Pyramiden, Sensationen, Rätsel – Serie: Abenteuer in Nord-Peru (Teil 1/3)

Caral, die älteste Zivilisation Amerikas

Caral – die älteste Stadt des amerikanischen Kontinents

Der Wagen rollt auf der Panamericana, der Schnellstraße, die Alaska mit der chilenischen Südspitze Feuerland verbindet, gen Norden aus der Hauptstadt Lima heraus. Nach den letzten Vorstadtsiedlungen, die sich aus wilden Slums entwickelt haben, kommt die Wüste. Riesige gelbe Sanddünen wetteifern mit den dunkelgrauen Bergen, den Ausläufern der Anden, in der Ferne. Links braust irgendwo der Pazifik. „Die Pazifik-Küste Perus ist seit einigen tausend Jahren Wüste.“, erklärt der Kunsthistoriker Napoleon Cava, der seine chinesischen Vorfahren nicht verleugnen kann und in der Küstenregion lebt. „Es sind die Auswirkungen des kalten Humboldt-Stromes im Pazifik. Der Wind bläst die Wolken weg. Es bleibt trocken.“

Der nackte Mann in der Pyramide

Ziel ist die heilige Stadt Caral 182 km nördlich von Lima im Tal des Flusses Supe. Erst seit mehr als zehn Jahren graben die Archäologen hier unter Leitung der peruanischen Wissenschaftlerin Ruth Shady Solis. Ans Tageslicht sind aus dem Wüstensand die Ruinen der ältesten Zivilisation von ganz Amerika gekommen. Erst seit knapp zehn Jahren kann der Ort am Rio Supe diesen Superlativ führen. Eine Sensation, denn zuvor wurde das 3.000 Jahre alte Chavin de Huántar nahe der heutigen Stadt Huaraz in den nördlichen Anden Perus als älteste Zivilisation Amerikas bezeichnet. Die Geschichte musste neu geschrieben werden”¦ Archäologen fanden in Caral Knochen, Trompeten aus Muscheln, Flöten aus Pelikanknochen und Stricke, mit denen kleinere Steine für die Bauten zu Paketen zusammengebunden wurden. Diese organischen Materialien ermöglichten eine exakte Altersbestimmung mit der Radiokarbon-Methode. Das Ergebnis: Vor etwa 4.960 Jahren bauten Menschen hier eine Hauptstadt für 4.000 Einwohner als Zentrum von 20 umliegenden Städten und Siedlungen. Dieser erste Staat hatte keine äußeren Feinde und brauchte kein Militär. Die Religion hielt die Gesellschaft zusammen. Das lassen die vielen heiligen Stätten sowie gefundene Opfergaben erkennen. Dazu gehören Tonfiguren für die Fruchtbarkeit oder das Skelett eines 23jährigen Mannes, der rituell geopfert worden war und in der freigelegten Hauptpyramide gefunden wurde. Er wurde mit drei Schlägen auf den Hinterkopf getötet. Die Arme und Beine des nackt Begrabenen waren gebunden.

Der Bauer als Guide

Bauer Dino aus dem Nachbardorf, der als Assistent der Wissenschaftler Caral bestens kennt, erklärt: „Die Bauern pflanzten damals wie wir heute Kürbis, Bohnen, Chili, Mais, Baumwolle, Mate oder Süßkartoffeln. Sie bauten Bewässerungskanäle.“ Zu dieser Zeit waren die Menschen von Caral anderen Kulturen auf dem amerikani-schen Kontinent um 1.500 Jahre voraus. Sie hatten eine ähnliche Stufe wie die damaligen Gesellschaften in Mesopotamien, Ägypten, Indien und China erreicht. Das Besondere – Caral hatte zu diesen anderen Hochzivilisationen auf den anderen Erdteilen, die untereinander durch Handel verbunden waren, keinerlei Kontakt. Caral war eine isolierte Gesellschaft und entwickelte trotzdem eine hohe Zivilisation, die die Arbeitsteilung praktizierte, Wissenschaft, Technologien und Kunst entwickelte. Kennt-nisse auf den Gebieten Astronomie, Geometrie, Arithmetik, Medizin, Kalender und Wetter, Verwaltung und Landwirtschaft waren auf hohem Niveau. Die Ausgrabungen brauchen noch viel Zeit. Bisher wurden in Caral einige Stufen-pyramiden, die Grundmauern von Tempeln, Palästen, der Wohn- und Arbeitshäuser frei gelegt. Die Steine wurden beim Bau mit einem Lehm-Baumwollgemisch verbunden.

