Dass Priester und gefeierte Reformpädagogen derartig niedrige, teils grausame und sadistische Praktiken, dazu oft noch mit System, tun würden, übersteigt einfach die kulturell verankerte Vorstellungskraft, insbesondere von Anhängern der Reformschulen und gläubigen Katholiken, ein Hinweis auf Naivität oder Blauäugigkeit, obwohl seit Jahrtausenden die Grausamkeit und Brutalität der Kirchen, Religion und Erziehungsmethoden bekannt ist. In Kirchen sind halt auch nur Menschen, mit Schwächen und Fehlern behaftet wie andere Menschen. Jedoch, vor allem für Menschen, die sich von dieser Moral geschädigt fühlen, ist die Aufdeckung ein gefundenes Fressen. Sie werden im Angesicht der pompösen, feierlichen und heiligen Selbstzelebration und Selbstgerechtigkeit der Kirche, etwa zu Ostern beim päpstlichen Segen „urbi et orbi“ ohne Erwähnung der Schandflecke, mit Schadenfreude und Häme reagieren und Vergeltung spüren.
Wie es zu dieser von vielen als Doppelmoral und Scheinheiligkeit bezeichneten komplexen Geschehnissen kommen kann, dazu lohnt es sich zur Erklärung (früh)kindliche Prägungen, Tiefenpsychologie und interpersonelle Dynamik heranzuziehen.
Menschen, ob Männer oder Frauen, die sich lebenslang der Keuschheit und dem Zölibat verschreiben, haben meist schlechte Erfahrungen mit Körperlichkeit und Sexualität gemacht und in diesem Bereich sich ohnmächtig und ausgeliefert gefühlt. Sie wollen es besser machen, als sie es selbst erlebt haben, und machen sozusagen aus der Not eine Tugend. Das kann sexueller Missbrauch sein, der ja oft genug verdrängt und verleugnet wird, häufiger wird es eine eingeprägte Körper- und Sexualfeindlichkeit sein, wie es in vielen katholischen Familien – und nicht nur dort – verbreitet ist. In dieser Hinsicht und sicherlich in anderen Bereichen von Freiheit und Selbstbestimmung haben sie Fehlentwicklungen hinter sich, sind traumatisiert und dadurch einer rigiden Sexualmoral verhaftet. Reife Frauen würden sie als Bedrohung erleben und in ihnen die beherrschende Mutter und ihre Ohnmacht wieder erleben. In dieser rigiden Sexualmoral wird in sämtlicher Körperlichkeit böse Sexualität, ein Werk des Teufels, hineingesehen. Man denke nur an die Onanie als Todsünde. Allein diese Definition führt zur Hauptlegitimation von Beichtvätern und zur Herrschaft über Seelen und Gewissen, während die Selbstbefriedigung für die moderne Sexualwissenschaft ein ganz normaler Vorgang der psychosexuellen Reifung ist.
Wenn diese Menschen auch zu Bischöfen, Kardinälen, selbst zum Papst aufsteigen, können sie naturgemäß nicht ihren Werdegang und dessen Prägungen abstreifen und sind nicht plötzlich zu total anderen Menschen geworden, auch wenn sie sich mit einer Aura der Heiligkeit umgeben. Schließlich sind sie in diesem System groß geworden und profitieren davon. In der Macht besteht die Verführungskraft. Zu spüren ist dies in der aggressiven Intoleranz gegenüber denen, die nicht die Normen und Gebote der Kirche einhalten, wie bei Abtreibungen, Homosexualität, vorehelichem Geschlechtsverkehr und Verhütung, früher in Glaubenskriegen. Diese Intoleranz ist jedoch nicht bei allen Kirchenvertretern und Gläubigen in gleicher Weise vorhanden, abhängig davon, inwieweit sie Toleranz und Akzeptanz in ihren jeweiligen Kindheiten verspürten.
Reformpädagogen verschreiben sich diesem Berufsziel, weil sie oft genug mit der Pädagogik in ihren Familien und ihrer Kindheit schlechte Erfahrungen gemacht haben. Ihr früheres Leid sehen sie in andere Kinder hinein und setzen alle Kraft, Energie und Zeit ein, es dort zu heilen. Da diese Traumata sich innerhalb ihrer Herkunftsfamilien abspielten, soll die Heilung innerhalb familienähnlicher Gruppen erfolgen. Ähnlich wie im Zölibat wird eine geschlossene Gesellschaft geschaffen, deren zusätzlicher Nachteil ist, durch diese zeitliche und inhaltliche Widmung wenig Gelegenheit zu außerfamiliären Erfahrungen und Korrekturen zu haben.
