Berlin, Deutschland (Weltexpress). Bei Linken und solchen, die sich dafür halten, schlug die zuerst vom Redaktionsnetzwerk RND veröffentlichte Nachricht, dass Sahra Wagenknecht im kommenden Herbst nicht mehr für das Amt der Vorsitzenden der Linksfraktion im Deutschen Bundestag kandidieren werde, ein wie eine Bombe.
Selbst ihre engsten Verbündeten und Vertrauten in der Fraktion, darunter Genossinnen wie Sevim Dagdelen und Heike Hänsel, aber auch Genossen wie Fabio De Masi, dürften vor der Verkündung der Entscheidung nichts gewusst oder geahnt haben.
Selbst Dietmar Bartsch, der derzeit mit Wagenknecht die Fraktion führt, sollte völlig überrascht gewesen sein. Und das bedeutet, dass auch dessen Hausmacht, das ist das Forum demokratischer Sozialismus (FdS), in dem Leute wie Stefan Liebich Strippen ziehen, nicht eingeweiht war. Denen geht es wie den Mitstreitern der „Mittelerde“. Mittelerde? Beobachter meinen, dass diese inoffizielle Gruppe namens „Mittelerde“ mit den „Netzwerkern“ von der SPD vergleichbar wäre, es sich also vor allem um Mitglieder und Mandatsträger handelt, denen es nach Posten und Penunzen gelüstet.
Unter „Mittelerde“ verstehen Eingeweihte und solche, die es gerne wären, ein Sammelsurium von Leuten, die weder Bartsch noch Wagenknecht folgen und also zwischen den Stühlen sitzen beziehungsweise in „Mittelerde“ hausen wie Banausen beziehungsweise in einem Sumpf stecken, aus dem sie nicht mehr rauskommen, und zwar weder in die eine noch in die andere Richtung.
Aus diesem Morast auch für die Moral ragen einzelne Persönlichkeiten wie der Biologe Jan van Aken, gebürtig aus Reinbek bei Hamburg, der von 2009 bis 2017 für Die Linke im Bundestag saß, heraus wie Phönix aus der Asche, aber das war`s dann schon.
Zurück zu Bartsch und Wagenknecht, die für das „Hufeisen“ standen. Die Mittelerdler hielten sich zumindest Bartsch gegenüber scheinbar neutral, während die Parteiführer Katja Kipping und Bernd Riexinger auf diese und vor allem auf Wagenknecht Galle spuckten und ihre Schwadronen Giftpfeile schossen. Kipping schwor dabei auf ihre unter „Emanzipatorische Linke“ (EmaLi) firmierende Streitmacht, die abgekürzt wie Email klingt und auch nicht viel mehr als das kann: Emails schreiben.
Das Mobbing mittels Emails und anderen Arten gemeinen Geschreibsels – vom Gerede ganz zu schweigen – dieser Parteiführung über Monate und Jahre hat sich scheinbar gelohnt. Die Krimsekt-Korken knallen. Kipping oder einer ihrer Gefolgsleute könnte sich aufmachen, den Posten von Wagenknecht zu übernehmen, denn weder Hänsel noch Dagdelen sind erfolgreiche Strippenzieherinnen oder allseits besonders beliebt. Für die Führung einer Fraktion fehlen ihnen geeignete Eigenschaften, mit denen auch Wagenknecht nicht reich gesegnet wurde.
In der Partei Die Linke existieren derzeit mehr oder weniger drei Strömungen, wie manche Menschen in Medien meinen und wohl auch in der Partei selbst, die in die Fraktion einfließen würden. Neben EmaLi und FdS ist das die „Sozialistische Linke“ (SL). Doch die SL, die einst hinter Wagenknecht stand, wurde von EmaLi nahe stehenden Leuten und Linksruckis, darunter Post-Trotzkisten von Marx21, gekapert. Längst wird die SL mehr oder weniger von diesen Typen, auch wenn
De Masi dort mitmischt, geführt und das auf eine perfide Weise, nämlich um die SL als Einflussfaktor auszuschalten, aber ihre Ressourcen zu nutzen. Mit anderen Worten: zwei Strömungen sind die alles entscheidenden, alles andere sind Rinnsale.
