Ritueller sexueller Missbrauch – Das verkannte, verheimlichte und verleugnete Problem

Eine junge Frau war in der frühen Kindheit so programmiert worden, dass sie sich Männern auch weiterhin zur Sexualität anbot, gleichzeitig aber auch programmiert, falls sie sich erinnere, kämen die Dämonen und sie müsse Suizid begehen. Ihre Großeltern gehörten okkult-satanischen gehobenen (Millionärs)Kreisen an. Sie nahmen sie in auserwählte Hotels an bekannten Orten mit, benutzten aber auch die häusliche Bibliothek. Als Zeichen der Unschuld trug sie ein weißes Kleid, einen Haarkranz, Kettchen, und nach Zimt duftende Schuhe. Eine Ansammlung von Steinen hatte eine mystische Bedeutung.

Die Eltern waren geschieden, der Vater durch Drogensuizid gestorben, aber die Großeltern väterlicherseits kümmerten sich um das Mädchen in ihrer Weise. Die Mutter hatte neu geheiratet. Allgemein war der sexuelle Missbrauch in der Familie verbreitet, alle Großeltern hatten ihre Söhne und Töchter missbraucht. Die Programmierung der Tochter war so stark, dass es der Mutter, einer nebenberuflich Prostituierten, peinlich war, wie die Tochter die Männer anmachte, weil sie glaubte, dass das Kind ihr die Männer zuführen wolle.

Exkurs über den Satanismus

In ritualisierter Form findet der sexuelle Missbrauch vor allem in satanischen Sekten statt. Ich zitiere aus einem Artikel über ritueller Missbrauch im Satanismus von Uta Bange:

Unter rituellen Missbrauchs werden Formen sexueller, physischer und psychischer Übergriffe auf Kinder und jüngere Jugendliche, die mit wiederkehrenden Symboliken, gleichförmigen Handlungen und kultisch-rituellen Vollzügen einhergehen.

Die in der Regel von Frauen geschilderten Erlebnisse, wie sie im Sekten-Info Essen e.V. berichtet werden und auch in der Literatur beschrieben sind (z.B. Huber, 2004), ähneln einander:

Die Opfer sind in einer satanistischen Sekte aufgewachsen, deren Mitglieder häufig aus der eigenen Familie und Freunden der Familie bestehen.

In Kirchen oder an besonderen magischen Plätzen werden z.B. an satanistischen Festtagen magische Rituale gefeiert.

Es treten Satanspriester auf, die häufig als "Kapuzenmänner" verkleidet sind.
Während der okkult-satanistischen Rituale werden die Opfer zu sexuellen Handlungen gezwungen.

Kinder werden gezwungen, bei der Verstümmelung von Tieren anwesend zu sein oder aktiv daran teilzunehmen, menschliches Fleisch zu essen oder Urin, Samen und Blut zu trinken.

Die Satanssekten sind hierarchisch organisiert. In den höheren Ebenen befinden sich häufig Staatsanwälte, Ärzte, Priester, Industrielle, hohe Polizeibeamte, die gut (auch international) vernetzt sind.

Es werden Babys, Kinder und Erwachsene geopfert.

Durch Konditionierungsprozesse, die so genannten Programmierungen, werden Kinder gefügig gemacht. Dabei werden bewusstseinserweiternde Drogen und Hypnose eingesetzt.

Die Programme führen auch im Erwachsenenalter dazu, sich z.B. auf eine bestimmte Melodie hin, wie unter Hypnose, an einen bestimmten Ort zu begeben und dort den oder die Täter zu treffen. Die Betroffenen bezeichnen sich selbst häufig als "Multiple Persönlichkeiten".

