Berlin, Deutschland (Weltexpress). Die Nächte werden länger, der Sommer neigt sich dem Ende entgegen. Für die Meteorologen ist er eh schon vorbei. Bald kommt wieder der Tag, an dem Tag und Nacht gleichlang sind. Die Menschen und Organisationen, die denen helfen, die mangels Dach über dem Kopf der Kälte mehr oder weniger schutzlos ausgesetzt sind, fangen rechtzeitig vor dem ersten Frost an, auf die Nöte der Ärmsten hinzuweisen und Spenden zu sammeln.
Zwei Projekte werden an diesem Wochenende besonders aktiv: Die Notübernachtung an der Storkower Straße und das Kulturzentrum für Arme „Gitschiner 15“. Während das eine im Osten der Stadt ganz profan Schlafplätze bereitstellt, kümmert sch das „Zentrum für Gesundheit und Kultur – gegen Ausgrenzung und Armut“ vor allem um die kulturelle Entfaltung des Einzelnen unabhängig vom Einkommen. Musik- und Tanzkurse sowie der Chor „Different Voices of Berlin“ unter der Leitung der Jazzkoryphäe Jocelyn B. Smith werde durch Möglichkeiten künstlerischer Entfaltung, zum Beispiel mit Ölfarben auf Leinwand, ergänzt.
Die „Gitschiner15“ ist nach der Hausnummer in der Gitschiner Straße in Kreuzberg benannt, die direkt unter der Hochbahn der Linien U1 und U3 verläuft (Nähe Alexandrinenstraße).
Open House in der Heilig-Kreuz-Kirche am Samstag
Unweit der Gitschiner Straße in der Heilig-Kreuz-Kirche Zossener Straße 65, Berlin-Kreuzberg, findet Samstagabend, den 16. September 2017, um 20 Uhr ein großes Event unter dem Namen „Open House“ statt. Die Kirche steht am Blücherplatz neben AGB, Landwehrkanal und Halleschen Tor.
Open House soll offene Türen, offene Ohren und freier Eintritt bedeuten. Sogar der Imbiss nach dem Konzert ist gratis. Für Menschen mit geringem Einkommen und Obdachlose doppelt wichtig. Jocelyn B. Smith, die einigen vielleicht noch aus dem Quasimodo unter dem Delphikino kennen, hat mehr als die Hälfte ihres Lebens in der deutsche Hauptstadt verbracht. Die US-Amerikanerin stammt aus New York.
Sie singt gern selbst geschriebene und oder arrangierte Stücke, eine Praxis, die sie in und mit dem Chor „Different Voices“ fortsetzt.
Sleep-out in der Storkower Straße Freitagnacht bis Samstag früh
In den vergangenen Stunden fand in Berlin etwas anderes statt: In der Nacht vom 15. auf den 16. September 2017 sind Berliner und Auswärtige, darunter viele Prominente, zum Sleep-out eingeladen gewesen. Unter dem Motto 2500 Quadratmeter, 0 Euro kalt bot die Notunterkunft Schlafplätze im Freien.
Da die deutsche Sprache wahrscheinlich zu gewöhnlich und nicht werbewirksam genug ist, nennte der Veranstalter das Ereignis „Sleep-out“. Out ist zugegeben ein im Deutschen ausreichend angekommener Begriff, der auch in „Outdoor“ wieder auftaucht, was nicht vor der Tür bedeutet, sondern draußen. Genau dort sollte man in diesem kühlen, verregneten Altweibersommer nächtigen, um selbst die Erfahrung zu machen, frische Luft zu tanken und die Spendensammlung zu begünstigen.
Auch der Begriff „Open House“ wirbt für die Veranstaltung, sorry: das Event am Samstag, den 16. September um 20 Uhr in der Kreuzberger Heilig-Kreuz-Kirche mit einem verständlichen, englischen Begriff. Da inzwischen vom Kiosk bis zum Späti, von der Bar bis zum Souvenirladen (oder besser: -shop) mehr Schilder „Open“ aushängen, als „geöffnet“, dürfte das erste Wort verständlich sein. „House“ ist sowohl phonetisch als auch vom Sinn her gleich, nur die die Schreibweise weicht ab (und ist kürzer, allen Vorurteilen zum Trotz.
Werbung für „Charity“ mit englischen Begriffen
Dass das Spiel mit den englischen Begriffen aber auch ein Spiel mit dem Feuer sein kann und quasi nach hinten losgehen, zeigt das Beispiel des Namens des Trägervereines der Notübernachtung in der Storkower. Der Verein trägt auch den „Straßenfeger“, eine Obdachlosenzeitung wie aus dem Film „Bob, der Streuner“. Leider mit dem ärmlichen Makel, dass es wohl die einzige Berliner Zeitung ist, die jeden Tag einen Rechtschreibfehler im Titel trägt. Da das Wort ‚Straße‘ mit „ß“ geschrieben wird und also auch der ‚Straßenfeger‘. Doch der Titel der Zeitung schreibt sich selbst falsch mit „ss“. Aus falsch verstandenem, vorauseilendem Gehorsam vor der Netz-Unkultur oder Unkenntnis, egal, ärgerlich ist das allemal.
Der Trägerverein heißt „mob e.V.“, kleingeschrieben (!) wie das Englische ‚mob‘. ‚The mob‘ kennt man aus den Mafiafilmen wie dem „Paten“. Der Mob ist organisierte (Banden-)Kriminalität. Während im Deutschen vielleicht in Kurzwörtern noch entfernt an „Mobilität“ gedacht werden könnte, eine etwas unglückliche Wortwahl, wenn man das Englische berücksichtigt.
Doch der gute Zweck heiligt die Mittel. Heute gibt es erst ein kleines Abendessen mit musikalischer Erquickung und dann ab 20 Uhr in der Heilig-Kreuz-Kirche die „Different Voices of Berlin“ und Weltstar Jocelyn B. Smith.