Trautes Heim, Glück allein – Dylan Walsh greift als „Stepfather“ zu mörderischen Erziehungsmaßnahmen

Dylan Walsh in "Stepfather"

„Stepfather“ zeigte die Folgen einer Überbewertung konservativer Familienideale im Gewand eines Horrorthrillers. Ehen werden geschlossen, bis dass der Tod sie scheidet, darum führt David (Dylan Walsh) diesen bei seiner Frau und seinen Stiefkindern persönlich herbei. Mit verändertem Äußeren sucht er nach der nächsten alleinstehenden Mutter, um seinen Traum vom vollkommenen Heim zu verwirklichen. Die geschiedene Susan (Sela Ward) glaubt, in David den perfekten „Stepfather“ für ihre beiden Kinder gefunden zu haben. Nur ihr erwachsener Sohn Michael (Penn Badgley) misstraut David. Wieso bringt er den Namen seiner angeblich bei einem Unfall verstorbenen Tochter durcheinander, verrät nichts über seine Vergangenheit und hat auf seinem Computer auf www.americasmostwanted.com das Phantombild eines Serienkillers von Familien angeklickt, welches ihm verdächtig ähnlich sieht? Doch für seine Vorstellung von einer glücklichen Familie geht David über Leichen. Notfalls die seines Stiefsohns Michael.

Joseph Rubens ambivalenter Horrorthriller „The Stepfather“ unterminiert das bürgerliche Ideal der Kernfamilie. David ist die dämonische Verkörperung traditioneller Wertevorstellungen und elterlicher Autorität. Der aufgeschlossen auftretende „Stepfather“ ist ein überzeugter Anhänger autoritärer Erziehung. Wenn er zuschlägt, dann mit der Axt. Hausarrest gibt es dauerhaft als Leiche im Kühlfach. Die Doppelbödigkeit, welche dem Original einige hintergründige Aspekte verlieh, verbannt Nelson McCormick aus der Neuverfilmung. In „Stepfather“ dringt das Böse von Au?en in den Kreis der Familie ein. Eine Invasion, welche nur möglich war, weil die familiäre Struktur brüchig wurde. Durch ihre Scheidung haben Michaels Eltern den geschlossenen Kreis der Hausgemeinschaft aufgebrochen und für gefährliche Fremde wie David zugänglich gemacht. Stellvertretend für seinen leiblichen Vater muss nun Michael als „Mann im Haus“ die Familie schützen. Im Original hingegen kämpfte eine Tochter in Umkehrung des konventionellen Täter-Opfer-Schemas gegen ihren Stiefvater. Eine Konstellation, welche angesichts von Davids in mehreren Szenen bemerkbaren unterschwelligen Aggressionen gegenüber Frauen interessant gewesen wäre. Ein Widerling zu sein, bedeute schlicht, ein ganzer Mann zu sein, behauptet David gegenüber Michaels Freundin Kelly (Amber Heart): „Dafür mögt ihr Frauen uns.“ Der Titelcharakter entstammte im Originalfilm selbst einer pathologischen Familie. Im Gegenzug hat er als extreme psychische Abwehr des Erlittenen die Normfamilie zum Ideal erkoren, welches er mit tödlicher Entschlossenheit erlangen will.

„Kill, Daddy, kill!“ lautete der reißerische Alternativtitel des Originals. Leider hält sich McCormick in seiner Neuverfilmung nicht an die Aufforderung. Statt Spannung erzeugt seine überflüssige Neuauflage unfreiwillige Komik. Michael findet über das Internet spielerisch Davids wahre Identität heraus, als genüge es „Ist Dad ein Mörder?“ bei Google einzugeben. Michaels Freundin Kelly trägt grundsätzlich Bikinis oder Unterwäsche und beim finalen Kampf entdecken Stiefvater und Sohn ihr gemeinsames Interesse für Handwerksarbeiten – am Körper des Gegners, versteht sich. Die Neuverfilmung gerät zum ungeliebten Stiefkind des Originals. Neu ist eben nicht immer besser. Für Wunschfamilien und Stiefväter gilt das genauso wie für Kinofilme.

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Originaltitel: The Stepfather

Land/Jahr: USA 2009

Genre: Thriller

Kinostart: 31. Dezember 2010

Regie: Nelson McCormick

Drehbuch: J. S. Cardone

Darsteller: Dylan Walsh, Sela Ward, Penn Badgley, Amber Heart

Laufzeit: 101 Minuten

Verleih: Sony Pictures

FSK: ab 16

Internet: www.stepfather-derfilm.de

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