Traumschiff-Tradition – Mit der „MS Berlin“ durch das Mittelmeer

© Foto: Dr. Bernd Kregel, 2014

Wer hat jemals einem Taifun tief ins Auge geblickt? Osman Ozpolat auf der „MS Berlin“ gehört zu ihnen. Selbst wer wie er als Seemann auf den sieben Weltmeeren seine Erfahrungen gesammelt hat, kann diesen aufregenden Augenkontakt auch lange danach nicht völlig emotionslos beschreiben. Wenn bei Windstärke zwölf die entfesselten Naturgewalten für einen kurzen Augenblick innezuhalten scheinen, um dann umso stärker mit zehn Meter hohen Wellen über die schwankende Nussschale herzufallen und kräftig auf sie loszuprügeln.
    
„Wir sind ein Wrack, holt uns hier raus!“ mag Osman fassungslos ausgerufen haben, als während eines solchen Desasters vor den Philippinen  die ersten Scheiben splitterten und niemand an Bord wusste, ob die Sache glimpflich ausgehen würde. Doch als erfahrener Seemann ließ er sich nicht abschrecken und hält der „MS Berlin“ bis heute die Treue, wo er sich als Food Manager in die Gruppe der leitenden Offiziere empor gearbeitet hat. Spätestens beim Dinner im stilvoll renovierten Speisesaal lernt man ihn kennen als einen interessanten Gesprächspartner.

Entlegenste Winkel der Welt

© Foto: Dr. Bernd Kregel, 2014So wie Osman hat auch das dreieinhalb Jahrzehnte alte Schiff seine aufregende Geschichte zu erzählen. Erbaut im Jahr 1980 in Kiel, diente die Grande Dame der Meere schon bald als das erste deutsche „Traumschiff“. Mit Sascha Hehn an der Spitze der Stars entführte es die Fernsehzuschauer in die entlegensten und exotischsten Winkel der Welt. Bis es irgendwann als „normales“ Kreuzfahrtschiff, zeitweise sogar unter anderem Namen, seinen  Dienst versah und dabei, wen wollte es verwundern, in die Jahre kam.

Doch jetzt erlebt die „MS Berlin“ ihre Wiederauferstehung, seit sie Ende 2013 in einer griechischen Werft gleichsam auf den Kopf gestellt wurde. Nun aber, im Frühjahr 2014, ist sie wieder präsent. Versehen mit neuester Technik und Elektronik in ihrem Innenleben sowie zusätzlichen hundert Tonnen Stahl an Rumpf und Aufbauten. Für Osman durch diese höhere Stabilität auch auf Augenhöhe mit einem Taifun?

Perspektive vom Oberdeck

© Foto: Dr. Bernd Kregel, 2014Oder sogar ein neues Traumschiff auf seiner zweiten Jungfernfahrt? So hoch will Alexander Gessl als Chef der FTI-Kreuzfahrten in seiner Wortwahl nicht greifen, um keine überhöhten Erwartungen zu wecken. Doch äußerst zufrieden zeigt er sich schon mit dem Resultat nach den langen Monaten des  Umbaus. Und ein erster Rundgang durch das Schiff gibt ihm darin zweifellos Recht.

Es ist der Beginn einer viertägigen Kreuzfahrt durch „Kleine Häfen im westlichen Mittelmeer“. Nach feierlicher Aufbruchsstimmung in Nizza erscheint, vom Oberdeck aus betrachtet, nun bereits das Fürstentum Monaco als erstes Reiseziel langsam am Horizont. Seine Hochhäuser, zusammengekauert am Fuße eines hohen Felsmassivs, schmiegen sich auf engem Raum dicht aneinander, verschachtelt wie die Bauklötze eines riesigen Spielzeugkastens.

Stampfende Kraftprotze

© Foto: Dr. Bernd Kregel, 2014Nach kurzer Nacht in Monte Carlo winkt nun die Südspitze von Korsika als nächstes Ziel. Doch wegen des Seegangs, so Kapitän Ilias Venetantis bei einem Besuch auf der Brücke, nicht wie geplant der Hafen  von Bonifacio. Vielmehr nimmt die „MS Berlin“ Kurs auf Porto Vecchio auf der geschützteren Südostseite der Insel. Die Stabilisatoren, soviel ist der kleinen Anzeigetafel auf dem Armaturentisch zu entnehmen, sind vorsichtshalber schon ausgefahren, selbst wenn das Schiff dadurch etwas an Reisegeschwindigkeit einbüßt.

Doch stampfend geben die beiden generalüberholten Zwölfzylinder-Dieselmotoren ihr Bestes. Bei einem Abstecher in den Bauch des Schiffes führt Nikolaos Toumazatos als Leitender Ingenieur die ihm anvertrauten Kraftprotze vor. Allerdings  nur mit vielsagenden Handbewegungen, da bei dem ohrenbetäubenden Lärm in den engen und verwinkelten Gängen des Maschinenraums jede Unterhaltung umgehend an ihre Grenzen stößt.

Passende Schuhgröße

© Foto: Dr. Bernd Kregel, 2014Je beruhigender der Gedanke, die Technik auf hoher See in guten Händen zu wissen, desto entspannter der Aufenthalt in den Repräsentationsräumen des Schiffes. Bei den Klängen des Konzertflügels im Yacht Club, in der Bibliothek mit ihrem reichhaltigen Literaturangebot bis hin zur großflächigen Sirocco Lounge. Dort wo sich vornehmlich bei abendlichen Konzerten oder dem für diesen Abend angekündigten Kapitänsempfang das gesellschaftliche Leben an Bord abspielt in einer mit Understatement praktizierten  stilvollen Eleganz.

