Berlin, Deutschland (Weltexpress). „Voyagers“, der Zukunftsfilm, auch Science Fiction genannt, von NeilBurger ist zwar kein Griff in Klo, aber auch kein Glücksgriff. Mager wie die Jugendlichen und Heranwachsenden im Weltraum ist auch die Geschichte. Weil die Erde immer unbewohnbarer wird, müsse die Menschheit ferne Planeten besiedeln. Richtig, das können nicht alle gleichzeitig, sondern ein paar Auserwählte. Die Auserwählten, die nur als Eltern von Kindern gedacht sind, die einen Planeten kolonisieren sollen – die Reise durch das Weltall dauert einfach zu lange -, sind nicht nur Gezüchtete und also zwei, drei Dutzend Retortenbabies mit Papa, sondern auch Gezähmte.
Erst werden die Kleinen als Kinder gezeigt, dann als Jugendliche. Dann, wenn`s wild wird, sind sie Teenager, sagen wir bis nineteen und zwar 30 davon.
Blaues müssen die Riesenbabies regelmäßig trinken, um das Widerspenstige zu zähmen und die Triebe. Darauf gibt Papa acht, der, entgegen der ursprünglichen Planung, mit an Bord des Raumschiffes darf, um die Kleinen, die groß werden, zu beschützen. Richtig, besser wäre es, zu bewachen zu schreiben, denn auf Überwachen und Strafen läuft es hinaus in „Voyagers“. Doch dann setzen die ersten den Drink in Blau ab und es entwickelt sich so etwas wie Spannung in dem Streifen, der auch nicht ohne Außerirdische auskommt. Doch das Alien ist nur eine Lüge des einen und eine Einbildung fast aller anderen. An Bord breiten sich statt Langeweile Liebe, Sex (nicht im Bild) und Zärtlichkeiten aus. Auch der Haß beziehungsweise das Böse kommt nicht zu kurz.
Ist der Mensche nur ein nackter Affe? Neil Burger zeigt den Mensch als Gattungswesen, als soziales Wesen, als Unwesen. Doch hier und da läßt er den Homo sapiens hervorlucken. Ein verstehender, kluger, vernünftiger und im Ansatz weise Mensch. Wahnsinn auf dem Wirrflug im Weltraum. Am Ende siegt auch in diesem Hollywood-Streifen: das Gute. Christopher besiegt Zac mit Selas Hilfe. Super! Der fliegt fortan gut gekühlt durch den Kosmos und alle anderen weiter zur „zweiten Erde“, angeblich in trauter Gemeinsamkeit statt Ich-Zentriertheit und das ohne die tägliche Dosis Blau. Wenn das nicht beeindruckend ist, was dann? Zwinkersmiley!
Das Raumschiff, das ein Traumschiff sein sollte, wird zu einem Ort von Devianz und Anomie. Und Papa ist längst ermordet worden. Das Geschehen ähnelt mit Meuterei und Morden ein wenig der einen oder anderen Situation in dem von Joseph Conrad verfaßten Roman „Notstromo“, in dem es um Krieg, Bürgerkrieg, Republik und Diktatur, Ausländer und Einwanderer, und Klassenkampf geht. Für Kinder, Jugendliche und Heranwachsende mag „Voyager“ reichen. Weil die sich nicht mehr viel merken können, tragen die Figuren neben einheitliche Kleidung nur Vornamen. Für Erwachsende ist der Film ein feuchter Furz. Ihm fehlt die Schwere, Tiefe und Philosophie beispielsweise von Stanislaw Lem „Solaris“. Am besten, man verschläft den Film wie fast alle Reisenden in „Passengers“ von Morton Tyldum nach einem Drehburch von Jon Spaihts oder reist nach Cartagena (freue sich, wer`s kennt).
Nebenbei bemerkt ist das Poster zum Film eine Frechheit. Nur wenige Sekunden des eine Stunde und 48 Minuten währenden Wirrflugs ist nackte Haut zu sehen. Für prüde weiße Anglo-Amerikaner ist das genau das Richtige, die Dosierung also groß genug. Die Kamera wurde, das muß auch erwähnt werden, gut geführt. Und auch der Sound scheint zu den Bildern – viel Schwarz und Weiß, wenig Bunt – stimmig.
In den VSA wurde dieser „Voyagers“ genannte Zukunftsfilm ab 9. April 2021 gezeigt, im VK ab 2. Juli 2021.
Filmographische Angaben
- Originaltitel: Voyagers
- Staat: VSA, VK, Tschechien, Rumänien
- Jahr: 2021
- Regie und Buch: Neil Burger
- Kamera: Enrique Chediak
- Musik: Trevor Gureckis
- Darsteller: Tye Sheridan (Christopher), Lily-Rose Depp (Sela), Fionn Whitehead (Zac), Chanté Adams (Phoebe), Archie Renaux (Alex), Quintessa Swindell (Julie), Colin Farrell (Richard), Archie Madekwe (Kai), Isaac Hempstead-Wright (Edward), Madison Hu (Anda), Viveik Kalra (Peter)
- Altersfreigabe: FSK 12