Rom dreimal anders – Geführte Touren der besonderen Art

© Foto: Eva-Maria Koch
Zuerst die Dolce Vita Luxusvariante
In Rom auf dem Flughafen Leonardo da Vinci in Fiumicino gelandet, folgt erst einmal ein stilvoller Dolce-Vita Luxus Empfang: Michele Giardino, eleganter römischer Fahrer empfängt uns mit freundlichem, herzlichem Lächeln. Sanft gleiten wir die Autostrada in Richtung Rom in einer schwarzen Mercedes-Limousine und Michele beginnt seine private Führung – für 25 Euro die Stunde! Er fährt uns direkt auf Wegen, die normalen Autofahrern verboten sind, direkt zum Colosseum zum kurzen Fotostop. Weiter geht die Fahrt bei strahlend blauem Himmel und 23 ° Celsius durch das antike Rom, vorbei an den antiken Foren wie Foto Traiano, Foro Augusto, Foro Cesare und di Nerva zum imposanten blitzweißen Vittoriano-Museum, dem der italienischen Staatsgründung gewidmeten Monument aus Marmor. Entspannt fahren wir weiter das geordnete Chaos des römischen Straßenverkehrs, vorbei am Palazzo Venezia, wo einst Diktator Mussolini teuflisch lächelnd vom Balkon grüßte – heute ist es ein wichtiges Museum. Auch werden wir am Palast von Berlusconi vorbeigefahren – wie, der ist nicht tot? Mitnichten – residiert er doch in einem „Palazzo Prozzo“ direkt im Regierungsviertel – bewacht von Soldaten und wartet anscheinend auf die Gunst der Stunde zum Revival. Ja, man sieht viel Militär zur Zeit in Rom – in Anbetracht der aktuellen Terrorwarnungen auch ein beruhigendes Gefühl. Auch die Carabinieri laufen mit schusssicheren Westen und Pistolen bewaffnet herum.

© Foto: Eva-Maria KochDie Architektur der terrakottafarbenen typischen römischen Stadt-Häuser mit ihren Erkern, Verzierungen umsäumt von Pinie Marittime (typische mediterrane Pinienart) ruft beim Kollegen Entzückenslaute hervor. Michele kutschiert uns durchs historische Zentrum und die elegante Einkaufsstraße Via del Corso. Überall werden wir umzingelt und überholt von Motorrädern, dem einzig vernünftigen Fortbewegungsmittel für berufstätige Römer. Fahrräder fallen eher unter die Rubrik Harakiri, da es keine Fahrradwege gibt – also ein „Himmelfahrtskommando“! Die U-Bahn ist im Ausbau begriffen, aber schwierig, da Rom wie eine „archäologische Lasagne“ ist, wie Fremdenführerin Gio uns später erklärt, in allen Schichten historische Schätze pur! Michele fährt uns zum Pantheon, parkt verboten, wie es Römer so tun und zeigt uns kurz – neben den Kunstschätzen – das architektonisch geplante Loch in der Kuppel, wo niemals Regen nach unten fällt, weil die thermodynamische Planung dies nicht zulässt: phantastisch! Michele ist ein Goldstück – nein, wir gehen nicht zu Fuß durch das Menschengewühle, sondern selbst durch die kleinsten Gässchen geht es mit dem schwarzen Mercedes – Richard und ich werden angeschaut wie VIP’s – wir hätten noch huldvoll winken müssen, sagt uns hinterher jemand scherzhaft! Wir werfen Münzen in die Fontana di Trevi mit Wiederkehrswunsch– sie ist wiedererstrahlt in blitzblankem Weiss nach dreimonatiger Renovierungsarbeit und erst kürzlich wieder eröffnet. Michele parkt selbstverständlich verkehrswidrig, aber auch der Carabinieri scheint dem VIP-Flair erlegen zu sein und bleibt friedlich: what a feeling! Wenn man nicht viel Zeit hat, in Rom die wesentlichen Highlights zu sehen eine wirklich stressfreie, tolle Variante! Auch auf einen der 7 Hügel Roms, Pincio, wo ein ägyptischer Obelisk in einem wunderschönen Park gelegen ist. Ein Panoramaplateau gewährt einen einzigartigen Blick auf Rom. „Hier ist noch ein 3-Sterne-Restaurant mit 7 goldenen Gabeln.“ weist Michele auf eine Patriziervilla. Die Preise sind erstaunlich „moderat“ – keine 1000 Euro pro Menu inclusive Panoramablick! Wir fühlen uns langsam wirklich wie die VIP’s und landen sanft im ruhigen Business-Hotel am Hauptbahnhof Trastevere.