Da Kinder noch keine eigenen Erfahrungen und ein eigenes Weltbild haben, übernehmen sie das Weltbild des Umfeldes. In einer traumatisierenden Kindheit sind sie diesem ohnmächtig ausgeliefert und machen es sich zu eigen, verinnerlichen es. Körperliche und sexuelle Regungen sind für sie böse und sündig. Sie müssen sich schuldig fühlen. Gegen diese traumatischen Erfahrungen, die Schuld, Sünde und die Ohnmacht wird normalerweise automatisch ein Gegenbild von Größe, Stärke, Kontrolle, Reinheit, Perfektion, Macht und im religiösen Umfeld göttlicher Heiligkeit errichtet. Dieses Gegenbild kann man auch unter der Perspektive des Selbstheilungsprozesses sehen. Meist wurde dieses Weltbild einschließlich der Ohnmacht und dem Ausgeliefertsein auch schon vermittelt. Es besteht die Illusion, durch die Heiligkeit ein für alle Mal das Böse aus der Welt zu eliminieren.
Im großartig und heilig nach außen auftretenden Erwachsenen findet sich im Kern das verlassene Kind, das sich irgendwie im Dschungel seiner Entwertungen, Größe, rigiden Moral und unterdrückten Aggressionen zurecht finden muss. So wie er in seinen ursprünglichen Schädigungen von anderen einbezogen wurde, muss er auf der Ebene des verlassenen Kindes zur Selbstreparatur andere, nämlich Kinder, einbeziehen. Das Ausleben der widersprüchlichen Verinnerlichungen und das Einbeziehen anderer auf der Kindheitsebene können zur Symptomatik der Pädophilie führen. Im kirchlichen Umfeld wird sich ein höherer Prozentsatz an Pädophilen finden als in der übrigen Bevölkerung. Schulen, Chöre und Seminare stellen ein ideales Betätigungsfeld dar und üben eine starke Anziehungskraft für derartig Veranlagte dar.
Da die meisten Menschen nur nach dem äußeren Erscheinungsbild messen – deswegen die Macht von Image, Ruf und gutem Eindruck -, frühkindliche Prägungen und Determinanten für sie außerhalb der Vorstellungswelt liegen, fehlt ihnen die Vorstellungskraft der Macht und Wucht dieser Prägungen und Reparaturversuche. Man denke nur an die Erklärungsmuster in Medizin und Delinquenz. Die Offenlegung führt infolge der oft massiven Schädigungen der Opfer zu Verurteilung, Beschämung, Schande und Sünde. Durch diesen Teufelskreislauf der erneuten Verurteilung haben die Pädophilen geringe Chancen zur Reparatur und bleiben ihrem Selbstheilungsversuchen und Mechanismen ausgeliefert. Aber auch der verschwiegene Zustand führt durch die selbsterlebte Identifikation mit den Schädigungen der Opfer zu Beschämung und Schuldgefühlen, so dass sie aus diesem Kreislauf nicht heraus kommen. Der Aufbau eines besseren Selbstwertgefühls unter Einbeziehung anderer in einer Psychotherapie auf der Erwachsenenebene ohne Verurteilungen könnte ihnen schon eher helfen.
Dass es zu körperlichem, seelischem und sexuellem Missbrauch anderer, Schutzbefohlener und Abhängiger kommt, dafür sind mehrere Faktoren verantwortlich.
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Körperlichkeit und Sexualität lassen sich trotz hehrster Ziele nicht völlig unterdrücken und strömen aus allen Körperteilen heraus. Die Welt wird als Folge des Sexualtabus sexualisiert. Diese Sexualisierung führt in Seminaren und Schulen zu einer schwülen, aufgeladenen Atmosphäre, die geradezu zu sexuellen Handlungen einlädt.
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Die als Folge der Identifikation mit dem frühkindlichem Aggressor verinnerlichte Sünde, Schuld und Ohnmacht muss an andere, dorthin, wo es leicht möglich ist, delegiert und auf sie projiziert werden. Durch diese Identifikation mit dem Aggressor werden die ursprünglichen Opfer zu Tätern. Dann sind die Abhängigen, so wie sie es früher selbst waren, die Sündigen, Schuldigen und die Ohnmächtigen, und sie selbst üben Macht und Kontrolle aus. Ohnmacht und Ausgeliefertsein werden in Macht umgewandelt. Das baut das Selbstwertgefühl auf und schafft für ehemals Unreine Reinheit.