Beeindruckend ist die so genannte Große Pyramide mit 171 m Breite, 150 m Länge und 30 m Höhe als ein Zentrum vergangener Macht. Rätselhaft ist der dunkelgrau-grüne so genannte „Stehende Stein“, der im Zentrum von den sechs Pyramiden von Caral-Stadt und 32 im gesamten Staatsgebiet steht. Der 2,15 m hohe und 1,5 Tonnen schwere Obelisk aus Granit ist von einem Ort aus mindestens 150 km Entfernung geholt worden. In den Bergen der Umgebung gibt es diese Steinart nicht. „Wie das möglich war ohne Wagen – das ist bis heute ein Rätsel. Auch über den Verwendungszweck kann spekuliert werden. Diente er als Zeit- oder als Entfernungsmesser, für religiöse oder astronomische Zwecke ist eine unbeantwortete Frage.“, erklärt Bauer Dino. Rätselhaft ist auch der Untergang dieser Hochkultur vor etwa 3.300 Jahren. Ist das politische System zusammengebrochen oder ist eine Dürreperiode die Ursache? Diese Frage kann noch nicht beantwortet werden. Als sicher gilt, dass die Einwohner von Caral beim Verlassen des Tales ihre Stadt selbst zerstörten. Übrigens – 2010 wurde die Pyramidenstadt Caral zum Weltkulturerber erklärt.

Die älteste Stadt von Amerika schafft Arbeitsplätze

„Diese Ausgrabungen in Caral sind auch in anderer Hinsicht etwas Besonderes.“, meint Leticia Gonzalez Mantilla. Sie studierte in Bonn Archäologie und führt heute den peru-anischen Spezialreiseveranstalter South-American-Destination (Info siehe unten). „Es ist das erste Projekt in Peru, bei dem archäologische Forschung mit der einheimischen Bevölkerung und Tourismus verbunden wird. Die Archäologen stellen die Bauern der Umgebung nicht nur befristet als Hilfskräfte beim Ausbuddeln ein – so wie das bisher überall üblich ist. Sie schaffen ständige Arbeitsplätze als Touristenführer, Aufsicht, Handwerker oder Verkäufer. Das weckt die Motivation, diesen Arbeitsplatz zu schützen. Diese Ausgrabungen sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die Infrastruktur in diesem ländlichen Gebiet wird entwickelt. 200 Arbeitsplätze hat die alte Caral-Kultur bereits heute geschaffen.“

Die größte Pyramidenstadt der Welt

Deutlich größere, allerdings wesentlich jüngere Pyramiden zum Zelebrieren von religiösen Ritualen und als Symbole der Macht gibt es überall in Nordperu. 26 gigantische Pyramiden wurden z. B. vor etwa 1000 Jahren aus ungebrannten Lehm-ziegeln nahe dem Dorf Tucumé von Hochkulturen vor den Inkas und den Spaniern erbaut. Begonnen hatte den Bau Sicán-Volk, andere Zivilisationen setzten das Werk fort. Besonders beeindruckend ist die riesige Pyramide Huaca Largha, die 700 m lag, 270 m breit und 30 m hoch ist – sozusagen ein von Menschenhand gebauter Berg – ein Tempelberg. „Mit insgesamt 260 Pyramiden im Gebiet ist es die größte Pyramidenstadt der Welt.“, erzählt der Kulturhistoriker und Übersetzer Napoleon wie sein berühmter Namensvetter von der Spitze eines dieser Großbauwerke. Die Gegend ist eigentlich trocken, aber wenn es regnet, dann regnet es kräftig. Tropische Regengüsse haben im Laufe der Jahrhunderte ihre Spuren hinterlassen. Die Pyramiden sind ’faltig’ geworden”¦

Die Dame im Bunker

Die Tempelpyramiden El Brujo (der Hexer) 60 km nördlich der wunderbar erhaltenen alten Kolonialstadt Trujillo können nach langer Pause wieder besichtigt werden. Die Attraktion ist hier die Señora von Cao – wie eine 1700 Jahre alte Mumie von den Wissenschaftlern genannt wird. Sie lag nahe der Spitze der Pyramide Huaca de Cao mit einem geopferten jungen Mädchen begraben. Goldschmuck und andere wertvolle Grabbeigaben lassen auf eine höher gestellte Person schließen. Geheimnisvolle Tätowierungen und Waffen im Grab der jungen Frau mit langem schwarzem Haar geben heute den Wissenschaftlern noch Rätsel auf. Die Mumie, deren Fund erst vor drei Jahren für Schlagzeilen sorgte und jetzt neben dem Grab in einem Beton-Hochsicherheitstrakt mit ihren Schätzen besichtigt werden kann, gehörte zum Volk der Mochica.

Das Gebiet dieser Pyramiden wird von den Archäologen als „Ebene der Fossilien“ bezeichnet. Vor 60 Jahren begann man hier zu graben und zu forschen. Dieses Tal wird seit 5000 Jahren von Menschen besiedelt – von den ersten Fischern Perus bis zu den Hochkulturen der Mochica, Lambayeque, Chimu und den Spaniern als Kolonialherren.

