Tour de France im September 2020 – die wilde Corona-Tour durch Frankreich

Ein Radsport-Denkmal in den Pyrenäen. Quelle: Pixabay, Foto: Gartentor16

Paris, Frankreich (Weltexpress). Virus hin oder her, die Tour de France muss rollen. Und sie Fahrer fuhren. Statt wie geplant im Juli wurde die 107. Tour der France auf September verschoben. Es säumten allerdings keine Millionen Menschen die Strecke, aber Hundertausenden drängten sich dennoch dicht an dicht an den Straßenrand, um die Helden der Landstraße zu bewundern.

Bei der 3.484,2 Kilometer lange Tour durch alle Gebirge Frankreichs von den See-Alpen über das Zentralmassiv, den Pyrenäen, die Alpen und die Vogesen wurde kein Berg ausgelassen. Gleich vier Bergwertungen mussten von den Radprofis bewältig werden. Von den Großen Schleifen kann jedoch keine Rede mehr sein. Die 21. Etappen glichen einer Kreuz- und Querfahrt durch das Land der Gallier. Zahlreiche Städte verzichten auf den Status eines Etappenortes wegen der hohen Kosten, die schnell einmal in die Millionen gehen.

An Spannung war die „Coronna-Rundfahrt“ trotzdem nicht zu über bieten. Ex-Skispringer Primoz Roglic kämpfte sich bis zum Zeitfahren am vergangenen Sonnabend im Gelben Trikot über die Berge. Mit 57 Sekunden Vorsprung stürzte er sich vor seinem Landsmann Tadej Pogacar in das Contre le Montre, den Kampf gegen den Uhrzeiger. Keine Chance gegen die Gewalttritte von 6,5 Watt pro Kilo Körpergewicht. Pogacar gewann das Zeitfahren, die 107. Tour de France, das Bergtrikot und das Trikot für den besten Nachwuchsfahrer. Wahnsinn, aber wahr!

Und das alles mit noch 21 Jahren. Der junge Mann, Heranwachsender während der Tour, wurde erst am heutigen Montag 22. Nun gilt er als zweitjüngster Tour-Sieger aller Zeiten. Nur der Franzose Henri Cornet war vor 116 Jahren, bei der 2. Tour de France 1904, noch ein Jahr jünger.

Insgesamt spülten die Strapazen bei der Tortur durch Frankreich dem Slowenen Pogacar über 600 000 Euro in die Schatulle. Die Summe fließt zunächst in die Teamkasse und wird aufgeteilt. Trotzdem bleibt für den Pedalheld vom Emirates-Team UAE noch reichlich übrig, um mit Freundin Urska eine Party im heimatlichen Komenda geben zu können. Das Team UAE ging übrigens aus der früheren italienischen Mannschat Lampre hervor. Der 6000 Einwohner-Ort Komenda (deutsch Kommende Sankt Peter) liegt etwas nördlich von Ljubljana und dürfte den Volksmusik-Freunden durch die „Oberkrainer“ bekannt sein.

Insgesamt traten bei der Tour 2020 fünf Slowenen in die Pedale, davon standen mit Pogacar und dem Tour-Zweiten Primoz Roglic (30) gleich zwei Slowenen auf dem Siegerpodest.

Pogacars Helfer Jan Polanc landete auf Rang 40 und die beiden anderen Slowenen Malij Mogoric (76., Michelton) und Luka Mezgec (88.,Team Bahrain) vervollständigen das Quintett.

Von den deutschen Asphalt-Helden kam der Bremer Lennard Kämmna als Bestplatzierter auf Rang 33. Der 24 Jahre alte Profi erhielt seine Ausbildung übrigens an der Sportelite-Schule in Cottbus – übrigens wie Ex-Weltmeister Roger Kluge (34), der die Rote Laterne mit nach Berlin nahm. Kluge belegte den 146. und damit letzten Platz, weil 20 Fahrer, darunter die beiden Deutschen John Degenkolb nach der ersten und André Greipel nach der 18. Etappe, ausgeschieden sind.

Pogarcar brach übrigens zahlreiche Rekorde zum Beispiel am „Col de Peyresourde“, den vor ihm unter anderen Lance Armstrong aufgestellt hatte. Armstrongs Radsportkarriere, er gewann von 1999 bis 2005 sieben Mal die Tour de France, war stets von Dopinggerüchten begleitet. Später wurde er des Dopings überführt und alle diese Titel wurden aberkannt. Der Ami Armstrong wurde mit Wirkung ab dem 1. August 1998 lebenslang gesperrt.

Bei so viel Bravour für die Slowenen bleiben im dopinggeplagten Radsport natürlich Fragen. Wir schließen uns deshalb der Meinung von Ex-Profi Jens Voigt (17 Tourstarts) an, die er bei „Eurosport“ geäußert hat: „Pogacar hat Roglic völlig zerstört, hoffen wir, dass wir uns auch in fünf Jahren noch über Pogacars Leistung freuen können.“

Vorheriger ArtikelHammermann schlug in Hessen zu
Nächster ArtikelMäzene, Patrone und die Lage der höchsten Eishockey-Liga der BRD