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Die erlebte Ohnmacht, der Zwang, die demütigenden Rituale wie im Analverkehr führen oft zu lebenslangen Schädigungen der Opfer. Der Opferzustand bleibt erhalten. Schuldgefühle der Täter müssen abgewehrt werden durch Projektion und Delegation, so wie früher ihre Eltern ihre Schuld in den Kindern sahen.
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Außerdem spielt eine Vermischung von frühkindlicher und erwachsener Ebene eine Rolle. Für Erwachsene bedeutet Körperlichkeit auch Sexualität, während es für Kinder und Abhängige mehr um Nähe, auch körperlich wie beim Anschmiegen, Vertrauen und Sicherheit geht. Diese frühkindliche Erfahrung fehlt den Tätern und soll durch die Opfer repariert werden. Diese Ebenen- und Zielvermischung steht etwa in der Tradition von Sigmund Freud. Im Ödipuskomplex nahm Freud etwa an, dass der Sohn die Mutter heiraten wolle.
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In der projizierten Sichtweise können sie sich sogar in ihren Augen zu recht helfend und reinigend dem jugendlichen, vermeintlich sündigen Körper zuwenden. Die Qualen des Opfers dienen in einem perversen und rituellen Charakter für den Missbrauchenden der Läuterung und einem höheren Ideal
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Zur Erhaltung von Freiheit und Selbstbestimmung wird in einem rigiden Moralsystem die Kontrolle unterlaufen und das Gegenteil zelebriert. In dieser Rigidität sind Doppelmoral und Scheinheiligkeit oft die einzigen Formen von Selbstbestimmung und Freiheit. Dieser Vorgang findet in vielen Bereichen der Gesellschaft statt. Der Trotz schafft zusätzlich für die geknechtete Seele Stolz, den Verboten der Autoritäten die Stirn zu bieten, sicherlich oft auf einer tieferen unbewussten Ebene. Anderen diesen Stolz zu vermitteln, darin tun sie in ihren Augen etwas Gutes und bilden dadurch mit den Zöglingen eine verschworene Gemeinschaft.
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Die früheren Aggressionen auf das Umfeld werden durch die Verinnerlichungen zu Selbstaggressionen. Zusätzlich schaffen die verinnerlichte Schuld und Sünde Aggressionen auf die Urheber. Um nicht autoaggressiv zu erkranken, muss die Aggression nach außen abgeleitet werden, meist in Form von Gewalt und Misshandlungen. Durch die Aufdeckung haben Missbraucher nicht mehr die Möglichkeit der Ableitung und erkranken zumeist. Die Vertuschung dient also der Gesundheitserhaltung.
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Sexueller Missbrauch ist zwar auch eine Form von Misshandlung und Gewalt, aber dabei spielen noch verstricktere, identifikatorische Beziehungen, eine Vermischung von Täter und Opfer, eine tragende Rolle. Für den reifen Erwachsenen stellt der Missbrauch eine Grenzverletzung, einen Übergriff dar. In der Täter-Opfer-Vermischung kann der Übergriff nicht wahrgenommen werden, da es sich um eine und dieselbe Person handelt, in der früher und heute und die zwischenmenschlichen Grenzen völlig vermischt sind. Beim sexuellen Missbrauch geht es um einen Selbstheilungsversuch, der auf eine massive Störung der frühen seelisch-körperlichen Ebene, des Austauschs der Dyade Mutter-Kind, wo für Mutter und Kind noch keine Grenzen vorhanden sind, zurückgeht. Deswegen ist er auch so schwer therapierbar, höchstens kontrollierbar.
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Meist wenden sich die Missbraucher an schon vorher verunsicherte, gedemütigte Menschen, die besonders stark eine Vertrauensperson suchen und zum Aufbau ihres Selbstwertgefühls auf sie angewiesen sind. Insofern kann der Missbrauchende ein Entgegenkommen spüren, für das er sein Opfer nicht nur projektiv als schuldig ansieht.
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Da die Missbrauchenden in den Opfern sich selbst sehen, kommen ihre eigenen widersprüchlichen Selbstanteile zum Tragen. Einmal sehen sie in den Opfern sich selbst als Opfer und versuchen ihnen zu helfen, so wie sie selbst hilfsbedürftig sind, und zwar dort, wo sie geschädigt sind, an Körper und Seele. Sie glauben oft, ihnen etwas Gutes zu tun. Der große Pädagoge Hartmut von Hentig sprach sogar von „freundlichen Berührungen“. Andererseits sehen sie in der Übertragung in die Opfer die früheren Aggressoren hinein, sich selbst als Opfer und die Missbrauchten als die Täter, die sie verführen und ihnen Schuldgefühle einjagen.
