Schwedisch Lappland: Wintertraum aus Eis und Schnee

Grandiose Winterlandschaft in Schwedisch Lappland.

Stolze -25 ° C zeigt das Thermometer abends um 8 Uhr vor dem Hotel Laponia in Arvidsjaur, rund 110 km südlich des Polarkreises. Unter normalen Umständen käme bei uns niemand auf die Idee, gerade jetzt nach draußen zu gehen und verkröche sich in die wärmste Ecke des Hauses. Anders hier: gerade jetzt genießt man eine abendliche Fackelwanderung durch den gemütlichen Ort. Wer zum ersten Mal in den hohen Norden besucht, wird alleine Dunkelheit und unglaubliche Kälte vermuten. Zwar bringt die geographische Lage klimatische Extreme mit sich; im Vergleich zu anderen Polarregionen, wie Sibirien und Kanada, ist dieser Teil Skandinaviens jedoch durch den Golfstrom relativ mild, und die trockene Kälte wird nicht als unangenehm empfunden. Wirklich Winter ist hier nur, wenn es täglich friert. Wochenlange Temperaturen zwischen -20 und -30 °C sind keine Seltenheit, und weicher Pulverschnee bedeckt Wälder und Wiesen rund um den Polarkreis von November bis April.

Hier zählt man keine vier, sondern acht Jahreszeiten und ergänzt die bekannten mit der jeweiligen Vor-Saison, die die Landschaft einzigartig prägen. Die Winterluft ist klar und das Licht außergewöhnlich. Im Vergleich zu etwa Berlin fehlen Ende Januar nur zwei Stunden Tageslicht zwischen Sonnenauf- und untergang. Weil aber die Landschaft vor lauter Schnee und Eis hell glänzt, wird das Sonnenlicht stark reflektiert und die Dämmerung währt lange. Alle natürlichen Farben erscheinen hier und jetzt intensiver. Während die Dämmerung gelb und rot glimmt, bevor die Sonne versinkt und der Himmel sich in eine dunkelblaue Decke mit silbernen Sternen verwandelt, wirft der Vollmond große, schwarze Schatten, und wenn in klaren Nächten das Nordlicht in grün, blau und rot am Himmel tanzt, färbt der Sonnenaufgang die Welt rosa und hellblau. Aber das besondere Licht ist nicht das einzige, was der äußerste Norden Schwedens, dem am dünnsten besiedelten Gebiet Europa zu bieten hat.

Rund um die drei Kommunen Arjeplog, Arvidsjaur und Jokkmokk verzaubern die winterlichen Verhältnisse nicht nur Touristen; die Autoindustrie hat die Vorzüge Lapplands schon vor vielen Jahren entdeckt, prüft auf den zugefrorenen Seen ihre Fahrzeuge unter Extrembedingungen auf Herz und Nieren und fährt mit ihren Erlkönigen Probe. Oft sind Teststrecken hermetisch abgeschirmt, um neugierige Blicke der Medien und Mitbewerber abzuwenden und mitunter begegnen auf den Straßen Wagen mit aufwendig verklebten Karossen, wenn Ingenieure das Auto der Zukunft erproben. Hier genau findet der berühmte Elchtest statt. Wer möchte, ist eingeladen, am Fahrsicherheitstraining auf dem blank polierten Eis teilzunehmen.

Völlig neue Fahrgefühle und einen begeisternden Winterspaß schaffen Ausflüge auf den exotischsten Fortbewegungsmitteln: nach Anlegen der komplette Ausrüstung aus Thermo-Overall, Helm, Handschuhen und warmen Stiefeln und einer kurzen Einweisung wird die eindrucksvolle Weite der winterlichen Traumlandschaft, der letzten Wildnis Europas, „erfahren“ auf entweder von sog. „Mushers“ geführten Hundeschlitten, auf dem Rentierschlitten der Samen oder einem modernen, motorisierten, auch Skidoo genannten Schneeskooter. Über zugefrorene Seen und durch lichten Nadelwald gehen die Touren. Meter hoch liegt die weiße Pracht; hier muss jeder seinen eigenen Pfad suchen, schließlich reichen die „weißen Straßen“ in alle Himmelsrichtungen. Wer nur auf sich selbst setzen will, mag sich ein paar Langlaufskier unter schnallen, schiebt sich, hinten auf den Kufen stehend mit eigenem Tritt auf dem sog. Kicksledge über das Eis oder erwandert mit angelegten Schneeschuhen den tiefen Schnee. Egal, welches Fortbewegungsmittel man wählt, immer wird es zu einem gesunden Abenteuer in den wilden Landschaften mit ihren traumhaften Winterbildern durch teilweise unberührten Schnee führen – nur hier und da Spuren von Auerhahn, Birk- und Schneehuhn oder Schneehasen und Vielfraß, und mit etwas Glück von Bären, Wölfen, Luchsen und Polarfüchsen.

