Die Briten trauern um ihren „Duke“ – Prinz Philip, ein langes Leben an der Seite der Queen

Prinz Philip (rechts) an der Seite der Queen Elisabet II. an der Kathedrale Canterbury. Quelle: Pixabay, Foto: Wolfgang Claussen

London, UK (Weltexpress). Seit Prinz Philip am Freitag im Alter von fast 100 Jahren starb, trägt die britische Nation Trauer: Eine Woche lang weht der „Union Jack“ auf Halbmast, in allen Hauptstädten der britischen Nation und auf Hoher See werden 41 Salutschüsse aus Kanonen abgefeuert, die BBC wiederholt pausenlos immer dieselbe Dokumentation über sein Leben und sämtliche Tageszeitungen tragen formatfüllend das Porträt dieses noch in hohem Alter gut aussehenden, hochgewachsenen Mannes, Schlagzeilen nennen ihn den „Felsen“ der Königin und versichern: „Wir alle weinen mit Dir, Ma’am“. In der Tat: Die Heirat mit der damaligen Prinzessin Elisabeth (übrigens seine Cousine dritten Grades – denn beide waren Ururenkel von Königin Victoria), die er bereits als Achtjährige kennengelernt hatte, war eindeutig eine Liebesheirat – und dies stand in scharfem Kontrast zu den bekannten Ehedramen ihrer Nachkommen. Prinz Philip, auch genannt „the Duke“ (of Edinburgh), blieb in den 70 Ehejahren die wichtigste Stütze dieser am längsten regierenden Monarchin der britischen Geschichte. Was sein – nach dem einmonatigen, längsten Spitalaufenthalt seines Lebens – zu erwartendes Ableben für die Queen bedeutet kann man nur erahnen. Manche spekulieren bereits, dass die in wenigen Tagen 95jährige Königin durch den Tod ihres Gatten die Kraft zu regieren verlieren und den Thron an ihren auch schon 72jährigen Sohn Prinz Charles weitergeben könnte. Dass sie jetzt, trotz Trauer und Schmerz, die Zügel schleifen lässt oder gar aus der Hand gibt, erscheint jedoch wenig wahrscheinlich.

Prinz Philip blickte zurück auf eine dramatische Kindheit: Am 10. Juni 1921 wurde er auf der Insel Korfu als Prinz von Griechenland und Dänemark in die griechische Königsfamilie geboren, welche wegen eines Staatsstreichs die Flucht ergreifen musste – ein britisches Kriegsschiff, auf dem Baby Philip in einer Bananenkiste lag, brachte sie in Sicherheit. Philip sah in seiner Kindheit wenig von seinen Eltern – der Papa hatte sich, mit Mätresse, nach Cannes an die Riviera abgesetzt und seine Mutter, Prinzessin Alice wurde von Sigmund Freud höchstpersönlich „paranoide Schizophrenie, mitverursacht durch sexuelle Frustration aufgrund einer nicht ausgelebten Leidenschaft“ attestiert. Deshalb landete sie im noblen Sanatorium „Bellevue“ im schweizerischen Thurgau, bei Kreuzlingen, und verbrachte dort ziemlich unfreiwillig zweieinhalb Jahre, bevor sie sich – bekannt als die „exzentrische Prinzessin“ – einem unstet-nomadischem Dasein zwischen Hotels, Kurhäusern und Pensionen quer durch Europa widmete. Währenddessen wuchs der kleine Philip bei seiner Großmutter Victoria im Londoner Stadtschloss Kensington Palace auf, später wurde er im exklusiven Internat SalePm bei Überlingen eingeschult. Der Schulleiter, der fortschrittliche Pädagoge Kurt Hahn allerdings war Jude und musste 1934 vor den Nazis fliehen. Er setzte sich nach Großbritannien und alsbald nach Schottland ab, wo er das später weltberühmte Internat Gordonstoun gründete. Philip folgte Hahn und wurde Schüler in Gordonstoun; die Austerität dieser Institution soll ihm durchaus entsprochen haben und später folgte der älteste Sohn, Prinz Charles, in seinen Fußstapfen in diese strenge Internatsschule.

Im Zweiten Weltkrieg akzentuierte sich das Familiendrama – während die inzwischen 53jährige Mutter nach Athen (von wo die deutsche Wehrmacht Zehntausende von Juden nach Auschwitz deportierten) zurück gekehrt ist und für 14 Monate im Dachboden ihrer kleinen Wohnung eine jüdische Familie versteckt (und dafür von Yad Vashem in Jerusalem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt wurde) und große Suppenküchen für Kinder organisiert und Waisenhäuser betreut, tritt Philip drei Wochen nach der britischen Kriegserklärung an Deutschland  in die Royal Navy ein und bewährt sich im Seekrieg gegen Nazideutschland. Währenddessen heiraten drei seiner vier Schwestern deutsche Nazis, teils SS-Angehörige. Als eine von ihnen mit ihrem Mann bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommt, senden Hitler, Göring und Goebbels persönlich Beileidstelegramme an die Hinterbliebenen. So läuft die Front des Zweiten Weltkriegs mitten durch die Familie von Battenberg/Mountbatten: Alices Sohn kämpft heroisch gegen die deutsche Marine und nimmt an der Invasion Siziliens teil, während ihre Schwiegersöhne auf Seiten des Hitler-Regimes gegen die Briten kämpfen. Ihrem Wunsch entsprechend wird sie

Philip musste wegen seiner Heirat 1947 wohl oder übel auf eine vielversprechende Marine-Laufbahn verzichten. Und obwohl er als Prinzgemahl, stets zwei Schritte hinter der Queen, ein extrem spannendes Leben führte, 143 Länder besuchte, mit 18 US-Präsidenten zusammentraf und gar von einem Stamm auf der Pazifikinsel Tanna (Vanuatu) als Gott verehrt wurde, war sein Start im Buckingham Palace holprig: Die Höflinge beobachteten ihn mit Misstrauen, ja Verachtung; ihm wurde, im Gegensatz zum Gatten seiner Ururgroßmutter Queen Victoria, Prinz Albert, der Titel „King Consort“ verweigert – er blieb „Prince Consort“. So war er der Monarchin zwar stets am nächsten, hatte jedoch keine verfassungsmäßig festgelegte Rolle. Als die Queen auf ihrem Familiennamen „Windsor“ bestand und seinen Namen Mountbatten verweigerte, polterte Philip, er sei der einzige Mann im Land, der seinen Kindern nicht den eigenen Namen geben könne – „ich bin hier nur eine verdammte Amöbe“. Philips scharfzüngiger Humor, der immer wieder an schiere Taktlosigkeit grenzte, wurde legendär. Noch mehr aber sein Einsatz als erster Präsident des World Wildlife Fund und Gründer der erfolgreichen Stiftung „Duke of Edinburgh Award“ zur Förderung von Jugendlichen. Dass er sich allerdings im Jahr 1961 auf einer Gruppenfoto in mit einem von ihm erlegten Tiger ablichten ließ, trug dem großen Naturschützer berechtigte Kritik ein – ebenso wie sein Einsatz für die (elitär-aristokratische) Fuchsjagd und das „Shooting“ von Rebhühnern.

Anmerkung:

Vorstehender Artikel von Dr. Charles E. Ritterband wurde am 12.4.2021 in „Vorarlberger Nachrichten“ erstveröffentlicht.

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