Eine starke Allianz der großen DFB Sportfamilie und ein exzellentes Sponsoring Schnäppchen für einen in die Jahre gekommenen Finanzdienstleister, dem ein weiterer Image Transfer mittels Sport nur gelegen sein kann, sich in ein besseres Licht zu setzen, bedeutet für den deutschen Frauenfußball einen kleinen Schritt in die Zukunft. Die 1. Frauen-Bundesliga wird ab Saison 2014/2015 den Namen "Allianz Frauen-Bundesliga" tragen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) verkaufte das Namensrecht an seinen Versicherer, der dem DFB schon immer zu Dienste gestanden hat. Über den finanziellen Rahmen des Engagements wurden offiziell aber keine Angaben gemacht, der Betrag soll aber pro Saison im Bereich von 1,5 Millionen Euro liegen, jeder Verein soll pro Saison davon 100.000 Euro erhalten. Die Gesamtsumme des Allianz Sponsoring liegt nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 6 bis 9 Millionen Euro.
Ein klares Bekenntnis zum Frauenfußball
In der Presseerklärung der DFB Direktion Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit bezeichnete DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, den Deal mit dem turbo-liquiden europäischen Versicherungskonzern als einen Meilenstein in der Entwicklung des Frauenfußballs und insbesondere der Frauen-Bundesliga. „Wir räumen damit einem Partner erstmals die Namensrechte an einer unserer Spielklassen ein, weil die Vereine dadurch profitieren. Das Geld fließt nahezu ausschließlich in die Kassen der Klubs, die damit ihren Spielbetrieb künftig weiterentwickeln können. Diese Partnerschaft ist ein klares Bekenntnis zum Frauenfußball und in der Form weltweit einzigartig," ergänzte der stolze DFB-Boss, als er mit Bernd Heinemann, seines Zeichens Marktmanagement-Vorstand der Allianz, im Mannheimer Congress Center Rosengarten den Vertrag unterzeichnete.
Hausgemachte Strukturprobleme
Die Allianz gehört mit ihrem Engagement schon seit dem WM Jahr 2011 zu den größten Unterstützern des deutschen Frauenfußballs. Die Allianz sponsert seit dieser Zeit die deutsche Frauen-Nationalelf. Etliche Testimonials wie zum Beispiel Steffi Jones, Silvia Neid und Lira Bajramaj konnten während dieser illusionsreichen WM-Euphorie kurzfristig finanziell profitieren, aber eine nachhaltig generelle Unterstützung der Marke Bundesliga fand nicht statt. Was der DFB als verantwortlicher Träger des Spielbetriebes nicht verhindern konnte, war nach der WM-Euphorie die finanzielle Destabilisierung der Frauenbundesliga. Der alltägliche Ligabetrieb offenbarte hausgemachte Strukturprobleme. Einzelne Bundesliga-Klubs versäumten es, die Regeln solider kaufmännischer Gepflogenheiten einzuhalten und nicht mehr Geld auszugeben als einzunehmen.
Vereine versuchten sich in Bilanzkosmetik
In finanzielle Schieflage gerieten der SC 07 Bad Neuenahr, der seine Lizenz verlor ohne sportlich gescheitert zu sein, und der FCR 01 Duisburg, der durch ein trickreiches Insolvenzverfahren zur Frauenabteilung des Drittligisten MSV Duisburg "mutierte". Andere Vereine versuchten sich mit Bilanzkosmetik, indem sie Sponsorenzusagen mit realen Zahlungen verwechselten. Noch unter der Ägide von Ex-DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger verabschiedete sich der traditionsreiche Hamburger SV mit seiner 1. Frauenmannschaft, die immerhin zuletzt den 4. Tabellenplatz inne hatte. Der Männer Bundesliga Gründungsverein HSV, geleitet durch einen unqualifizierten Vorstand, gab freiwillig seine Erstliga Lizenz seiner sehr erfolgreichen Frauen zurück, um nach Angaben des Vereins eine permanente jährliche Etatunterdeckung von rund 100.000 Euro auf Dauer zuvermeiden. Der damalige Gesamt-Etat von rund 750.000 Euro war im Gegensatz zu anderen Etats in der Bundesliga und einem 4. Tabellenplatz relativ bescheiden. Teure Spielerinnen-Einkäufe verbaten sich von selbst. HSV-Präsident Jarchow bediente sich mittels Verdrehung der Tatsachen argumentativ einer bequemen populistischen Lüge, um sein Spardiktat durchzusetzen.