Und die Mitreisenden? Denen scheint der von der neuen alten „MS Berlin“ gesteckte Rahmen offensichtlich zu gefallen. Wie beispielsweise dem Ehepaar aus Aschaffenburg, das mit den Ozeangiganten der Kreuzfahrtindustrie nichts Rechtes anzufangen weiß. 206 Kabinen bei maximal 412 Passagieren sind für sie offenbar die genau passende Schuhgröße. Denn überschaubar soll das Kreuzfahrt-Abenteuer für sie jedenfalls bleiben.

Thronende Felsenfestung

© Foto: Dr. Bernd Kregel, 2014Überschaubarkeit in anderer Hinsicht stellt sich bereits am nächsten Morgen ein, als an der Hafenkante von Porto Vecchio Busse bereitstehen, um die Passagiere von null auf mehr als tausend Höhenmeter ins Alta Rocca-Gebirge hinauf zu transportieren. Mitten durch die korsische Macchia über Schwindel erregende Serpentinen mit toller Aussicht bis hinauf in die Sommerfrische nach Ospedale. Dorthin, wo laut Begleiterin Jeanette die Küstenbewohner in früheren Zeiten wegen der Mückenplage und der Malariagefahr in den Sümpfen von Porto Vecchio einen ganzen Sommer lang mit Kind und Kegel entflohen.

Droben im Gebirge bilden malerische Bergdörfer wie Zonza mit ihren bizarr geformten Granitbergen im Hintergrund eine besondere Attraktion. Und nicht zuletzt stößt auch die zünftige Mittagsmahlzeit in der „Auberge du Col de Bavella“ mit schmackhaftem Wildschweinfleisch in allen Variationen auf reges Interesse. Abschließend dann der absolute Höhepunkt: der kurvenreiche  Abstecher nach Bonifacio, der legendären hoch über dem bunten Hafenbecken des Ortes thronenden Felsenfestung.  

Sonnen im Glanz Napoleons

© Foto: Dr. Bernd Kregel, 2014Nach dem Dinner, bei dem Küchenchef Jan Jacob aus Deutschland persönlich einen kurzen Einblick gewährt in das Geheimnis seiner Kochkünste, liegt der Rest des Abends in den Händen von Kreuzfahrtdirektorin Romana Calvetti. Als ausgebildete Opernsängerin sind seit kurzem die Schiffsplanken der “MS Berlin“ die Bretter, die für sie die Welt bedeuten. An diesem Abend wartet sie auf mit einem Bühnenprogramm, das mit vielen bekannten Ohrwürmern einem Streifzug durch die leichte Muse der Gegenwart gleichkommt.

So nähert sich die „MS Berlin“ nahezu unbemerkt der dem italienischen Festland vorgelagerten Insel Elba, deren Hafen von Portoferraio sich bei verhaltenem Morgenlicht als Eingangstor nun deutlich abzeichnet. Besonders in diesem Jahr wird die Insel beherrscht vom „Imperatore“ Napoleon, dessen stilisiertes Konterfei sich zum 200. Jubiläum seines Aufenthalts auf der Insel von vielen Plakatwänden herab ins Blickfeld schiebt. Gerade so, als wollten sich die Bewohner ein wenig sonnen im Glanz dieses historisch bedeutsamen Draufgängers.

Spielend zum Fünfzigsten

© Foto: Dr. Bernd Kregel, 2014Nach vier Tagen schließt sich nun der Kreis in Nizza, dem Ausgangspunkt der Kreuzfahrt. Schnell noch einmal hinein in die Altstadt mit ihren verwinkelten Gässchen, gastlichen Plätzen und schattigen Parks. Und natürlich noch über den Blumenmarkt, der sich an diesem Montagmorgen jedoch in einen quirligen Flohmarkt verwandelt hat. Gleich nebenan die leicht gekrümmte Uferpromenade mit der Kuppel des legendären „Negresco“ als Blickfang.

Und schließlich ein allerletzter wehmütiger Blick hinüber zur „MS Berlin“, die sich schon auf die heutige Abreise in Richtung Süden vorbereitet. Gefolgt von Zielen in Nordeuropa und im Schwarzen Meer. Ein verheißungsvoller Auftakt der soliden alten Dame, die es, so Cruise Manager Alexander Gessl, bei guter Pflege noch spielend bis zu ihrem Fünfzigsten bringen wird.

Reiseinformationen „MS Berlin“:

An- und Einreise: Je nach Reiseziel erfolgt die Anreise per Flug, Bahn oder Bus. Im Schengen-Bereich ist bei Einreise der Personalausweis ausreichend, außerhalb von Schengen der noch 6 Monate gültige Reisepass.

Reiserouten und Reisezeit: Die diesjährige buchbare Saison reicht bis Anfang November 2014: Westeuropa mit London (23.5.), Nordland Pur (15.7.), Rund um Westeuropa (10.8.), Highlights im Schwarzen Meer (6.9.), Große Schwarzmeer-Kreuzfahrt (24.9.), Kanarische Inseln und Madeira (24.10.). 

Unterbringung und Preise: Das Schiff bietet Standard, Komfort und Superior Innen, Standard, Select und Komfort Außen, vier Junior Suiten, zwei Grand Suiten. Es gelten vorab buchbare Leistungspakete: das Grundpaket „Sparpreis“ mit Vollpension u.a.; das „Plus-Paket“  u.a. mit Tischwein und gefüllter Minibar; das „Exklusiv-Paket“ mit All Inclusive Getränkepaket u.a. 

Auskunft und Buchung: Infos unter www.fti-cruises.com; Buchungen unter Telefon: 089-71045 3136 oder im Reisebüro.

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