Es ist ein Land voller wunderbarer Stille, und selbst bei den Hundeschlittenfahrten ist nur das Rauschen des Windes zwischen den Bäumen und das Knirschen des Schnees unter den Kufen zu hören, während die Huskies vorneweg heulen. Ruhige Naturen schlagen mitten im Schnee einen orangefarbenen Golfball ab und genießen Arvidjaurs einzigartigen Wintergolfplatz zwischen zwei Seen, umgeben von Wald, oder entdecken ihr Faible für das Eisfischen auf einem der 200.000 Seen, die auf Grund großer Fischgründe mit Lachsforellen, Saiblingen, Großäschen, Renken, Barschen und Hechten ein beliebtes Angler-Eldorado darstellen. Tief schraubt sich der Bohrer durch den zugefrorenen, meterdicken Eispanzer in die unteren Wasserschichten, und schlaff wartet die Angel auf den Moment, der einen fiebern lässt: wenn der Fisch beißt. So entstehen die Geschichten, die man sich am Lagerfeuer erzählt, während sich der Spieß mit dem delikaten Fischen dreht und einen unübertroffenen Genuss prophezeit.

Lappländische Gerichte sind zeitweise etwas rustikal, wie Rentier-Eintopf in einer cremigen Soße oder kommen federleicht und elegant herüber wie holzfeuergegrillter Weißfisch auf Knäckebrot mit Mandelkartoffeln, geschmolzener Butter und Dill. Menüs folgen der Saison, verwenden authentische Zutaten und werden inspiriert von dem, was Wald und Fluss jeweils hergeben: Elch oder Wildgeflügel, Grayling oder Lachsforelle. Das Nationalgericht Lapplands ist „Palt“ und bei Groß und Klein beliebt. Jede Hausfrau hat eine eigene Rezeptur und Art der Zubereitung. Im Grunde wird ein Teig aus roh geriebenen Kartoffeln, Mehl und Salz zu runden Klößen geformt und mit leicht gesalzenem Speck gefüllt. Die Klöße werden in Wasser gekocht und mit Preiselbeeren und Butter serviert. Als Dessert gibt es süße, goldorangene Schellbeeren, die nur in den abgelegenen Sümpfen wachsen oder arktische Himbeeren, eine oft bei Nobelpreis-Dinnern kredenzte Frucht.

In Lappland existiert eine Kultur besonderer Art, die der Sami mit eigener Sprache, Tradition, Flagge und Nationalhymne. Diese gelten als letztes nomadisches Volk Europas. Früher folgten die Sami ihren Rentierherden und lebten in Lappenzelten, einfachen aber praktischen Unterkünften. Heute wohnen sie in Städten und Dörfern, doch viele folgen immer noch den Renen auf ihrer langen Wanderung zwischen Wäldern und Fjäll. Die samischen Traditionen werden sorgfältig gepflegt, und viele Sami präsentieren stolz ihre Kultur. Hierzu gehören die farbenfrohen Kittel, die heute vor allem als Festkleidung getragen werden.

Etwa 15 waldsamische Familien ernähren sich in Arvidsjaur noch traditionsgemäß von der Rentierzucht. Im Zentrum liegt die berühmte „Lappstaden“ aus dem 17. Jahrhundert, Schwedens ältestes erhalten gebliebenes Kirchdorf mit 80 „kí¥tor“ (Samenhäuser). Der samische Name Arvidsjaur bedeutet so viel wie „Der freigiebige See“. Hier haben sich die im Wald lebenden Samen bereits seit Urzeiten von den Schätzen der Natur ernährt und in der Nähe der Weideflächen ihrer Rentiere gelebt. „Gemeinsam mit der Natur“ ist der Tenor der Samenideologie. Ihr Volk hat über Jahrhunderte hinweg die Sprache der Jahreszeiten zu deuten gelernt. Zugänglichkeit, Licht und Temperatur in Wald und Gebirge spielen dabei eine wichtige Rolle. Diese Lebenskunst formte eine Sprache reich an Expressionen, um etwa Natur und Wetter zu beschreiben. Mehr als 300 Sami-Ausdrücke existieren etwa für die Wörter Schnee und Eis. In Bí¥tsuoj wartet die Samin Lotta Svensson. Der Rauch vom Lagerfeuer in der Mitte der hölzernen Kí¥ta steigt durch ein Loch im Dach in den sternenklaren Himmel. Trotz knackiger Minusgrade draußen sitzt es sich warm auf den Rentierfellen in der Hütte und die Besucher lauschen Lottas Erzählungen aus dem Leben der Samen. In der samischen Religion = Mythologie gab es schon immer mächtige Götter, welche auf verschiedene Weisen die für die Sami wichtigen Kräfte der Natur bestimmen. Vor langer Zeit war der Schamane der spirituelle Leiter der Sami. Zum verzaubernden Rhythmus der Schamanen-Trommel reiste er in Trance durch Zeit und Raum. Und diese magische Macht kann noch immer erfahren werden, wenn der richtige Rhythmus gefunden wird ”¦Singend schlägt Lotta die Instrumente, bevor sie ein typisches Sami-Mahl anbietet: Rentiergeschnetzeltes heißt hier „Suovas“, dazu gibt es kleine, schmackhafte Kartoffeln. Authentisch wird die samische Kultur vermittelt, nichts wirkt aufgesetzt. Ein magisches und unvergessliches Erlebnis.