Die Gespenster-Tour – Das dunkle Herz Roms
© Foto: Eva-Maria KochJetzt geht’s ans Eingemachte und ist nichts für zarte Gemüter – Guida Gio weist uns ein in das finstere Mittelalter Roms, wo ein Menschenleben noch mehr als heute von Vitamin B abhing, sonst drohte Tod und Verderben. Gio macht auch Führungen im Vatikan, dort wird sie aber niemandem erzählen von dem Wissenschaftler Bruno, verbrannt bei lebendigem Leib auf dem Campo de Fiori (Blumenfeld) – seine Statue dort ist Zeugnis. Um Wissenschaftler sein zu können, musste er Geistlicher werden. Er war so frei, zu sagen, dass es mehrere Universen gibt und dass Maria keine Jungfrau gewesen sein könne, dass Jesus nicht der Sohn Gottes war – das bezahlte er mit grausamen Foltern und Qualen, raunt Gio und der Platz, tagsüber fröhlicher Markplatz, wirkt auf einmal gruselig. Tja, das ist erst der Anfang: an der Villa Farnese erzählt sie uns grausame-gruselige, unmenschliche Geschichten von Päpsten, Günstlingen, Emporkömmlingen, Kinderschändern in Papstgunst, an der Engelsburg berichtet sie von Vierteilung mittels Pferden von Unschuldigen, an der Tiber-Brücke Ponte Sisto von Olympia, eine Frau, die eine unglaubliche, dubiose Karriere machte: reich und unglücklich als junge Frau an einen alten Mann verheiratet, nutzt sie nach dessen Tod das Geld, um einen jungen Mann mit Namen zu heiraten. Mit dessen Bruder beginnt sie eine Affaire, dieser wird Papst, sie übernimmt das Ruder. Vorher oder nachher war sie noch DIE Bordellbetreiberin von Rom – eine richige Malefiz! Sie war verhasst und geldgierig.Nachdem der Papst verstarb, schloss sie sich mit dem Leichnam ein und nutzte die Zeit, um alle Reichtümer aus dem Papstpalast zu tragen – es blieb kein Geld für seine standesgemässe Beerdigung übrig. Sie soll als Geist auf der Ponte Sesto erscheinen – um Mitternacht, versteht sie, so wie Bruno auch. Gio ist aufrichtig erschüttert, wenn sie davon berichtet und hat wirklich Angst. In Rot soll sie gesehen worden sein. Sie hat noch mehr dieser finsteren Geschichten des dunklen Herzens Roms und führt uns zum Haus der ehemännermordenden Toffana. Zu viele junge Frauen wurden mit 16, 17 oder noch früher an alte Männer verheiratet, die sie nicht liebten und zu gerne loswurden. Mit dem Aqua Toffana konnte man sowohl seine Haut aufhellen, als auch mit ein paar Tropfen in die Suppe binnen zwei Wochen den unliebsamen Ehemann loswerden. Nach 2000 Toten flog sie jedoch auf, wurde – wie üblich – grausam gefoltert und getötet und geistert in ihrer ehemaligen Dachgeschosswohnung herum, von außen erkennbar an nach außen flatternden weinroten Vorhängen. Grusel, grusel, grusel. 
Ein wenig Einschlafschwierigkeiten entstanden durch diese Stories schon, trotz phantastischem, authentisch-kreativem Essen und erstklassigem Bio-Rotwein bei „Benito“ beim jüdischen Viertel.

