Noch ziemlich heil über die Runden gekommen – Widersprüchliches bringt VDA-Präsident Matthias Wissmann für die Automobilindustrie auf deren Halbjahrespressekonferenz in Frankfurt

Das ist eine derzeit asymmetrische Entwicklung, die innerhalb der Fahrzeugklassen sich verstärkt. Denn gekauft werden derzeit die kleineren und umweltgünstigen Autos. Nach einer Durststrecke für Mercedes, BMW und Audi ziehen aber auch dort die Verkaufszahlen an. Insgesamt stiegen die PKW-Neuzulassungen im ersten Halbjahr 2009 auf 2,06 Millionen Fahrzeuge, das ist eine Steigerung um 26 Prozent. Diese politisch gewollte und initiierte Inlandsnachfrage kommt verstärkt deutschen firmen zugute. Laut der bisher bearbeiteten 420 000 Anträge gilt das für mehr als die Hälfte aller prämienbedingten Zulassungen, wobei Volkswagen auf platz 1 steht, gefolgt von Opel und Ford.

Schaut man sich die zehn am besten verkauften Modelle an, sind sogar sieben von ihnen aus deutschen Konzernen, darunter die ersten fünf komplett. Den Neuwagenanteil führt der Skoda Fabia an, bei den Jahreswagen liegt mit weitem Abstand der VW Golf vorne. Aber auch die deutschen Premiummarken legen hierbei zu: jeder 9. Jahreswagen gehört dazu, wie insgesamt die deutschen Marken in diesem Sektor sogar 60 Prozent einheimsen. Was infolge der politisch in Gang gesetzten Anreize zum Autokauf zusätzlich auffällt, ist eine Verschiebung in der Käuferstruktur. Zweidrittel der Neuzulassungen entfallen inzwischen auf private Halter, die eher zu Benzin denn _Diesel tendieren.

Diese zahl ist eine Verdoppelung, weil gleichzeitig die Tendenz zum Autokauf im gewerblichen Bereich als Krisenfolge zurückging. Da diese Autos mehr Kilometer schinden müssen, haben sie eher Dieselmotoren, so daß gegenwärtig insgesamt der Dieselsektor lahmt, was Wissmann nicht beunruhigt: „Wir sehen weiterhin den Clean Diesel als wichtiges Element deutscher Technologiekompetenz, zumal das mittlerweile wieder ausgeprägte Preisgefälle von Ott- und Dieselkraftstoff an der Zapfsäule künftig wieder zu einem steigenden Diesel-Anteil bei den Neuzulassungen führen dürfte.“ Auch der Absatz von Fahrzeugen mit alternativen Antriebssystemen steigert sich. Vor allem die PKW mit Flüssiggas-Antrieb werden immer beliebtere Kaufeientscheidungen. Insgesamt legten die gasbetriebenen Autos bis Mai um 38 Prozent auf an die 10 000 PKW zu.

Dieser Boom im Inland ist politikgesteuert, so daß man für 2010 mit einem Rückgang rechnet, aber dafür auf Steigerungen im Export setzt. Amerika sei der Schlüssel, sagte Wissmann sehr deutlich, denn im Moment verhalte sich die internationale Automobilbranche analog der amerikanischen. Dort habe man den Eindruck, daß die Talsohle überschritten sei, so daß man davon ausgehe, daß mit fallender nachfrage in Deutschland, eine stärkere aus dem Ausland zu Buche schlage, wo deutsche Wagen nach wie vor einen sehr guten Ruf besitzen, bei den Kleinwagen wie bei den Luxusfahrzeugen. gegen diese seien auch die amerikanischen Methoden gerichtet, in dem bei der gerade in den USA bewilligten Abwrackprämie eine Höchstgrenze von 45 000 Dollar erlassen sei, was gegen die deutsche Luxusklasse gehe. Dies sei ein Rückfall in den Protektionismus und anzuprangern.

Bei den Fragen zu zukünftigen Prognosen tat sich Präsident Wissmann verständlicherweise schwer, was nicht nur für die Produktion und den Verkauf, sondern auch für die Beschäftigungszahlen gilt. Denn bisher sei man stolz, daß trotz des Umsatzrückganges um 40 Prozent in den ersten vier Monaten 2009 , die Beschäftigtenzahl grob gehalten wurde, allerdings zu Lasten der Arbeitnehmer: auslaufen von Zeitarbeitsverträgen, Absenkung der Arbeitszeitkonten der Stammbelegschaften auf den tiefstmöglichen Stand, Verlängerung der Urlaubszeiten und die branchenweite Einführung von Kurzarbeit, die in zwei Schritten auf 18 und 24 Monate verlängert wurde. Die Beschäftigtenzahl ging innerhalb des letzen Jahres um 2, 4 Prozent zurück, das entsprich einer Verminderung um 17 800 Beschäftigte auf nunmehr 729 800 Mitarbeiter. Dabei entfallen auf die Automobilhersteller nur 1, 5 Prozent bei gut 408 200 Mitarbeitern, während die Zulieferersparte mit 3 Prozent auf nunmehr 289 330 Beschäftigte zurückging, wo auch der Umsatzrückgang mit minus 49 Prozent am höchsten sei.

Alle starren auf die vom 17. bis 27. kommende Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt. Während am Dienstag dieser Woche die Messe Frankfurt ihr Rekordergebnis der 850jährigen Geschichte verkündete und Gewinn für das erste Halbjahr 2009, gab es tagsdrauf, am 1. Tag des 2. Halbjahres den ersten Einbruch it der Konsumgütermesse Tendence um 25-29 Prozent. Mit rund 700 bisher angemeldeten Ausstellern, wovon 60 aus dem Ausland kommen, ergibt sich nur ein Rückgang um 8 Prozent, wobei entscheidend bleibt, daß alle wichtige Hersteller anwesend sind, Rückgänge gibt es vor allem bei Zulieferern. Allerdings gilt für die 700 Kommenden doch, daß ’schlank schön mache’, denn die bisher georderte Ausstellungsfläche bedeutet real eine Reduzierung von 20-25 Prozent.

Das ist ein durchaus dramatischer Einbruch der alle zwei Jahre stattfindenden Messe, die ihren Wert aber durch den Publikumsbesuch gewinnt. Und da – das äußerte Präsident Wissmann sehr zufrieden – das Auto heute auch durch die politische Diskussion stärker als die vergangenen Jahre in aller Munde sei, vom Stammtisch, über Zeitungen und die Käufer, gehe er von einem sehr guten Besuch der IAA aus. Er erwartet auch viele weibliche Besucherinnen, denn die Frauen haben beim Autokauf des Jahres erstaunlich zugelegt, anders als in den Spitzenpositionen des Automobilverbandes, wo die Halbjahrespressekonferenz von fünf vorsitzenden Männern geführt wurde. wie überall.

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