„Duodji“ – die handwerklichen Erzeugnisse der Sami – stellen neben der Rentierzucht eine wichtige Erwerbsquelle dar. Birkenborke und Holz, Zinn und Silber, Rentierhorn- und felle sind die Materialien, aus denen die exklusiven Sami-Unikate wie seit Jahrhunderten in meist schlichten, weichen Formen und kunstvoll verziert hergestellt werden. Erfahrungen wurden über Generationen weiter gegeben und das Ergebnis ist ein modernes, mit der Vergangenheit verwurzeltes Design. Schön zu wissen, dass es wenigstens einen Platz auf der Welt gibt, wo die Souvenirs noch per Hand gefertigt werden.

Nach einem Tag voller Aktivitäten in der winterlichen Landschaft ist am Abend eine heiße Sauna das Ziel, die nach lappländischer Sitte kräftig nach frisch gebackenem Brot duftet, wenn etwas Dunkelbier auf die heißen Steine gegossen wird. Nach einer Weile in der 100-Grad-Hitze ist ein Sprung in das Eiswasser wirklich erfrischend. „Denk positiv“, schließlich ist das Wasser 20 °C wärmer als die Luft! Danach lockt ein Bad im mit Holz befeuerten Badezuber draußen im Schnee mit Blick auf den Sternenhimmel, der in der unglaublicher Dunkelheit einmal mehr zeigt, wie viele Sterne wirklich am Himmel stehen, und mit etwas Glück zeigt das magische Nordlicht ein phantastisches Farbenspiel am Firmament.

Das Polarlicht gibt keine Vorstellung zwei Mal, erscheint aber häufig als ein wellenförmiger, breiter Bogen über dem nächtlichen Himmel. Im 13. Jahrhundert nahm man an, dass diese Kapriole der Natur hervorgerufen wird von der Masse an Eis und Schnee, die anfing zu leuchten. Heute kennt man die Sonne und ihre Winde als Energiequelle des Nordlichts. Aber auch, wenn der poetische Ansatz sich nicht verifizieren ließ, bleibt das Phänomen selbst heute so ursprünglich wie überirdisch wie zu aller Zeit.

Reise-Informationen

Allgemeine Informationen: VisitSweden, Stortorget 3, S-831 30 Östersund, Schweden, Tel. 069 / 22 22 34 96, Fax. 0046-63 128 137, eMail: germany@visitsweden.com, Web: www.visitsweden.com
Infos über Arvidsjaur: Arvidsjaurs Turistbyrí¥, Östra Skolgatan 18c, S-93331 Arvidsjaur, Telefon 0046 960 175 00, Fax 0046 960 136 87, eMail: arvidsjaurlappland@arvidsjaur.se, Web: www.arvidsjaurlappland.se

Anreise: FlyCar fliegt bis zum 26.03.2010 (bei ausreichender Nachfrage auch bis zum 01.04.2010) (bei Nonstopflügen) in 2 ½ Stunden montags und freitags (ab 10.02.2010 auch mittwochs) von Hannover, Frankfurt-Hahn, München und Stuttgart mit renommierten Fluggesellschaften (etwa TUIfly
Laudaair, Hamburg International, Air Berlin und XL Airways) nach Arvidsjaur. Preise NUR-Flug ab allen vier Flughäfen als Wochenendtarif (freitags bis montags) ab € 499 incl. aller Steuern und Gebühren. Buchungen unter Telefon: 06543 / 509161/2, Mobil: 0171 / 1798450, Fax: 06543 / 509127, E-Mail: Stefan-Rues@Fly-Car.de, Manuela-Bowen@Fly-car.de, Web: www.fly-car.de

Pauschalarrangements z. B.: „Arvidsjaur – Das lebendige Lappland“ oder „Stippvisite Polarkreis und Eishotel“: 4-Tages-Sonderreisen inkl. Charter-Flug, 3-Sterne-Hotel, Reiseleitung, kompletter Winter-Ausrüstung (Thermo-Overall, Handschuhe, Boots & Mütze) und vielen Extras ab € 658 bzw. € 698 pro Person im Doppelzimmer/ Übernachtung/Frühstück bzw. Halbpension bei Schwedenpur, eine Marke der Kultour & Natour Touristik GmbH, Hamburger Str. 1, 41540 Dormagen , Tel. 02133 – 26 80-0, Fax 26 80-12, eMail: info@kultour-natour.de, Web: www.schweden-pur.de

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