Mit dem Fiat500 Kult-Auto selbst fahren – wie ein Römer

© Foto: Eva-Maria KochNach dem Frühstück auf der Dachterrasse mit Blick über Rom geht’s 500-Experience, zum gebürtigen Venezianer Alvise di Giulio und seinen Kult-Fiat 500 – ja, die Wirtschaftswunderjahre – „Ostereier“.
„Ihr müsst Körpereinsatz bringen wie die Römer und mit dem Arm aus dem Fenster winken, wenn Ihr abbiegen wollt!“ Per Walkie-Talkie gibt er uns Kommandos und Sightseeing zugleich während der Fahrt. Wir fahren Aufsehen erregend in Kolonne im rosa „Sophia Loren“-, dem gelben „Marcello Mastroianni“- und dem roten „Trastevere“-Modell zu den riesigen Termi di Caracalla, gut erhaltenen Ruinen einer der größten Themenanlagen des antiken Roms. „Das Lenkrad ist ein Museumsstück.“, freut sich Kollegin Mareen. Ja und auch die Bremsen würden nicht unbedingt beim deutschen TÜV durchgehen, aber da wir sehr langsam und in verkehrsarmen Straßen fahren, kann man das Schiebedach-Feeling in Rom voll genießen: immer auf die Bandscheiben! Beim Kardinals-Palazzo Joannes Baptista Rezzonico gibt es noch einen Sightseeing-Stop mit Fotoshooting. Wir haben die nur anderthalbstündige Tour gewählt – es kann jedoch auch drei Stunden durch Rom gehen – mit Alvises Sightseeing-Erklärungen via Walkie-Talkie. Spaß hat es gemacht und einem ein authentisch-römisches Lebensgefühl vermittelt – mittendrin.

Rom geht durch den Magen – Insidertipps von Francesca

Nachdem wir so viel Gruselgeschichten rund um den Campo de Fiori gehört haben, sieht die Geschichte bei Tages- und Sonnenlicht doch recht freundlich aus! Ein lebhaftiges, authentisches Slow-Food Markttreiben findet täglich bis um zwei Uhr nachmittags hier statt und weicht dann dem Restaurantleben. Francesca erklärt uns in perfektem Deutsch die Produkte, die nur in und rund um Rom/Latium angebaut werden und führt uns von Stand zu Stand. Blumen gibt es selbstverständlich auch hier – wie jedoch transportiert frau ein Prachtstück von 1 m langer Bougainvillea-Staude im Flieger nach Berlin? Klappt nicht! „Die römischen Paprika sind mehrfarbig.“ – Francesca zeigt uns alles: Pepperoncini, riesige Zedernfrüchte, Tomaten in allen Formen und Varianten, Zucchini mit Blüten, Artischocken, Riesenauberginen, Erdbeeren aus Terracina. An einem Stand sitzt ein fleißiger junger Mann, der uns allen zeigt, wie man Artischocken schält – hätten Sie’s gewußt? An einem anderen Stand gibt’s frisch gepressten Granatapfelsaft bevor wir den Feinkostladen Ruggeri am Platz betreten.

Delikatessen-Ruggeri am Campo de Fiori

© Foto: Eva-Maria KochItalienische Delikatessen ohne Ende im Traditions-Familienbetrieb Ruggeri! Frische, butterzarte, saftige Mozarella di Buffala (Büffelmozarella) – einmal gekostet – nie mehr im deutschen Supermarkt kaufen! „Im Kühlschrank verliert die Mozarella Saft und wird gummiartig.“ erklärt uns Francesca. Pecorino Romano, ein würziger Schafskäse, Salami romano – man könnte sich stundenlang durch die Delikatessen durchprobieren – Ruggeri hat alles – zu moderatem Preis. Es ist ein typisches Geschäft für die Römer.

