedel Glas ist in Kufstein. Seit 250 Jahren in der 11. Generation werden hier spezielle Glaswaren produziert.  So gibt es für die verschiedenen Weinsorten unterschiedlich geformte Ränder der Kelche, damit die für diesen Wein charakteristischen Geschmacksmerkmale entsprechend an die Zungenregion geleitet werden, die hierfür empfänglich ist.
 
Der Inn als Wasserstraße spielte in der Entwicklung der Stadt eine wichtige Rolle. Dabei wurden Waren nicht nur flussabwärts Waren transportiert. Zölle wurden erhoben, Märkte entstanden ebenso wie Konflikte. Nach den Hochwassern vor einigen Jahren wurde die Uferbrüstung in der Innenstadt erhöht.
 
Ein Name sollte nicht unerwähnt bleiben: Josef Madersperger. Geboren 1768 in Kufstein gilt er als einer der Erfinder der Nähmaschine. Der gelernte Schneider steckte all seine Ersparnisse und seine Freizeit in die Herstellung einer Maschine, welche die nähende menschliche Hand nachahmen sollte. Da er selbst kein Geld für eine Fabrik hatte verschenkte er seine Erfindung. Im Oktober 1850 verstarb er völlig verarmt in Wien und wurde in einem Massengrab beigesetzt. In seinem Geburtshaus zeigen eine Multimediashow und Schautafeln die Geschichte der Nähmaschine.
 
© Foto: Rainer HambergerDer Weg ist etwas mühsam. Über Stufen und steile Stellen geht es bergauf und bergab. Doch dann stehen wir in der Felsenöffnung, die in den Berg führt. Es bedurfte doch eines gehörigen Feuers um  in der Tischofer Höhle ein Gefühl von Wärme zu erzeugen. Fundstücke  zeigen, dass bereits vor 35.000 Jahren Menschen dort Zuflucht suchten. Tief unten bahnt sich der Kaiserbach seinen Weg zum Inn.

Im Kaisertal liegt eine Ortschaft die bis 2007 ohne Straßenanschluss war. Über 300 Stufen mussten überwunden werden um am Leben außerhalb des Tales teilzunehmen. Seit 1963 ist dieser Landstrich Teil des Naturschutzgebiets Kaisergebirge. Das Kaisertal zieht sich von Kufstein im Unterinntal ostwärts und trennt den Wilden Kaiser im Süden vom Zahmen Kaiser im Norden.

Westlich der Stadt gehören die Gemeinden Vorderthiersee und Hinterthiersee zum Ferienland Kufstein. In Vorderthiersee führt ein Rundwanderweg mit um den See, der im Sommer als Badesee sehr beliebt ist. Einige Kilometer weiter liegt Hinter Thiersee auf einem aussichtsreichen Sattel im Zentrum eines lohnenden Wandergebietes. Von hier aus werden regelmäßig Qui Gong Wanderungen angeboten, um durch die Koordination von sanfter Bewegung und Atmung den Erholungs- und Entspannungsprozess zu unterstützen.

© Foto: Rainer HambergerNeugierig werden wir beäugt, als wir in den Stall schauen. Dabei ist es kaum vorstellbar, wie man durch die dicht ins Gesicht fallende Mähne überhaupt etwas sieht. Der Fohlenhof in Ebbs hat sich in den laufenden Jahren zu einem weltbekannten Haflinger-Gestüt entwickelt. Die Jährlinge kämpfen spielerisch miteinander. Im Freigelände wälzen sich Pferde denen gerade der Sattel abgenommen wurde. In den Boxen stehen hoch prämierte Hengste. Doch ob mit oder ohne Medaillen; gestreichelt werden wollen alle.

Informationen:

Kufstein liegt unweit der Inntalautobahn dicht hinter der deutschen Grenze. Das touristische Angebot ist zu allen Jahreszeiten sehr vielfältig und beinhaltet zahlreiche Möglichkeiten für kulturell Interessierte wie auch für körperlich Aktive. Zur Anreise aus Norddeutschland gibt es die bequeme Möglichkeit ab Hamburg–Altona täglich nach München-Ost mit dem Autozug der Deutschen Bahn, das Auto über Nacht im Huckepack dabei und selbst nach der Nacht in eigenem Schlafabteil staufrei und ausgeruht ankommen; www.dbautozug.de ;www.kufstein.com; außerhalb der Stadt im Vorort Ebbs wohnt man z. B. sehr angenehm im Hotel Sattlerwirt www.sattlerwirt.at; Näheres zum Fohlenhof gibt es unter www.haflinger-tirol.com

Vorheriger ArtikelEine ganz normale Kindheit – Pflicht anstelle von Selbstverwirklichung – Ein Frühlingserwachen
Nächster ArtikelMassenrückruf bei Toyota