Wenn Marx21 beziehungsweise Linksruck und EmaLi alias Mittelerde durchaus verschiedene Positionen hegen und pflegen, dann eint dieser gewaltige und vereinter Strom an Niedertracht, Klüngel und Korruption ihr buchstäblicher Hass auf Wagenknecht. Da kann selbst die „Antikapitalistische Linke“ (AKL) keinen Damm dagegen aufrichten und diejenigen, die sich dieser Gruppe zugehörig fühlen, wollen das wohl auch nicht mehr. Zwar war die AKL einst Wagenknechts Hausmacht, doch ihre engsten Vertrauten und Verbündeten haben diesen sektiererischen Haufen längst verlassen.
Die Zeiten, in denen FdS den rechten und AKL den linken Flügel bildeten und beide sich auf eine Doppelspitze einigen konnte, wie gesagt: Bartsch für das FdS und Wagenknecht für die AKL, sind vorbei. Wagenknecht weiß das. Sie weiß auch, dass FdS und AKL den teils persönlichen Hass auf die Vorzeigefrau der Linken deutscher Zunge schon lange nicht mehr kitten sowie Schilde gegen die Giftpfeile von Kipping und Riexinger hochhalten können.
Diese Linke mit Bartsch und Wagenknecht an der Spitze, die noch politische Positionen der Vernunft hochhielten, auch wenn sie oft unterschiedlich waren, und sich gegen die Parteiführer behaupteten, ist am Ende. Sie ist so tot, wie es die Kommunistische Plattform oder das Marxistische Forum seit ihrem Bestehen im Grunde genommen waren. Beide Bestandteile der Linkspartei waren Totgeburten, sie ähneln konservierten Körper, Flüssigpräparaten hinter Glas. Wagenknecht scheint die Reißleine gezogen zu haben, um nicht im Leichenschauhaus der Linken zu enden.
Diejenigen, die bei politischen Kampfbegriffen wie „Offene Grenzen“ und „Mehr Migration“ einen Orgasmus bekommen, bewegen sich weiter im Marsch in den Arsch Merkel-Deutschlands. Und sie nennen sich „Bewegungsorientierte Linke“ (BeLi).
Die BeLi bezog ihre Berechtigung daraus, dass sie ein Bündnis war, das sich gegen die von Wagenknecht und Oskar Lafontaine initiierte Bewegung Aufstehen und also gegen diejenigen gründete, die Grenzen nicht für etwas garstiges, Migranten nicht per se als Glücksbringer und ansonsten Ebbe auf dem Konto sehen.
Zur BeLi zählen Typen wie Tobias Pflüger, Niema Movassat und Sabine Leidig, sie war von 2002 bis 2009 Geschäftsführerin von Attac Deutschland und damit Teil der Larifari-Gegengründung zu Raisons d’Agir, die mit vielen anderen Wegelagerern des Revisionismus, nichts Falsches darin sahen, Wagenknecht und anderen bei Aufstehen das Leben so richtig schwer zu machen. Das ist ihnen geglückt. Wagenknecht will und kann nicht mehr. Deswegen wird sie nicht auf Ironie und Geduld setzen. Sie, die Einzelkämpferin, war nie Mannschaftsspielerin, aber Parteisoldatin im Offiziersrang und wird es in den hinteren Reihen bleiben.
Damit dürfte jedoch die Linkspartei im Allgemeinen und die Linksfraktion im Besonderen sturmreif geschossen worden sein. Diese Linke, die nur das soziale Netz des politischen Systems eines Staates des Kapitals zusammenhält wie Fische, die frisch aus dem Meer gezogen wurden, wird reif für eine Koalition mit SPD und Grünen sein, aber nicht zu den Bedingungen von Lafontaine und Wagenknecht.
Wer aber braucht eine zweite SPD, die völkerrechtswidrige Kriege wie gegen die Bundesrepublik Jugoslawien führt oder mit Agenda 2010 und Lohndrückern aus dem Ausland Kriege gegen das eigene Volk?