Trügerische Ruhe – Keine Entwarnung im Ringen um die Berliner Rundfunkorchester und -chöre

Auf der Jahrespressekonferenz des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin erklärte ROC-Intendant Gernot Rehrl, die Gesellschaft gleiche das entstehende Defizit bis Ende 2014 mit 3,5 Millionen Euro aus ihren Rücklagen aus. Diese Entscheidung wird von der Belegschaft mitgetragen, bestätigte der Betriebsrat des DSO, Ulrich Schneider. Doch sie hat ihre Tücken. Die angesammelten Rücklagen sind zum Teil mit einer gedeckelten Stellenzahl erwirtschaftet worden, zum Beispiel sind im DSO von 114 Stellen nur 103 besetzt. Das sei auf die Dauer ein unhaltbarer Zustand. Das Angebot sei eine Brücke, aber es müsse geklärt werden, wie es 2015 weitergeht. Werden die Rundfunkgebühren erhöht? Hat Steul es versäumt, für 2013/14 höhere KEF-Mittel zu beantragen? 

Dass sich RSO-Chefdirigent Marek Janowski in der Pressekonferenz betont sorglos gab, kann nicht verwundern. Steul würde sein Orchester in Eigenregie übernehmen. Mit seinem Anteil von 40 Prozent könnte Deutschlandradio gut operieren. Aber was wird mit den anderen?

Die Eigeninitiative der Geschäftsleitung und der Betriebsräte verdient allen Respekt, jedoch kann damit den Gesellschaftern: Deutschlandradio, Bundesrepublik, Land Berlin und RBB und insbesondere dem Berliner Senat als Hauptnutznießer nicht ihre Verantwortung für die Sicherung der vier weltberühmten Klangkörper und ihrer Künstler abgenommen werden. Deren Leistungsfähigkeit wurde erst im Februar erneut bewiesen, als das DSO und der Rundfunkchor Berlin einen Grammy Award für die beste Operneinspielung erhielten. 

Den Ernst der Lage hat auch der kulturpolitische Sprecher der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Wolfgang Brauer, nicht erkannt. Auf dem Landesparteitag Der Linken erklärte er vollmundig, die ROC sei bis zum Jahre 2014 »ausfinanziert«. Er brachte damit einen Antrag zu Fall, die Erhaltung der ROC zu unterstützen. Das Opfer der Orchester und Chöre darf aber nicht mit der planmäßigen Finanzierung durch die Gesellschafter verwechselt werden. Es gibt keinen Grund zur Sorglosigkeit und erst recht keinen, eine Entscheidung bis nach den Berliner Wahlen zu verschieben.

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