München, Deutschland (Weltexpress). Prognosen sind immer kompliziert, zumal sie die Zukunft betreffen. Kaum eine Personengruppe kennt sich da besser aus, als die Gruppe derer, die Mitglieder in Parteien sind. Angesichts der Landtagswahl in Bayern haben visionäre Voraussagen Hochkonjunktur.
Ich will`s mal so sagen: Die Interpretation von Wahlprognosen und politischen Entwicklungen hängen immer vom Grad des erwünschten Ergebnisses eines ambitionierten Politikers ab, der in enger Zusammenarbeit mit willfährigen Publizisten die eigene Karriere vorantreiben und seinen Posten sichern will. Man darf gespannt sein, welche Koalitions-Opportunisten das Rennen machen, um unseren Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) den Hals zu retten.
Den Demoskopen zufolge dürfte es sich dieses Mal um die Grünen handeln, denn nach den letzten Umfragen droht der CSU ein Debakel nie gekannten Ausmaßes. Ob Infratest dimap oder Allensbach oder wie sie alle heißen, sie alle kommen zu einem ähnlichen Ergebnis. Die Voraussagen liegen zwischen 36 und 32 Prozent, das kommt einem Tiefschlag unter die Gürtellinie gleich. Horst Seehofer sei schuld, sagen viele. Angela Merkel sei schuld, sagen andere. Überhaupt, bei einer Wahlniederlage ist man niemals selbst schuld. Das jedenfalls steht fest.
In der mitternächtlichen Stille Münchens schallt aus dem geöffneten Fenster des vierten Stocks der Staatskanzlei ein herzliches „Himmiherrgottsakrament, Zefümferlnomanei“. Markus Söder starrt frustriert auf demoskopische Aggregatsdatenanalysen, Hochrechnungen, qualitative und quantitative Erhebungen und Netzwerkparameter, schickt ein Stoßgebet zum Himmel und murmelt ein paar düstere Flüche in Richtung Berlin. Ihm schwant etwas und summt leise vor sich hin: Que será, será, whatever will be, will be…
Um erfolgreich den Ministerstuhl zu verteidigen, wird Söder vermutlich ungewöhnliche Wege gehen müssen. Schon der Gedanke an seine Widersacherin Natascha Kohnen, die „greislige Drutschn“, treibt ihm den Angstschweiß in die Haferlschuhe. Glücklicherweise geht von der „gschnappaden Mistpritschn“ aus dem roten Lager keine große Gefahr aus, landen sie doch nach den letzten Erhebungen bei maximal 14 Prozent. Anders sieht es mit der AfD aus. Der rührige Robin Hood der AfD, Martin Sichert, hat sich mit seiner Partei in prozentuale Regionen gearbeitet, die Söder echtes Kopfzerbrechen bereitet.
Nun ja, die FDP kann der fränkische Feldherr mit leichtem Herzen vernachlässigen. Unter ferner liefen, so kann man jetzt schon die Bemühungen der Mannen aus der gelben Fraktion abhaken. Ähnlich mies sieht es bei den Linken aus. Bleiben die Bündnisgrünen mit dem „Flitscherl“ Katharina Schulze, die mit ihrem Auftreten an eine Schülersprecherin am Max-Planck-Gymnasium erinnert. Und dann noch dieser Anton Hofreiter! Söder hasse dessen Frisur und Hofreiters Sprachfehler gehe ihm auf die Nerven, so sagt man. Trotzdem sind ihm die Grünen auf den Fersen. Voraussichtlich mit 20 Prozent. „Krutzitürkn“ – das wird nicht einfach mit der Alleinherrschaft.
Söder brütet immer noch in der Staatskanzlei. Dann fällt ihm das gern zitierte lateinische Sprichwort von Franz Josef Strauß ein: „Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.“ Bei allem, was man tut, ist man hinterher immer klüger, weil man später genau weiß, wie man es vorher hätte anstellen sollen, damit es so gewesen wäre, wie man es gerne danach gehabt hätte. Doch es ist zu spät. Söder konzentriert sich derzeit darauf, wie er seinem bayerischen Wahlvolk am besten erklärt, dass man unter Verzicht aller programmatischer Ankerpunkte der CSU eine Koalition mit den Grünen für unabdingbar hält, ohne gleichzeitig das Wohl aller Bierzeltbesitzer und der Firma BMW aus dem Auge zu verlieren. Ergebnis schönreden, Augen zu und durch, – ich schaffe das!
Ja, wenn er, der Markus Söder, nach der Wahl auf die bayerische Bevölkerung verzichten und sie allesamt nach Mecklenburg-Vorpommern deportieren könnte, würde ihm die Wahl des neuen Koalitionärs erheblich leichter fallen. Geliebäugelt hat er schon mit der AfD. Aber laut sagen, das traut er sich noch nicht. Keine Sorge, das kommt noch.
Anmerkung:
Vorstehender Beitrag von Claudio Michele Mancini wurde unter dem Titel „Que sera, sera …, die CSU, die bayerischen Wähler und die Zukunft“ im Scharfblick am 8.10.2018 erstveröffentlicht.