Den Event-Charakter des Frauenfußball herausarbeiten
Er entwertete die seit dem Ligaaufstieg von 2003 geleisteten Investitionen, indem er sie förmlich als materielle Verschwendung ohne nennbare betriebswirtschaftliche Erfolge darstellte. Insofern sind jetzt die zugesagten 100.000 Euro Allianz Sponsoren Gelder pro Verein und pro Jahr ein kleiner Schritt, der die Finanznot von sportlich gut aufgestellten Vereinen wie zum Beispiel FF USV Jena oder die SGS Essen aktuell helfen wird zu lindern. „Neben dem Liganamen wird die Allianz auf den Trikotärmeln präsent sein. Vertragsbestandteil ist zudem, dass die Allianz etwa auf Banden werben und mit ihrem Logo verstärkt in Erscheinung treten wird. Zudem besteht die Möglichkeit, in allen zwölf Stadien rund um die Spiele bestimmte Marketing-Aktionen durchzuführen. Für die Allianz ist es vor allem wichtig, die Marke zu emotionalisieren – und uns hilft es bei dem Ziel, den Event-Charakter, den der Frauenfußball haben soll, weiter herauszuarbeiten," erklärte Doris Fitschen.
Ein kluger Schachzug des Versicherungskonzerns
Die Managerin der Frauen-Nationalmannschaft und Abteilungsleiterin Marketing Frauenfußball ließ im Gespräch mit "Handelsblatt-online" in der Frankfurter DFB-Zentrale durchblicken, dass nicht sie federführend den Allianz Deal durchgesetzt hatte, sondern DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und die DFB-Marketingdirektion mit Denni Strich. Dem Allianz Konzern ist zu diesem finanziellen Schnäppchen aus Aktionärssicht zu gratulieren. Das Namenssponsoring der Frauen-Bundesliga ist nach Meinung von Sponsoringexperten ein gutes Investment und kluger Schachzug des Versicherungskonzerns. „Der First-Mover-Effekt sorgt für einen starken medialen Aufschlag und Gesprächsstoff in der Fanlandschaft, aber auch in der gesamten Sponsoringszene", sagte Sportsponsoring-Experte Peter Rohlmann von der Agentur PR Marketing im Gespräch mit „Handelsblatt-Online“.
Die Macht im Frauenfußball liegt in den Händen von Männern
Der DFB wird eigens einen Mitarbeiter in seiner Marketingabteilung einstellen, um die „Aktivierungsmaßnahmen zu unterstützen“, wie es im Branchenjargon heißt. Der fußballaffine Allianz-Konzern, der zuletzt auch Namensrechte an neuen Fußballstadien in Nizza und Sao Paulo und kürzlich Anteile an der FC Bayern AG erworben hat, sieht nach Aussage von Allianz-Vorstand Heinemann in der Bundesliga „eine fantastische Plattform für Marketingaktivitäten." Eine eigene Facebook-Seite wird nur der Anfang sein. Der Einsatz sozialer Medien gewinnt insbesondere für Finanzdienstleister eine unerhört starke Möglichkeit, direkte Zielgruppen ins Verkaufsgespräch zu verwickeln. Was früher der Tante Emma Laden an der Ecke war, ist heute das crossmediale Schaufenster im virtuellen Zugriff. Über genaue Zahlen schweigt man in Frankfurt. Sich transparentere Strukturen im Frauenfußball zu erhoffen, gehört mehr in den Bereich der Märchen und Fabeln. Die Macht liegt in den Händen von Männern beim DFB, die Frauen sind weniger gefragt bei den Finanzdeals, sie sind in der feminen Liga nur Zuschauer.