„Forno“ al Campo de` Fiori

Vorbei an dem Laden, wo es gebratenen Stockfisch zu 3,50 € auf die Hand gibt, geht’s durch das bunte Leben der römischen Altstadtgässchen zum stark – nur von Römern – frequentierten „Forno“ Campo de Fiori, ein wirklicher Insider-Geheimtipp. Forno heißt der Ofen. Nicht nur, dass in dem Bäckerladen einfach alles gebacken wird, was es an römisch-italienischen Delikatessen-Backwaren so gibt – im Minutentakt wird frisch gebackene Pizza in Streifen auf den Ladentisch gelegt, zum Mitnehmen oder dort essen. Ganz nach Maß-Wunsch wird ein Stück abgeschnitten. Spezialiät ist die Pizza bianca, die lediglich mit Salz und Öl gegessen wird oder auch mit Mortadella belegt. Pizza nur mit Tomatensauce oder gleich als Margherita – alles in Streifen geschnitten.

Kulinarik im Jüdischen Viertel 

Francesca führt uns ins jüdische Viertel – heute, nach den bestialischen Dingen, die Juden im Laufe der Jahrtausende angetan wurden, gehört das Viertel zu den teuersten Roms. „Eine Dachmansarde kostet hier locker eine Millionen Euro.“ verrät uns Francesca die „Schnäppchenpreise“. Die Geschichte der römischen Juden, die sie erzählt, jedoch, ist grausam. Sie führt uns an den Schildkrötenbrunnen, den der damalige Papst aus dem Ghetto heraus verlegen ließ, damit sie zum Wasserschöpfen immer das Ghetto verlassen mussten. Von Schikanen ohne Ende berichtet sie zur Mittelalterzeit, gefolgt vom Holocaust, dem Massenmord, dem auch Millionen römische Juden zum Opfer fielen. Sie führt uns zu einem unscheinbaren, fast schäbig wirkenden, sehr preiswerten Pizzaladen direkt vor dem jüdischen Gymnasium (10 Euro das Menu). Unter den Sonnenschirmen vor der Pizzeria nehmen wir Platz und lassen uns Suppli, die besondere Spezialität Roms (gebratene Reiskugeln) und kross frittierte Artischocken auf Plastiktellern kredenzen mit einem kühlen Weisswein in Plastikbechern. Es ist nicht Gourmet, aber lecker! Vor uns laufen bewaffnete Carabinieri und Soldaten Patrouille – ist klar, dass wir hier an einem besonders von Terror bedrohten Ort mampfen! Der Bissen blieb aber Gott-sei-Dank nicht im Halse stecken because of worst events! Koschere Restaurants gibt es selbstverständlich auch eins neben dem anderen.

Gelateria Punto Gelato – römische Eiscreme

© Foto: Eva-Maria KochWas wäre ein Italienbesuch ohne Gelato-Genuss im Land der besten Eiscreme! Wo in Rom die beste Gelateria ist, streiten sich sicherlich die Experten. Meint Michele, dass das beste Eis am Fontana di Trevi zu haben ist, erklärt Francesca den „Punto di Gelato“ in der Via dei Pettinari, 43 zum Mittelpunkt der Gelato-Erde. In der Tat zeugt diese Gelateria von hoher Qualität! Die Eissorten sind getrennt und optisch angenehm in Eis mit Eiern und Milch, nur mit Milch und nur mit Früchten getrennt. Zabaglione-Eis (Weinschaumcreme), Ananas mit Chili, Pistazieneis – hochwertige Sorten überzeugen selbst Nicht-Eis-Fans! In der Gelateria werden auch Kurse zum Selbst-Eisherstellen gegeben!
Mit einem Eis in der Hand endet unser Kurztrip nach Rom. Papst Johannes der Zweite grüßt noch als Skulptur im Flughafen Leonardo da Vinci als Ersatz für Franziskus dem Ersten, der auf der griechischen Insel Lesbos auf die unhaltbaren Zustände der Inkasernierung der Kriegsflüchtlinge aufmerksam machen will. Das nächste Mal kommen wir zu Dir, Franziskus, zu einer Führung zur mittwöchlichen Audienz auf dem Petersplatz oder in die vatikanischen Gärten. Ich freu` mich jetzt schon – nie mehr allein als Touristin in Rom! Grazie a tutti e arrvederci!

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