Satanismus – Die Selbstvergöttlichung des Menschen

Angesichts der Brutalität der berichteten Erlebnisse stellt sich die Frage, welche bekannten satanistischen Gruppierungen für diese Verbrechen in Frage kommen und auch welche polizeilichen Erkenntnisse darüber bestehen.
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass es den Satanismus, als eine fest strukturierte weltanschauliche Organisation mit einer Zentrale, von der aus die Satanisten alle Fäden ziehen, nicht gibt. Der Theologe Ruppert (1998) schlägt daher vor, von einem Satanismus-Syndrom zu sprechen. Dieser Begriff macht deutlich, dass es sehr viele unterschiedliche Ausdrucksformen des Satanismus gibt. Dazu gehören Jugendliche, die sich um Mitternacht auf dem Friedhof treffen und in einer "schwarzen Messe" das "Vater unser" rückwärts beten, genauso wie Erwachsene, die sich in privaten Zirkeln treffen und "Sexualmagie" ausführen. Eine Schülerin trägt schwarze Kleidung, bezeichnet sich als Satanspriesterin und bekommt damit viel Aufmerksamkeit von MitschülerInnen und LehrerInnen. Über das Internet kann man Mitglied der "Church of Satan" werden und bekommt eine blutrote Mitgliedskarte zugeschickt. Manuela und Daniel Ruda ermordeten im Namen Satans auf brutale Weise einen gemeinsamen Bekannten.

Als Begründer des modernen Satanismus gilt der Engländer Aleister Crowley (1875-1947). Bei ihm geht es nicht darum Satan, den Gegenspieler Gottes anzubeten, sondern vielmehr um die "Verherrlichung des Menschen – einschließlich der niederträchtigsten Seiten seines Wesens" (Ruppert, 1998, S. 7). Crowleys wichtigster Leitsatz lautet: "Tu was du willst, sei das ganze Gesetz".

In dem "Gesetz von Thelema" und dem "Liber al vel legis" (Buch des Gesetzes) legt Crowley dar, was damit gemeint ist (Crowley, 1999, S.10, S. 205). "Es ist kein Gott außer dem Menschen. Der Mensch hat das Recht, nach seinem eigenen Gesetz zu leben, zu arbeiten wie er will,  zu lieben, wie er will. Der Mensch hat das Recht jene zu töten, die ihm diese Rechte zu nehmen suchen. Wir haben nichts gemein mit den Ausgestoßenen und den Untauglichen: sie sollen in ihrem Elend sterben. Mitleid ist das Laster der Könige: tretet nieder die Unglücklichen und die Schwachen: dies ist das Gesetz der Starken: dies ist unser Gesetz und die Freude der Welt."
Mit Hilfe von Magie soll sich der Mensch von überkommenden Werten und Gesetzen befreien und zu einer neuen Bewusstseinsstufe gelangen. Es handelt sich um eine Diesseitsreligion, deren Ziel die totale Autonomie des Menschen ist (Pöhlmann, 2005).

Bei dem Amerikaner Anton Szandor LaVey (1930-1997), dem Gründer der "Church of Satan" und Verfasser der Satanischen Bibel, ist Satan ein Synonym für die dunkle, tierische Seite des Menschen. Der Mensch wird akzeptiert, wie er wirklich ist, vom Sexualtrieb und Selbsterhaltungstrieb gesteuert. LaVey will mit seinem Satanismus gegen die Heuchelei und Unehrlichkeit von Kirche und Gesellschaft protestieren und alle gesellschaftlichen Zwänge sprengen.

Die Ursachen, warum sich Jugendliche und Erwachsene dem Satanismus zuwenden, sind in der Lebensgeschichte der Einzelnen zu suchen. Gemeinsam ist ihnen, dass ein innerer oder sozialer Konflikt durch eine Absage an das Gute, an das Leben, negativ gelöst wird.

Eine streng religiöse Sozialisation, Minderwertigkeitsgefühle, Ohnmachtgefühle, pubertäre Protesthaltung, Hang zu magischem Denken, Konflikte mit Eltern, Schule, Autoritäten können individuelle Voraussetzungen sein, Interesse am Satanismus zu entwickeln. Für Orientierungslose werden scheinbar einfache Lösungen geboten. Durch Magie könne Macht erreicht werden, Konflikte würden mit Hilfe magischer Rituale gelöst, der Sinn des Lebens bestehe in reiner Triebbefriedigung (Pöhlmann, 2005).