Symbolische Vertragsunterzeichnung im Congress Center Rosengarten Mannheim
Die Vereinsvertreter wurden in einem Workshop informiert. DFB-Präsident Niersbach liess in den Presseeinladungen wissen, dass es bei der symbolischen Vertragsunterzeichnung mit dem Allianz Konzern um die „Zukunft des Frauenfußballs“ gehen würde. „Maßgeblichen Anteil an dem Vertragsabschluss haben unser DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und die DFB-Marketingdirektion mit Denni Strich an der Spitze, “ erklärte DFB-Managerin Doris Fitschen einen Tag später ziemlich freimütig in ihrem Interview mit „Handelsblatt-Online“. Somit ist erkennbar, dass beim DFB zwar eine Direktion für Mädchen- und Frauenfußball tätig ist, dass aber grundsätzliche Entscheidungen in den Männer Gremien fallen.
Bernd Schröder: Welche Leistungen erwartet die Allianz von den Vereinen?
Der Frauenbundesliga Sprecher der Vereine, der Frankfurter Siegfried Dietrich, sprach von einem Quantensprung, kritisch äußerte sich hingegen Bernd Schröder. Der Cheftrainer von Turbine Potsdam erkennt für seinen Klub keine ausreichenden Vorteile. „Ich bin mir nicht sicher, welche Leistungen die Allianz von uns als Verein erwartet und ob das dann für uns lohnend ist. Deshalb ist das nur ein kleiner Schritt“, bekannte Schröder in einem Interview mit FAZ-Sportjournalist Daniel Meuren. „Insgesamt wird diese Partnerschaft den Prozess nicht aufhalten, dass in wenigen Jahren fast nur noch die Frauen-Abteilungen der Männer-Bundesligaklubs mithalten können.“ FFC-Manager Dietrich lobte hingegen in seinem Pressestatement die solidarische Verteilung der mit dem Liga-Sponsoring verbundenen Werbeerlöse, die dazu beitragen würden, dass sich die „12 Liga-Filialen im Gleichschritt wirtschaftlich besser aufstellen und weiterentwickeln können".
Das Problem der faktischen Ungleichheit in der Bundesliga bleibt
Das Unternehmen Allianz mit Hauptsitz in München firmierte bislang als offizieller Versicherer des DFB und als größter Sponsor der deutschen Frauen-Nationalmannschaft. Der weitreichende Namenssponsoring Vertrag gibt zwar vor, den Bundesligavereinen fest zugesagte Einnahmen zu generieren, löst aber nicht das Problem der faktischen Ungleichheit in der 1. Bundesliga zwischen dem Quartett an der Spitze und dem Rest der Liga. Wie so oft in der Vergangenheit sprach Dietrich von einer richtungsweisenden Liga-Kooperation, ohne sich dabei einzugestehen, dass gerade er mit seiner Einkaufspolitik bei Spielerinnen, die Transfererlöse und somit die Personalkosten nach oben getrieben hatte. Die für die Liga-Lizenzen zuständige DFB-Direktorin Heike Ullrich hatte schon zu Beginn der Saison die Bundesliga Frauenvereine ermahnt, sich der Entwicklung steigender Personalkosten entgegenzustellen.
