Paukenschlag der deutschen Eisflitzer beim Weltcup in Berlin – Nico Ihle und Samuel Schwarz gelingt ein Doppelsieg

Nico Ihle und Samuel Schwarz. © DESG, Foto: Hugger
Claudia Pechstein war beim Erfolg der Olympiasiegerin Ireen Wüst (Niederlande) über 3000 m Sechste geworden – Nico Ihle und Judith Hesse waren beim Sprint-Stakkato über 500 m jeweils auf dem fünften Rang gelandet. Hinter den Siegern Artur Was (Polen) bzw. Sang-Hwa Lee (Südkorea), die in Sotschi im Februar überlegen Gold gewonnen hatte.

Dann aber kam am Samstag der 1000-m-Langsprint der Männer. Und da feierten der Chemnitzer aus Oberlungwitz, Nico Ihle , und der Berliner Samuel Schwarz auf dem eisigen 400-m-Oval ein Bravourstück, was es in dieser Form für deutsche Eisflitzer zumindest hierzulande in einem Weltcup-Wettbewerb  noch nie gegeben hatte. Erst nach langem Recherchieren kam heraus, dass es 1990 bei einem Ereignis – aber wohl nicht mit kompletter Weltelite – in Davos über 1000 m sogar ein komplettes Podium in schwarz-rot-gold prangte: Uwe-Jens Mey vor Uwe Streb und Olaf Zinke!

Am Samstag in Berlin blieben übrigens 16 Topläufer beim Passieren der Lichtschranken innerhalb einer Sekunde. Doch ganz vorn rangierten mit 1:09,49 bzw. 1:09,53 Minuten eben die Deutschen.

Geschlagen u.a. der Olympia-Triumphator Stefan Groothuis (6.), der Olympiazweite Kjeld Nuis (beide Niederlande/12.), der mehrfache Weltmeister und frühere Olympiachampion Shani Davis (USA/11.) oder der Doppelsieger beim Weltcupauftakt in Obihiro (Japan), Pawel Kulischnikow (Russland/ 5.)…

Für den Olympiavierten über 500 m und Zeitsoldaten (Sportförderkompanie) Nico Ihle (29) – Bruder Denny Ihle gehört ebenfalls zur Nationalmannschaft – war es nicht nur Bestzeit auf Berliner Eis, es war zugleich sein erster Weltcup-Erfolg überhaupt.
Samuel Schwarz (31), Olympiafünfter über 1000 m und bei den Deutschen Meisterschaften zuvor knapp vor dem Trainingskollegen Ihle, hatte bislang zweimal bei Weltcups auf dem obersten Treppchen gestanden.

Beiden gelang auf bestens bekanntem Terrain – der Chemnitzer ist oft zu Trainingscamps in der Hauptstadt – ein nahezu perfektes Rennen: Starker Angang, starker Mittelteil und starkes Finish!

Zuletzt hatte es hier vor 28 Jahren durch den heutigen Arzt und Chirurgen Peter Adeberg über 1500 m einen Weltcupsieg für die Gastgeber in einer Männerkonkurrenz gegeben.

Als Ihle im sechsten von insgesamt zehn Paaren der A-Gruppe nach Passieren der Ziellinie die Zeit aufleuchten sah, riss er die Arme hoch: „Aber nie hatte ich in diesem Moment gedacht, dass die Zeit zu Platz eins reichen würde.“

Weil die Stars und vermeintlichen Favoriten ja noch nach ihm kommen würden. Und der Bahnrekord von Shani Davis vom  November 2009 mit 1:08,53 ein deutliches Stück besser war…

Alle Folgenden aber bissen sich die Zähne an seiner Vorlage aus. Am dichtesten kam noch mit vier Hundertstelsekunden der Mannschaftskollege Schwarz heran.

Es sei „ein unglaubliches Gefühl, beim Weltcup ganz oben zu stehen.Denn das ist das, was man sich seit langem gewünscht hat“, erklärte Ihle. Wie Schwarz verheiratet und Vater von Töchterchen Emma (2,5 Jahre), während jener ihm da mit zwei Söhnen „ein wenig voraus ist“.
Beide sind der Ansicht, dass der Wegfall des traditionellen Höhenlagers in der Saisonvorbereitung wegen finanzieller und struktureller Probleme im Verband „für uns Sprinter offensichtlich keine Nachteil war.“

Samuel Schwarz gab auf die Frage, was der Doppelerfolg bedeute, nach gelungenem sportlichen Auftritt eine verbal perfekte Antwort. Das sei erfreulich und positiv „für uns beide natürlich, für den Verband und wohl auch für den neuen Sportdirektor.“

Der neue Sportdirektor wehrte Verdienste daran lächelnd ab. „Damit habe ich nichts zu tun“, sagte Robert Bartko.

Dass man den 38-jährigen Potsdamer für die Nachfolge des umstrittenen Bayern Günter Schumacher, der wegen einer Krankschreibung schon Monate pausiert, gewinnen konnte, erntet im Lager der Aktiven durchweg Zustimmung. Bartko war zweifacher Radsport-Olympiasieger 2000 in Sydney auf der Bahn und mehrfacher Weltmeister, hat diverse Sechstagerennen als Profi gewonnen und seine aktive Karriere im Januar beendet. Als Vizepräsident des Berliner Landessportbundes und im Förderverein des Olympiastützpunktes hat er erste Erfahrungen auf Funktionärsebene gesammelt. Schwarz meinte: „Ich erwarte eine Menge  von ihm und traue ihm auch eine Menge zu. Denn er weiß ja aus eigener Erfahrung, wie man Spitzenleistungen erzielt und welche Bedingungen dazu notwendig sind.“

Und die 42-jährige Rekord-Winter-Olympiasiegerin Claudia Pechstein begrüßte den Personal-Coup des Verbandes gleichfalls und fügte an: „Er wird mit neuen Ideen sicher frischen Wind in die DESG bringen…Und ich werde mich auch daran gewöhnen, dass es jetzt beim Verband einen Sportdirektor gibt, der jünger ist als seine älteste Athletin.“
DESG-Präsident Gerd Heinze („Er kann uns bestimmt Türen öffnen“) hatte Bartko angesprochen und jener gab nach kurzer Bedenkzeit die Zusage: „Der Sport ist mein Leben und diese Position sehe ich als interessante Aufgabe und neue Herausforderung.“

Mit der mehrfachen Sprint-Weltmeisterin und Weltrekordlerin über 500 m, Jenny Wolf, sowie der Weltklasse-Mittelstrecklerin Monique Angermüller wurden zwei verdienstvolle und erfolgreiche Sportlerinnen vom Wettkampfgeschehen verabschiedet.

Vorheriger ArtikelKreuzfahrer und Zionisten
Nächster ArtikelElfter Sieg in Folge – Alba mit bestem Saisonstart seit 14 Jahren