Wenden wir uns nach dem Exkurs über den Satanismus wieder der jungen Frau zu, meiner ersten Patientin, die in über 40 Jahren psychotherapeutischer Tätigkeit derartiges berichtet. Andere finden wohl selten den Weg. Ich konnte es kaum glauben, und die Patientin ebenfalls, meint immer wieder zu phantasieren und zu halluzinieren. Damit wären wir bei den falschen Erinnerungen und halluzinatorischen Erinnerungen, die nur schwer von den realen Erinnerungen abzugrenzen sind. Sie gehören sozusagen dazu, pfropfen sich auf die realen Erinnerungen und deren Bruchstücke auf, weswegen manche Fachleute sie pauschal als Produkte der Phantasie abtun. Hinsichtlich und als Folge der Störungen innerhalb der Familie und deren Verinnerlichung könnte man auch zu dieser Meinung kommen, denn dann hätte sie etwas Spektakuläres, an dem sie sich abarbeiten könnte.

In ihrer dissoziativen Identitätsstörung – sie spricht von multipler Persönlichkeit – leidet sie unter Angstzuständen, in denen sie teilweise die Dämonen erlebt, sieht, ja sogar sich von ihnen gepackt fühlt, Depressionen bis zu Suizidphantasien, Schmerzzuständen an den Gelenken, Essstörungen und Störungen des Selbst- und Körperbildes, war zweimal in ihrer Not in der Psychiatrie. Sie neigt dazu, sich mit Drogen und Alkohol zu betäuben. Sie braucht sozusagen ihr tägliches Hasch, um zu überleben.

Andererseits ist sie hochintelligent, Triggersituationen, Flashbacks und Bruchstücke der Erinnerung weiß sie für sich zu nutzen, und recherchiert bezüglich des Wahrheitsgehaltes im Internet. Inzwischen ist es ihr gelungen, einen kleinen Spalt zwischen die Großeltern zu schieben, den Großvater alleine zu sprechen, konfrontiert ihn knallhart mit den Fakten, soweit sie sie kennt, und erreicht, dass er manches zugibt und Fehler eingesteht, um das nächste Mal wieder zurück zu rudern. Die Großmutter erweist sich als der Hüter des Geheimnisses, des Schatzes. Sie fordert die Enkelin auf, doch wieder die Zimtschuhe anzuziehen und hat in der Bibliothek auffällig unauffällig die Symbolik versteckt, auf die die Enkelin magisch angezogen zusteuert.

Als Folge der Programmierung, berichtet sie, dass auf Festen oder in der Disko die Männer geradezu auf sie fliegen, ihr unzweideutige Angebote machen, obwohl es hübschere Frauen gibt. Früher hat ihr das Auftrieb gegeben, und sie ist unweigerlich mit einem im Bett gelandet, hat ihn dann nie mehr gesehen. Jetzt geht sie kaum noch aus, da sie glaubt, man sehe ihr die Schande an, sich als Hure anzubieten, ihre Hässlichkeit, zu dick zu sein, ihre Nichtsnutzigkeit, momentan nicht zu arbeiten. Sie kennt in der Beziehung zu Männern gar keinen anderen Umgang und fühlt sich heute mißbraucht.

Wenn etwas tabuisiert und verheimlicht wird, lebt es meist in bizarrer Form wieder auf, etwa die Untaten eines Vorfahren als Schlossgespenst, hier in den Verschwörungstheorien, etwa dass eine handvoll einflussreicher Familien die satanistische Weltherrschaft erringen wolle. Aber der Fall von Marc Dutroux und den vielen toten Zeugen, die unter mysteriösen Umständen ungekommen sind, weist auf eine Verschwörung hin und gibt diesen Theorien Nahrung, nämlich daß allerhöchste Kreise an einer Nichtaufdeckung interessiert sind.
Die Verbreitung von Pädophilie und deren grausame Veröffentlichung (mit finanziellen Interessen) im Internet, der Zug von Heerscharen von Pädophilen in Länder, wo dies noch nicht so sehr als kriminell verfolgt wird, ist traurige Realität. Erst in den letzten Jahren wurde der sexuelle Missbrauch in Priesterseminaren, Internaten wie an der Odenwaldschule und in Heimen wie Waisenhäusern publik. Man hatte zwar in den Heimen schon lange davon gemunkelt. Vielleicht hatte das auch ritualisierte Züge. Aber alle schwiegen, die Täter aus Furcht vor Entdeckung und weil sie von der Rechtsmäßigkeit ihrer (Un)Taten überzeugt sind, die Opfer aus Scham und weil ihnen sowieso niemand glauben würde. Außerdem ist besonders tragisch, dass eine Identifikation mit dem Aggressor besteht, also die Opfer selbst sind von der Rechtmäßigkeit der Taten und ihrer Täter überzeugt, neigen zu Schuldgefühlen, und haben einen außerordentlich schwierigen Stand in der Selbstwahrnehmung. Das spüren die Täter und suchen sich Opfer aus, die zu absoluten Gehorsam erzogen wurden und ein geringes Selbstbewusstsein und instabiles Selbstwertgefühl haben. Also spielt die Vorprägung eine Rolle, woraus sich die Schuldgefühle ableiten, sozusagen selbst am Mißbrauch schuldig zu sein.