Siegfried Dietrich: Es ist ein starkes Signal
Wieso oft streute Siegfried Dietrich seine persönliche Sicht der Dinge: „Da der 1. FFC Frankfurt und die Allianz schon in der zweiten Saison erfolgreich zusammenarbeiten, freuen wir uns natürlich besonders, dass die Allianz ihr Engagement im Frauenfußball ausweitet und ab der Saison 2014/2015 Hauptpartner und Versicherer der stärksten Frauenfußball-Liga der Welt wird. Mit der für den deutschen Fußball bisher einmaligen Vereinbarung ist für die Frauen-Bundesliga ein Quantensprung realisiert worden. Es ist ein starkes Signal, dass mit der Allianz ein internationales Top-Unternehmen den Frauenfußball in Deutschland fördert und sich als Hauptpartner der Frauen-Nationalmannschaft, Trikotpartner der Bundesliga-Frauen des FC Bayern München sowie Versicherungs- und Trikotärmel-Partner des 1. FFC Frankfurt nun auch als Hauptpartner und Versicherer der Frauen-Bundesliga engagiert.“
Steffi Jones: Wir hinterfragen immer wieder die Strukturen
„Die sind in den Vereinen und Ligen noch sehr unterschiedlich. Wir haben mittlerweile festgeschrieben, dass jeder Bundesliga-Verein einen hauptamtlichen Trainer und einen hauptamtlichen Geschäftsführer oder Manager haben muss. Auch gibt es Standards für die Beschaffenheit des Stadions oder die der Kabinen. Eigentlich all das, was man bei der WM hatte – nur in kleinerem Umfang. Sportlich gesehen gehört dazu auch eine gewisse Qualifikation der Trainer, ordentliche Trainingsplätze und medizinische Betreuung – das ist breit gefächert. Natürlich würden wir uns auch hauptamtliche Marketing-Mitarbeiter oder Pressesprecher wünschen. Das muss sich aber nach und nach entwickeln.“ Für die DFB-Direktorin für den Mädchen – und Frauenfußball Steffi Jones helfen die zugesagten jährlichen 100.000 Euro die Finanzstruktur der Vereine weiterzuentwickeln, um die Professionalisierung voranzutreiben.
Wir kümmern uns nicht nur um Herren aus der ersten Reihe
„Ich wünsche mir, dass mit den Mehreinnahmen die Strukturen verbessert und nicht die Gehälter erhöht werden“, erklärte Dietrich mit einem durchaus mahnenden Unterton. Da redet einer dem DFB nach dem Munde, "der an den erhöhten Personalkosten mitgeschraubt hatte." Peter Rohlmann von der Agentur PR Marketing sieht im Engagement der Allianz ein kluges kleines Gegengewicht zum Einstieg beim FC Bayern vor wenigen Wochen. „Die Allianz unterstreicht damit: Wir kümmern uns nicht nur um die Herren aus der ersten Reihe, sondern auch um die Frauen. Das ist gerade in Zeiten der Diskussion um Frauenquoten – was die Wirkung nach außen wie nach innen angeht – nicht zu unterschätzen. Sponsoring heißt heute nämlich nicht nur, die Kunden hinter sich zu bringen, sondern auch die Belegschaft."
Dr. Markus Rieß, Vorstandsvorsitzender der Allianz Deutschland AG:
„Durch das Namenssponsoring der Frauen-Bundesliga verbindet sich die Allianz mit einer der stärksten Ligen der Welt. Wir verstehen uns als verlässlicher Partner der Vereine, der bei der Weiterentwicklung des Frauenfußball unterstützt und Versicherungsschutz bietet. Die Kooperation ermöglicht es uns, ganzjährig und bundesweit mit Fans und Kunden in Dialog zu treten und mit besonderen Erlebnissen rund um den Fußball zu begeistern.”
Lokale Gemeinschaft im Umfeld ins Netz bringen
Flankierende Maßnahmen sollen dazu beitragen, den Bekanntheitsgrad der Bundesliga zu erhöhen. So will die Allianz beispielsweise Eintrittskarten in Bonus-Programme für ihre Kunden einbeziehen. „Wir wollen den Frauenfußball als Plattform nutzen, um mit unseren Kunden in den Dialog zu kommen. Zugleich wollen wir helfen, die Liga weiterzuentwickeln“, sagte Allianz-Vorstand Bernd Heinemann. „Wir wollen gemeinsam mit den Klubs Social-Media-Aktivitäten gemeinsam gestalten und eine lokale Gemeinschaft im Umfeld der jeweiligen Klubs ins Netz bringen.“