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Ein alternder Mensch sucht durch den jungen Körper seine eigene Jugendlichkeit und versucht so durch Identifikation sich selbst zu verjüngen. Darüber hinaus spielen Neid und Missgunst eine Rolle. Die meist älteren Täter gönnen den Jungen und Jugendlichen ihre Jugend und Zukunftschancen nicht, da sie in sich selbst nur Verfall sehen. Da sexueller Missbrauch oft gravierende lebenslange Folgen hat, gelingt ihnen die Zerstörung durchschlagend, genauso wie ihre Eltern es früher bei ihnen geschafft haben. Wegen der männlichen Identifikation suchen sich Männer meist Jungen aus.
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Gebildete Pädophile wie Priester und Lehrer sehen sich in der griechischen Tradition der Knabenliebe. Bei dieser handelt es sich nach dem Altphilologen Harald Patzer (persönliche Mitteilung) um eine Art Sponsorentum. Philosophenschüler zeigten ihren Lehrern durch sexuelle Befriedigung ihre Dankbarkeit, und das war für sie eine Ehre. Bilder auf Vasen und Scherben aus der Antike bezeugen das, wobei der Junge dem Alten das steife Glied hält. Ein berühmter Philosophenschüler (Platon oder Aristoteles bei Sokrates?) beschwerte sich sogar bei seinem Lehrer, weil dieser wenig dafür übrig hatte und seine Dankbarkeit nicht annahm. In dieser Tradition ist es Aufgabe des Jungendlichen, den Alten zu befriedigen, und pädophile Lehrer mögen darin sogar ihr Recht sehen.
Die Offenlegung von sexuellem Missbrauch ist in weit höherem Masse als andere Formen des Missbrauchs von Schuld, Scham und Sünde begleitet. Darin zeigt sich die besondere kulturelle Rolle und Überhöhung der Sexualität. Die Überhöhung ist auf eine Jahrhunderte alte traumatisierende Erfahrung von Krankheiten, Seuchen wie die Syphilis und heute Aids, Inzest und sexuellem Missbrauch, Konflikte um Untreue, Rivalität bis zu Mord zurück zu führen. Solange diese Gefühle verdrängt bleiben, kann die Welt durch eine Brille der Reinheit und Heiligkeit gesehen werden.
Unsere Kultur christlicher Ursprünge ist dermaßen von der Autorität, Reinheit und Heiligkeit von Priestern und anderen Gutmenschen durchdrungen, vor allem bei denen, die sich Religion und Reformpädagogik widmen, dass die Menschen sich die niederen menschlichen Instinkte und Mechanismen kaum vorstellen können. Gerade der traumatisierte Mensch kann oft nur das wahrnehmen, was er erfahren hat, und sich demzufolge vorstellen. In der Reaktionsbildung des Gegenbildes kann er sich nur das Gute, seine Hoffnungen und Wünsche vorstellen, deren Realisierung er so dringend benötigt. Die Illusion ist für den Gläubigen die Realität.
Alle Seiten unterliegen diesem Weltbild. Die Eltern können den Missbrauch selten ihren Kindern glauben, nehmen eher an, dass diese sich das einbilden, oder bezichtigen ihre Kinder sogar der Lüge. Die Kirche und Reformpädagogik nehmen Sünde und Schuld nur bei anderen wahr, aber nicht in ihren eigenen Reihen. Die Missbrauchten können es selbst kaum glauben, was mit ihnen geschieht. Sie geraten in eine Diskrepanz zwischen ihrem Weltbild, ihren Wünschen und Hoffnungen und dem am eignen Körper Erlebten. Deswegen verfallen alle Seiten der Sprachlosigkeit, wobei Täter und Opfer jahrzehntelang, sicher oft lebenslang schweigen. Auch spielt die frühkindliche Sprachlosigkeit, wo sich vieles im vorsprachlichen Raum abspielt, übertragen auf das spätere Leben, eine tragende Rolle. Priester wurden von ihren Vorgesetzten nur versetzt und konnten unbehindert weiterhin ihr Unwesen betreiben, weil sich diese einfach nicht das Wesen der Pädophilie und des Missbrauchs vorstellen konnten. Vielleicht ist dies auch ein Hinweis, dass pädophile und homosexuelle Übergriffe so weit verbreitet sind, so dass sich kein Priester oder Pädagoge, der diese vollzogen oder geduldet hatte, leisten kann, andere anzuschwärzen. Das trägt zur verschworenen Gemeinschaft bei.