Einen haarsträubenden Fall der extremen Verleugnungsneigung im Umfeld von sexuellem Missbrauch möchte ich noch schildern. Eine Frau war von ihrem Vater ab der Kommunion, ab 8 bis 23 sexuell missbraucht worden, nicht nur sie, auch ihre Schwestern und Cousinen. Eine Schwester hatte Selbstmord begangen. Manches Mal versuchte sie sich winselnd unter dem Bett vor ihm zu verstecken. Andererseits – bei Streit mit den Geschwistern, stand der Vater zu ihr. Das beinhaltete ihre Macht. Später drohte die Mutter „wenn du so weiter machst, wirst du noch schwanger“. Als sie von ihrem Vater mit 23 tatsächlich ein Kind bekam, wurde sie wegen eines unehelichen Kindes verstoßen, obwohl alle Bescheid wussten. Sie ging weit fort, heiratete und der Mann adoptierte den Sohn. Als er erwachsen wurde und Haus verließ, kam sie wegen Depressionen in die Psychiatrie. Dort kamen die Erinnerungen, sie hatte tatsächlich nicht mehr gewusst, von wem der Sohn stammte, hatte geglaubt, der Sohn stamme von ihrem Mann. Sie zog zurück in ihre Heimat, wo sie als Hilfreiche, sozusagen wie eine Heilige auftrat und wirkte.

Hier handelt es sich um ein Einzelbeispiel, zwar gedeckt vom Umfeld. Um wie viel stärker wirkt dann ein System. Es ist erschwert, diesem System zu entrinnen. Ein Ausweg ist, vom Opfer zum Täter zu werden, also eine Identifikation mit dem Aggressor auszuleben. Ein anderer Ausweg ist, sein Heil bei einem Gott zu suchen, als Trost und Schutz, der Erlösungsmythos, um dann, statt autoaggressiv zu verarbeiten, die Aggressionen nach außen zu projizieren und Andersgläubige zu verfolgen. Das aggressive Potential bleibt nämlich erhalten, es bleibt nichts ungeschehen, und sucht sich seinen Weg der Entladung.

Ich nehme an, der Satanismus, der Antichrist, ist eine pervertierte Reaktion auf eine pervertierte Form des Christentums, wie obern schon erwähnt, dem Altruismus, der Aufopferung, ganz für die anderen da zu sein, sich selbst zu vergessen, dem anderen alle Rechte zu geben und selber rechtlos zu sein, und zwar dann, wenn die Selbstwahrnehmung im doppelten Sinne als Egoismus und Rücksichtslosigkeit abgrundtief gebranntmarkt ist. Dadurch fehlt der innere und äußere Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen.

In der Therapie gilt es, die Bruchstücke der Persönlichkeit, der Dissoziation zusammen zu fügen, möglichst viel zu erinnern, und die massiven Entwertungen und Aggressionen in Selbstakzeptanz umzudeuten, egal auf welchem Level, auch wenn man vom Opfer zum Täter geworden ist. Dazu gehört auch, die Täter auf ihre Hintergründe und Zusammenhänge zu durchleuchten. Dann kann man eher verzeihen, und das ist zur akzeptierenden Selbstregulation lebensnotwendig.

Weitere Infos unter:

http://www.sekten-info-essen.de/texte/ritueller-missbrauch.htm

http://www.helpline-sh.de/Rituelle.html

http://plutokraten.blogspot.de

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