Der Kulturtheoretiker Alexei Monroe berichtet im vorliegenden großformatigen Taschenbuch auf 348 Seiten (mit einigen Abbildungen und 800 Fußnoten!) von Osteuropas Beitrag zur Avantgarde. In Form der Band selbst und des slowenischen Kunstkollektivs Neue Slowenische Kunst = NSK, welches Laibach mitbegründete. Von der ersten Verwendung des schwarzen Kreuzes Malewitschs auf provokanten Plakaten kurz nach dem Tod des Diktators Tito 1980 – bis hin zum Auftritt Laibachs in Honkong Anfang 2014.
Laibach hinterfragen Regime, indem sie Verbindungen entlarven, „die die Ideologie des gesunden Menschenverstandes versteckt halten müssen, und die Selbstreproduktion des Systems weiterhin zu gewährleisten.“ Laibach inszenierten sich gerne als Gesamtkunstwerk, als „monumentales Spektakel von totalitärem Ausmaß“. Archaisch gigantische Bühnenauftritte mit Meter hohen Bannern, Hirschgeweihen und turnenden Sportlern in schwarz/weiß rahmten die quasi militärischen Auftritte Laibachs bis Mitte der Neunziger Jahre.
Wie sich das Erscheinungsbild der Gruppe wandelt, was ihre Motive und Anleihen sind, ihre Herkunft und Organisationsstruktur, wird von Monroe gründlich untersucht. Ihre Bedeutung für zeitgenössische Debatten über Kultur, Macht, Krieg und Globalisierung wird genauso herausgestellt wie die fortwährende Symbiose zwischen Underground und Hochkultur, die von Laibach meisterhaft beherrscht wird.
Die kongenial bebilderten Abhandlungen goutiert der Leser in einer konzentriert inspirierten Textform, die erheblich über Populärwissenschaft hinausgeht. Bis hin in philosophische Gefilde, zu Vorbildern aus Film und Literatur, einer Untersuchung zu Punk in Slowenien und zum „Real Existiereden Retrogardismus“ wird jeder Winkel gründlich ausgeleuchtet. Auch die Neue Slowenische Kunst. Neben Laibach waren das Malerkollektiv Irwin, die Theatergruppe Noordung, das Grafik- und Designstudio Novi Kolektivizem und die Abteilung für reine und angewandte Philosophie bei der NSK aktiv.
Alexei Monroe, freier Kulturtheoretiker in London, verfasste zwei Bücher über Laibach und NSK, war 2010 Programmdirektor des ersten NSK-Bürgerkongresses und ist Herausgeber der Kongressdokumentation „State of Emergence“. Dem thematisch gegliederten Textteil aus den früheren Veröffentlichungen ist im vorliegenden Buch eine zwanzigseitige Chronologie nachgeordnet, die die Jahre 1980-2013 umfasst und einen pointierten Überblick zu Laibach und NSK bietet.
Der Ventil-Verlag schließt mit diesem Laibach+NSK Standardwerk eine klaffende Forschungslücke zur Subkultur in Osteuropa, im aktuellen Programm herrlich ergänzt durch den Reise(ver)führer in die Subkulturzonen Osteuropas „Go Ost“ von Alexander Pehlemann.
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Alexei Monroe, Laibach und NSK, Die Inquisitionsmaschine im Kreuzverhör, hrsg. von Alexander Nym, 348 S., zahlreiche Abb., Ventil Verlag, Mainz, März 2014, ISBN 978-3-95575-001-5, 24,90 € (D)