Gekürzte Fassung
Nachdem die mit öffentlichen Mitteln finanzierte Studie zunächst nicht erscheinen durfte, erzwangen Berichte der "Süddeutschen Zeitung" vor wenigen Wochen die Veröffentlichung einer stark gekürzten Fassung im Internet, die auf der Homepage des Auftraggebers der Studie – dem Bundesinstitut für Sport (BISp) zu lesen waren. Professor Gerhard Treutlein, der ehemalige Leiter des Zentrums für Dopingprävention der PH Heidelberg, sprach als Einzelsachverständiger vor. Der Sportausschuss befasste sich in öffentlicher Sitzung mit dem Abschlussbericht zum Forschungsprojekt „Doping in Deutschland von 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation“. Es berichteten neben dem Doping-Experten Treutlein Vertreter des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA).
Nachvollziehbarer
Das 448 Seiten umfassende Buch informiert insbesondere über die Geschichte, Recht und Ethik der Zeit von 1972 – 1990. Mit der Langfassung kann nach Meinung des Verlages die interessierte Öffentlichkeit das zentrale Ergebnis der Doping-Studie sichtbar besser nachvollziehen. "Im Buch könne das Team um den Sporthistoriker und Doping-Fachmann Giselher Spitzer für die 70er und 80er Jahre nachweisen, dass führende Sportfunktionäre wie Willi Daume, früherer Präsident des Nationalen Olympischen Komitees (NOK), und August Kirsch, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), gut informiert gewesen seien über die Dopingpraxis, die auch damals schon gegen Verbandsregeln verstoßen und die Gesundheit der Sportler gefährdet habe," so die Information des Verlages.
Steuergelder
Brisant seien ebenso die Enthüllungen über die führenden Institute der Sportmedizin, die sich intensiv der Dopingforschung widmeten und deren Ergebnisse, unter Missachtung ärztlicher Ethik, für die Anwendung im Spitzensport nutzbar machten. Finanziert wurde diese Forschung zum Teil mit Mitteln des Bundesinstituts für Sportwissenschaft, mithin aus Steuergeldern. Das im gesamten historischen Ablauf involvierte Bundesinstitut (BISp) hatte paralell zum Buch und zur Anhörung in der Sondersitzung des Sportausschusses eine erklärende umfassende Projektbewertung zum Forschungsprojekt "Doping in Deutschland" im Laufe der letzten Woche veröffentlicht. Dabei wurde auf die Zielsetzungen, die Genese und das Studiendesign des Forschungsprojektes eingegangen, Aspekte der Projektsteuerung beschrieben sowie eine Projektbewertung mit einem abschließenden Fazit vorgenommen. Neben den während der Projektlaufzeit erfolgten zahlreichen Transferaktivitäten des BISp zum Projekt (z. B. Pressekonferenzen) soll hiermit ein weiterer Beitrag zur Transparenz in dem Projekt "Doping in Deutschland" geleistet werden.
Stotternder Kandidat
Die frühere Leichtathletik Olympiasiegerin in der 4×100 Meter Staffel der Frauen, Ingrid Mickler-Becker, äußerte sich in einem aktuellen Interview des Berliner "Tagesspiegel" , dass sie entsetzt gewesen sei, als der Sportwissentschaftler Professor Spitzer sich öffentlich im Fernsehen geäußert hatte. "Er (Spitzer) sprach von flächendeckendem Doping in der Bundesrepublik. Dabei ist das doch gar nicht durch die Studie gedeckt. Da hätte doch auch Herr Bach auf die Barrikaden steigen müssen, aber ich habe bisher nur etwas Stotterndes von ihm vernommen, er habe nicht viel von Doping gewusst. Das dürfte seiner Kandidatur für die IOC-Präsidentschaft geschuldet sein;" so die heute 70-jährige Ingrid Mickler-Becker, die nach ihrer Karriere als Gymnasiallehrerin arbeitete.
Anti-Doping-Gesetz
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kündigte während der Sondersitzung ein Expertengespräch über ein Anti-Doping-Gesetz nach der Bundestagswahl an. Er terminierte sein Vorhaben auf den Donnerstag nach der Wahl. „Ich bin für alle Argumente offen. Wenn Ermittler sagen, wir brauchen im Anti-Doping-Kampf neue Vorschriften, müssen wir das aufnehmen“, sagte der Minister. Ob das Statement des Ministers reiner Wahlkampf war, werden wir spätens dann erleben, wenn er denn wiedergewählt als Minister irgendeiner neuen Koalitionsregierung verfügbar wäre.
Sein Ansatz, dass er in den kommenden Monaten auch das Gespräch mit den Justizministern der Länder zu einem möglichen Anti-Doping-Gesetz suchen möchte, liegt wohl nicht in seiner Hand. Konkret sieht er ein Problem in der Vereinbarkeit der Parallelität von Sport- und Strafgerichtsbarkeit. „Wir müssen aufpassen, dass das strafrechtliche Verfahren nicht die schnelle Reaktionsfähigkeit der Sportgerichtsbarkeit aushebelt“, sagte Friedrich.
Anmerkungen:
Vorbestellungen des Buches beim Verlag Die Werkstatt über Email: info@werkstatt-auslieferung.de, Telefon 04402-92630, Telefax 04402-926350.
Eine Textstelle wurde am 03.09.2013, 12:25 Uhr MEZ geändert, denn der Sachverständige Prof. Treutlein war nicht Forscher an der Studie. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.