Omans Balanceakt

Ein Blick auf Maskat, der Hauptstadt des Sultanats Oman. Quelle: Pixabay, Foto: Brian

Wien, Österreich (Weltexpress). Die Boeing 787-9 der Oman Air London-Muskat überfliegt gerade Bagdad; die elektronische Landkarte auf dem Bildschirm vor meinem Sitzplatz zeigt präzise die Flugroute Richtung Südost. Doch die Neugier lässt mich nach links zum Mittelmeer zoomen – und dort findet sich in großen weißen Lettern zwischen „Jordan“ und „Lebanon“ ein „State of Palestine“, als dessen Hauptstadt auf dieser Karte skurrilerweise „Holon“ (eine Kleinstadt nahe Tel Aviv) angegeben wird. Wir, 16 in London akkreditierte Auslandskorrespondenten, sind als offizielle Gäste ins Sultanat Oman geladen. Für uns Journalisten war es eine willkommene Herausforderung, dass diese Reise in ein arabisches Land zufällig mit den aktuellen Ereignissen im Nahen Osten zusammenfiel. So ging es bei den Treffen mit omanischen Regierungsmitgliedern nur um eines – den Krieg zwischen Israel und Hamas.

Das prunkvolle Foyer des Aussenministeriums in der Hauptstadt Muskat ist mit den Flaggen sämtlicher Nationen der Welt geschmückt. Sämtlicher? Erwartungsgemäss fehlt da nur eine Flagge – die blauweisse Israels. Oman, dessen immenser Reichtum ebenso wie der seiner Nachbarstaaten auf Erdöl beruht, befindet sich gleichzeitig in einer geostrategisch hervorragenden Position und politisch-religiös heiklen Umgebung: Die Nachbarn sind das sunnitische Saudiarabien, das von Bürgerkrieg zerrissene Jemen und, jenseits des Persischen Golfs, die schiitische Theokratie Iran, daneben das radikal-
muslimische Pakistan. Die religiöse Mehrheit des Kleinstaats Oman mit seinen rund 5 Millionen Einwohnern gehört dem Ibadismus an – einem „dritten Weg“ zwischen Schiiten und Sunniten. Doch Religionszugehörigkeit ist in Oman derart tabu, dass selbst entsprechende Fragen und Erhebungen mit Gefängnis bestraft werden können.

Drei israelische Premiers (Rabin 1994, Peres 1996 und selbst Netanjahu 2018) sind vom damaligen Sultan in Muskat empfangen worden und jahrelang wurden diskrete Geschäftsverbindungen mit Israel gepflegt. Doch damit es inzwischen aus: Oman hat sich den „Abraham-Verträgen“ vor drei Jahren nicht angeschlossen und im Januar kriminalisierte Omans Parlament gar sämtliche Kontakte mit dem „zionistischen Gebilde“. Eingekeilt zwischen religiös radikalen und militärisch starken Nachbarn umgeht Oman das Minenfeld des Nahostkonflikts mit größter Vorsicht und betont stets seine Zugehörigkeit zur arabischen Welt. An islamischem Extremismus besteht hier keinerlei Bedarf, man will Ruhe und Harmonie, will Tourismus, Technologie und Wirtschaftswachstum. Die Omanis sprechen mit sanfter Stimme, lächeln gern und sind stets höflich, sie wollen die Freundschaft aller Nationen und überall nur den Frieden. Doch Aussenminister Sayyid Badr bin Hamad Albusadi schlägt bei unserem Treffen schärfere Töne an: Er bezeichnet Hamas als „Widerstandbewegung“ und lehnt den Begriff „Terrororganisation“ kategorisch ab. Das Massaker in Israel streift er nur am Rande als „einseitige Darstellung westlicher Medien“. Wenn er von Massakern spricht, meint er Gaza, wenn von toten Kindern und Babies die Rede ist, dann sind es ausschliesslich palästinensische. Als der Außenminister vom kürzlichen Besuch seines iranischen Kollegen berichtet, frage ich ihn, was denn von Irans nuklearen Plänen zu halten sei. Davon wisse er nichts, erklärt der Minister kurz und kategorisch.

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