In vielen Bereichen, wo es um Ohnmacht und Autorität geht, spielt diese mangelnde Vorstellungskraft, als Folge Naivität, eine Rolle, wie im Gesundheitswesen oder der Finanzwelt. Im Gesundheitswesen sind die Kranken auf Vertrauen und Hoffnung zu ihrem Genesungsprozess angewiesen und können sich nicht vorstellen, dass dieses immer mehr industrialisiert wird, bei manchen Ärzten, der Industrie und der Politik nicht das Wohl des Kranken, sondern der Profit im Vordergrund stehen und Schädigungen billigend in Kauf genommen werden. Durch die Werbung und das Marketing wird der Patient auf diese Illusion mental und ideologisch vorbereitet und legt alle Hoffnungen hinein. Die Derealisation geht meines Erachtens sogar soweit, das dieses Triumvirat in einer Autosuggestion sogar selber glaubt, nur zum Wohle des Patienten zu handeln.
In der Finanzwelt war der Kollaps nur dadurch möglich, weil alle Beteiligten im Neoliberalismus an die Selbstregulierungskräfte der Märkte glaubten. Unter dessen Flagge konnten Gier und Profitsucht ihre zerstörerische Macht entfalten. Sie glauben immer noch daran, denn die Märkte machen im alten Stil vielfach weiter. Natürlich können einzelne Staaten, auch wenn sie wollten, gegen die globalisierte Macht des Geldes wenig ausrichten.
Schulen können sich schon eher durch eine unparteiische Kontrolle, staatliche Regelungen, einer Supervision und durch Transparenz erneuern. Für die Kirche wird dies infolge ihrer strengen Hierarchie und ihrer göttlichen Heiligkeit für Kirche und Gläubige, die gerade in der Autorität und in dieser Heiligkeit die Erlösung von ihren Gewissensqualen erhoffen, schon schwerer. Die Kirche fürchtet die Transparenz wie der Teufel das Weihwasser. Die Kirchenoberen sind auch wenig interessiert, sie profitieren zu sehr von der Macht über die Seelen und sehen den Skandal eher als unangenehme, skandalöse Begleiterscheinung, die sicherlich trotz vieler Kirchenaustritte durchgestanden wird. Sie und die Gläubigen sind zu sehr von Göttlichkeit und Heiligkeit durchdrungen, wodurch die Bedingungen in einem Teufelskreislauf fortgesetzt werden. Dadurch steht die Kirche trotz aller Säkularisierungsbemühungen über der staatlichen Welt. Auch im Gesundheitswesen sind die Interessen aller Beteiligten rigide verfestigt, so dass Erneuerungen trotz vieler Versuche eher das Gegenteil bewirkten. Die Macht des Geldes bestand schon immer und entzieht sich nicht nur infolge der Globalisierung jeglicher Kontrollen.
Sexueller Missbrauch in den Familien durch die Väter wurde schon seit langem dank der feministischen Bewegung publik gemacht, tritt aber im Angesicht des aktuellen Skandals in den Hintergrund. Sexueller Missbrauch in Heimen wird auch erwähnt und immer mehr publik. Aber der sexuelle Missbrauch im Angesicht der Heiligkeit ist für die Öffentlichkeit wesentlich skandalöser und interessanter, obwohl die Leiden und Schädigungen in den Heimen nicht geringer sind. Aber in den Heimen sitzen Menschen, die sowieso schon am Rande der Gesellschaft leben und deswegen wenig im Blickpunkt der Medien stehen. Sexueller Missbrauch und Misshandlungen durch die Mütter sind noch mehr tabuisiert. Zu ihnen fehlt die Distanz, da jedes Kind von Geburt an seiner Mutter völlig ausgeliefert ist und die Mütter ungeprüft in es übergehen. Der beschriebene Skandal hat ja auch hauptsächlich mit der Mutter-Kind-Dyade zu tun. An einer Aufklärung wären Feministinnen nicht interessiert, denn sie suchen alle Schuld bei den Männern und wollen die Männer und nicht die Frauen anschwärzen. Jede Mutter prägt und erzieht ja auch nach bestem Wissen und Gewissen. Sie weiß es nicht besser, auch wenn sie unter einem fortwährend schlechtem Gewissen leidet.