„Nur für gute Freunde“, raunte er. Und schon standen Gläser mit Alkohol und darin eingelegten Schlangen vor dem verdutzten Mann. „Gut für die Potenz“, lobte der Händler fachmännisch und berührte mit dem Zeigefinger vorsichtig das Einweckglas in Höhe der zwei Giftzähne. Deutlich war die Brillenzeichnung auf dem Nacken der Kobras zu sehen. „Was soll denn so eine Schlange kosten“, fragte der Tourist laut. „Psssst“, zischte der Händler, „50 Euro.“ Empört drehte sich der Tourist auf dem Absatz um, und verließ den Laden. Der Händler hinterher. – „Nun bleib doch stehen. Ich mach Dir einen guten Preis. Ich weiß ja, wie das ist. Ich bin ein armer indischer Schlucker, und du bist ein armer deutscher Schlucker. Wir werden uns schon einigen. 40 Euro! Weil Du es bist…“
Der „Nur für gute Freunde“-Trick ist zwar uralt, aber immer wieder fallen Touristen darauf herein. Geschmeichelt von der Menschenliebe, die ihnen da widerfährt, zücken sie die Börse, und erstehen Dinge, die sie normalerweise nicht einmal im Traum anschauen würden. Plötzlich ist aus dem eingelegten Schlangenkadaver ein originelles, für Indien typisches Souvenir geworden. Ein Andenken, zu dem gleich noch eine Story mitgeliefert wird. Über Schlangen in Indien, über Schlangenbeschwörer, Potenzverstärker und sehr nette Händler-Freunde auf dem Markt von Varanesi.
Umso größer ist der Ärger, wenn man dann bei der Wiedereinreise vom eigenen Zoll aus seinen schönsten, völkerverbindenden Glücksgefühlen gerissen wird. Dabei sollte doch das Mitbringsel die Erinnerung an die schöne Reise möglichst lange wach halten. Und den Abschiedsschmerz mildern. Und den Neid der Zuhausegebliebenen mehren. Und die eigenen vier Wände schmücken. Und nun steht die alkoholisierte Schwarze Kobra in der berühmt-berüchtigten Asservatenkammer des Zolls auf dem Flughafen Tegel. Da verstehe noch einer die Welt.
Zollhauptsekretär Ingo Schemmel kann sie erklären! „Wir haben uns längst daran gewöhnt, in ferne Länder zu reisen. Wir tauchen im Roten Meer, bewundern die exotische Natur in Sri Lanka, sind zur Fotosafari in Marokko… Und so ist es eigentlich kein Wunder, dass sich exotische Souvenirs großer Beliebtheit erfreuen. Man muss nur wissen, was man einführen darf und was nicht. Beispielsweise stehen mehr als 8000 vom Aussterben bedrohte Tiere und rund 30 000 Pflanzen unter dem Schutz des Washingtoner Artenschutzabkommens von 1973. Wer Urlaubssouvenirs dieser Art ohne amtliche Papiere nach Deutschland einführen will, egal, ob tot oder lebendig, ist nicht nur sein Mitbringsel los, sondern er muss auch mit einem Ermittlungsverfahren und mit einer saftigen Geldstrafe von mindestens 1000.- Euro rechnen. Leider scheren sich skrupellose Händler wenig um das Verbot. Und leider finden sich immer wieder unbedarfte Touristen, die ihnen auf den Leim gehen.“
Die Asservatenkammer auf dem Flughafen Tegel gleicht denn auch einem Gruselkabinett. Affenschädel, ausgestopfte Krokodile, Wildkatzen als Nachttischlampe, Elefantenfüße als Zeitungsständer, Aschenbecher aus Kaimanköpfen und literweise Schnaps mit eingelegten, angeblich potenzfördernden Kobras, Pythons oder Nattern. „Aber auch das Mitbringen von Elfenbeinschmuck, von Korallen, Kaviar, von Schlangenhäuten, Kakteen oder Taschen aus Reptilleder ist verboten“, sagt Ingo Schemmel.
Was um alles in der Welt darf man denn außer Erinnerungen überhaupt mitbringen? Der Zoll-Mann lacht. „Ich würde Textilien, Volkskunsterzeugnisse oder Malerei empfehlen. Fragen Sie bei allen Waren, bei denen Sie sich nicht sicher sind, Ihren Reiseleiter. Oder die Polizei. Vor allem eines: Bewahren Sie alle Quittungen auf! So können Sie die Herkunft und den Wert Ihrer Ware nachweisen. Erkundigen Sie sich doch vorher schon über die Ein- und Ausfuhr-Bedingungen. Auskunft gibt das Bundesamt für Naturschutz, Konstantinstraße 110, 53179 Bonn, Tel.: 0228/8491-0; Fax: 0228/8491-200; Internet: www.bfn.de.
Oder das Zoll-Infocenter, Hansaallee 141, 60320 Frankfurt am Main, Tel.: 069/469976-00; Fax: 069/469976-99; Internet: www.zoll-d.de