Berlin, Deutschland (Weltexpress). Es fehlen Milliarden Euro bei der Bahn – doch der Staatskonzern modernisiert sich weiter. Was natürlich zu neuen Defizits führt. Aber die Deutsche Bahn blickt voller Zuversicht voraus. So wird noch in diesem Jahr der neue XXL-ICE auf einigen auserwählten Strecken Premiere haben.
Diese neuen Züge firmieren offiziell weiter als ICE4. Aber sie haben statt bisher 12 Wagen 13. Die neuen Züge sind damit 375 Meter lang, also 28 Meter länger als der Standard-ICE. Sie sind die längsten Züge in der Geschichte des deutschen Eisenbahnwesens. Jeder der neuen Wagen ist zwei Meter länger als bisher, weshalb der Bahnvorstand auch von einem „Nutzflächenweltmeister“ spricht. Die Sitzplatzzahl erhöht sich von 703 auf 918, aber die Höchstgeschwindigkeit wird anfangs bei 250 km/h liegen statt bei 280 wie einst beim ICE1. Im Endstadium werden die neuen ICE4 maximal 265 Stundenkilometer erreichen. Langsamer also als der einstige ICE1.
Diese Zahlen bedürfen einiger Erklärungen
Die 13 wird nur Pessimisten und Abergläubischen zu schaffen machen. Sei`s denn. Aber die Länge von 375 Meter kann für Reisende problematisch werden. Etwa dann, wenn ein Zug auf einem Kopfbahnhof eingesetzt wird und der Waggon, in dem man reserviert hat, am anderen Ende steht. Das kann beispielsweise auf der Strecke München – Berlin der Fall sein. Dann muss der Fahrgast unter Umständen fast einen halben Kilometer den Bahnsteig entlang laufen, Wagen an Wagen hinter sich lassend. Das kann für Ältere schon ohne Gepäck sehr beschwerlich sein. Ausweg, was auch verdienstvoller Kundenservice wäre: Die Bahn steht mit einem Elektromobil bereit und befördert ihre Gäste auf diese Weise zu den jeweiligen Waggons.
Übrigens können, so ein Bahnsprecher, mit den XXL-Größen nur Haltepunkte angefahren werden, die einen Bahnsteig von 410 Meter Länge haben. Viele Bahnhöfe können deshalb nicht genutzt werden, wie etwa Passau und Freiburg.
Geringe Geschwindigkeit
Die geringere Geschwindigkeit der Neuen ist unerheblich. Schließlich kann mit 250 km/h oder leicht darüber nur auf Neubaustrecken gefahren werden, etwa zwischen Erfurt und Nürnberg. Generell liegen im „engen“ Deutschland die Bahnhöfe auch sehr dicht beieinander, als dass Höchstgeschwindigkeiten erzielt werden können.
Große Kapazität, weniger Energieverbrauch
Die Kapazität von über 900 Fahrgästen wird einem erst bei einem Vergleich so richtig bewusst: Sie entspricht 230 voll besetzten Mittelklassenautos, 15 Reisebussen oder fünf Kurzstreckenflugzeugen. Bei voller Besetzung wiegt ein XXL 754 Tonnen. Trotzdem konnte der Energieverbrauch um 22 Prozent gesenkt werden, verglichen mit ICEs früherer Generationen. Es gibt keine „Lokomotiven“ oder Triebköpfe mehr, die Motoren – jeweils vier – sind unter den Fahrgastkabinen angebracht. Die Züge fahren quasi vollautomatisch, der „Lokführer“ ist lediglich Sicherheitsperson. Er muss im Cockpit zweimal pro Minute einen Sicherheitshebel bedienen. Im Streckennetz der Deutschen Bahn sind täglich 1300 Fernverkehrszüge unterwegs.
Corona-bedingt sind die Umsätze der Bahn um etwas mehr als zehn Prozent eingebrochen, von 44,4 rund 40 Milliarden Euro 2020. Im vergangenen Jahr machte die Bahn 5.7 Milliarden Verluste. „Die Verbindlichkeiten, so der Berliner „Tagesspiegel“, stiegen damit auf 29 Milliarden Euro. Der Bund als Alleineigentümer wird also tief in die Taschen der Steuerzahler greifen müssen – die Bahn denkt aber auch, abgesehen von Einsparungen, an Verkäufe von Tochterunternehmen. Der Spediteur und Logistiker Schenker könnte um die acht Milliarden einbringen, schätzt etwa Wall Street. Das Einkommen von Bahnchef Lutz in Höhe von 900 000 Euro im Jahr plus Boni in gleicher Höhe bleibt wohl unangetastet.