Es muss nicht Machu Pichu sein

Machu Pichu – die alte, geheimnisumwitterte Inka-Stadt im Süden von Peru – ist zweifellos das bisherige touristische Markenzeichen, die ’Nummer eins’ der Andenrepublik und Ziel touristischer Massen aus aller Welt. Aber die Inkas sind eine junge Zivilisation gewesen. Im Norden gibt es nicht nur mehr Geschichte und Geschichten. Hier lebten einige tausend Jahre früher Zivilisationen. Doch warum denken viele europäische Touristen an Machu Pichu. „Vor Jahrzehnten – als wir mit dem Tourismus in Peru starteten – brauchten wir das Markenzeichen Machu Picchu.“, erklärt mir der 80jährige Dr. Frederico Kauffmann, ein bekannter Historiker, Schriftsteller und ehemaliger Botschafter seines Landes in Berlin. Nach langer archäologischer Forschungstätigkeit setzt er sich für das sanfte Einbeziehen dieser alten relativ unbekannten Stätten der Weltkultur in Nordperu in den Tourismus ein.

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Reisetipps

Zeit

MEZ – 6 Stunden

Flug

Günstige Flüge gibt es z. B. mit der spanischen Iberia von Berlin-Tegel via Madrid nach Lima oder mit der brasilianischen Tam von Frankfurt via Sao Paulo (Dauer ca. 17 Std.).

Einreise

Deutsche Touristen benötigen für einen Aufenthalt bis zu 90 Tagen einen Reisepass, der bei Einreise noch mindestens 6 Monate gültig sein muss. Im Flieger wird ein Einreiseformular ausgefüllt. Der bei der Einreise abgestempelte Coupon muss bis zur Ausreise aufgehoben werden. Bei der Ausreise auf dem Luftweg ist eine Flughafen-steuer von 30,25 US-Dollar in bar auf dem Flughafen zu entrichten. Kreditkarten werden hierfür nicht akzeptiert.

Währung

Der Nuevo Sol (PEN) ist seit 1991 die Währung Perus. Ein Sol ist in 100 Céntimos unterteilt. Der Sol ist an den US-Dollar angelehnt. Kreditkarten werden in vielen Geschäften und Hotels akzeptiert. Mit dem Vorlegen der Kreditkarte wir zur Sicherheit zumeist auch der Pass verlangt.

Impfung

Empfohlen wird Impfung gegen Diphtherie, Hepatitis A und Tetanus. Vor Insekten-stichen sollten sich Touristen durch langärmelige Kleidung, Sprays oder Lotionen schützen. Ein Malariarisiko besteht in den Tropen. Die Gelbfieberimpfung ist für das Amazonasgebiet vorgeschrieben. Aktuell sollte sich jeder Reisende über erforder-liche Impfungen bei den Instituten für Tropenmedizin oder in Apotheken informieren.

Veranstalter

Mittelständische Reiseveranstalter bieten in Deutschland interessante Rundreisen an – z. B. Take Off Reisen (Tel. 040-4222288; www.takeoffreisen.de), Miller Reisen (Tel.07529-9713-0, www.miller-reisen.de), SFR-Sommer Fernreisen (Tel. 08533-919161; www.sommerfern.de).

South-American-Destination

(lgsouthamerican@orange.fr; und www.southamericandestination.net).

Impfung

Empfohlen wird Impfung gegen Diphtherie, Hepatitis A und Tetanus. Vor Insekten-stichen sollten sich Touristen durch langärmelige Kleidung, Sprays oder Lotionen schüt-zen. Ein Malariarisiko besteht in den Tropen. Die Gelbfieberimpfung ist für das Amazonasgebiet vorgeschrieben. Aktuell sollte sich jeder Reisende über erforderliche Impfungen bei den Instituten für Tropenmedizin oder in Apotheken informieren.

Literatur (deutsch)

Marco Polo: Peru und Bolivien (kurz und bündig mit Mini-Reiseatlas), Gesine Froese ISBN 978-3-8297-0518-9 (9,95 € in D)

Peru kompakt (kurz und bündig) von Katharina Nickoleit / Kai Schmidt, ISBN 978-3-89662-337-9 (14,90 €)

Peru (mit vielen Tipps) von Sara Benson, Paul Hellander, Rafael Wlodarski, ISBN 978-3-8297-1585-0 (24,95 €)

Peru entdecken (mit vielen sehr guten Fotos) von José Miguel Helfer Arguedas, ISBN 978-9972-894-10-X (20,– €)

Information

Arge Lateinamerika e. V., www.lateinamerika.org, Peruanische Kommission zur Förderung des Tourismus Promperu, www.peru.info oder www.promperu.gob.pe; peruline – Deutschland Postfach 1323, D-94003 Passau; www.peruline.de; Peruanische Botschaft in Deutschland www.botschaft-peru.de; Bz.Com (die offizielle touristische Vertretung von Peru in Deutschland) peru@bz-comm.de; www.bz-comm.de

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