Neunzig Milliarden – woher nehmen?

Das Jammern zum Thema „wir haben jahrelang über unsere Verhältnisse gelebt“ suggeriert auf einmal, daß alle schuld sind an der Verschuldung des Staates. Das ist eindeutig falsch und kann auch kürzeste Gedächtnisleistungen kaum übertölpeln.

Bis vor kurzem war doch klar: Betrügerische, international verflochtene Bankenspekulationen, die wegen mangelnder Staatsaufsicht gravierende Schäden mit katastrophalen Auswirkungen auf ganze Volkswirtschaften bewirkten, führten deshalb in unsere jetzige Schuldenmisere, weil diese verbrecherisch geführten Banken nicht liquidiert und durch neue, saubere, staatlich wirksam beaufsichtigte Bankinstitute abgelöst wurden, sondern mit Steuergeldern saniert wurden, die uns jetzt überall fehlen.

Diese maffiosen Bankmachenschaften gilt es in den Griff zu kriegen. Mit nationalen und internationalen Maßnahmenplänen. Dazu gehört z.B. – in einer Übergangsphase – daß alle, übrigens vergleichsweise herausragend gut verdienenden Bank-Mitarbeiter (im Volksmund immer noch als „Bankbeamte“ tituliert und angesehen) zum Ausgleich der entstandenen Staatsschulden mit herangezogen werden. Ein vierzigjähriger, nach drei Jahren Lehre im Alter von ca. zwanzig Jahren zum „Bank-Kaufmann“ avancierter Bankschalterbeamter verdient mal eben ca. 60.000,- € p.a., das ist ein höheres Salär als es ein W2-Professor heute erhält. Und es ist doppelt so viel wie ein „Postschalterbeamter“ mit gleicher Ausbildung und gleichem Lebensbackground bekommt. Dieser durchschnittliche „Bankbeamte“ hat bei diesem Gehalt eine durchschnittliche zusätzliche monatliche Sonderzahlung von 500,- bis 750,- € auf seinem Gehaltskonto – laut Statistischem Bundesamt war das im letzten Quartal eine Reduktion der Sonderzahlung um ein Drittel der bisherigen Leistung. Von den ca. 2 Mio. „dienstleistenden“ „Bankbeamten“ sind etwa ein Drittel als Führungskräfte eingestuft, mit einem Einkommen von ca. 160.000 € p.a., inklusive stattlicher Sonderzahlungen. Würde der durchschnittliche Banker auf seine Sonderzahlung (die er als Anteil am erfolgreichen wirtschaften der Bank erhält) in Höhe von monatlich 500,- € verzichten und diese der Staatskasse zur Verfügung stellen, brächte das pro Jahr einen Betrag von 1,3 Mio x 500 = 650 Mio €, bis 2014 also 2,6 Mrd. € in die Staatskasse; die 700.000 Führungskräfte der Bank könnten von ihren durchschnittlich 160.000 € p.a. ihre Jahres-Sonderzahlung um 20.000 € zu Gunsten der Staatskasse kürzen, was zusätzlich 700.000 x 20.000 x4 = was erstaunliche 56 Mrd. € bis 2014 in die Staatskasse brächte. Allein der Dienstleistungsbereich „Banken„, der die Schulden-Misere so wesentlich mit verursacht hat, würde – ohne besonders begründete Schmerzensschreie, denn diese Abgaben könnten die unverändert gut verdienenden Banker hervorragend verkraften – einen Beitrag in Höhe von 58,6 Mrd. € bis 2014 aufbringen. Das wäre angemessen. Und das war es, was Alt-Bundespräsident Horst Köhler anmahnte, als er vom Beitrag der Verursacher zum Abbau des volkswirtschaftlichen Desasters sprach.

Zur Durchsetzung dieser einmaligen Abgabe –Verpflichtungs-Verordnung ist vom Bundestag und vom Bundesrat ein Gesetz zu beschließen: Jetzt müssen eben die „Bankbeamten“ an die Front des volkswirtschaftlichen Hindukush geschickt werden. Das werden die gesetzgebenden Versammlung hinkriegen müssen. Schließlich ist die Situation brenzliger als damals in Afghanistan.

Völlig ungeeignet ist es, bei Sozialleistungsempfängern zu kürzen. Wie sagte Frau von der Leyen: „Leistungen der Job-Center, die erfolglos sind, können wegfallen.“ Wie bitte? Es muß doch wohl heißen: die Arbeit der Job-Center ist zu überprüfen, wenn sie nicht erfolgreich ist. Die Leistungsempfänger zu bestrafen, weil die Job-Center ihren Job schlecht machen, kann doch nicht der Weisheit letzter Schluß sein! Etwas mehr innovatives Denken hätte man der Fast-Bundespräsidentin schon zugetraut. Wie wäre es denn, wenn der alte – oder der neue – Arbeitgeber sich um die Vermittlung eines neuen Jobs für den von ihm freigestellten Mitarbeiter bemühen muß? Bei Erfolg bekommt er vom Arbeitsministerium/Jobcenter das „Übergangsgeld“ inkl. Weiterbildungskosten ersetzt. Ohne daß leerlaufende Verwaltungsarbeit im Jobcenter Sand ins Getriebe der Weitervermittlung streut.

Ungeeignet ist auch das Zur-Kasse-bitten der Beamten. Die kann man zwar durch staatliche Verfügung abzocken (100 € pro Monat soll jeder Beamte künftig als Sonder-Soli zahlen), aber sie sind doch wohl in den Bereichen Bildung, Sicherheit, Verwaltung, Gesundheit Stützen des Staates. Schon, schon: in gesicherten Jobs. Aber mittlerweile bei wirklich schlechter Bezahlung. Der durchschnittliche Banker kassiert – bei sehr pünktlichen Arbeitszeiten – 60.000 € p.a. – siehe oben. Ein Professor, der an einer Fachhochschule für die Ausbildung von Ingenieuren eine für die Volkswirtschaft herausragende Stellung wahrnimmt, erhält in Berlin weniger als 48.000 € brutto, die kommenden Merkel-Kürzungen nicht eingerechnet. In den letzten zehn Jahren wurde wegen der staatlichen Dauermisere das Gehalt diese Professors bereits um Weihnachts- und Urlaubsgeld gekürzt, was mehr als zehn Prozent Einkommensverlust bedeutete. Die so bewunderte Pensionsberechtigung verlor auch an Zugkraft: eine hundertprozentige Weiterzahlung der Bezüge gibt es schon längst nicht mehr, auch 75 % sind Vergangenheit; heute gilt der Satz von 62 %. Um es in Erinnerung zu rufen: so ein Professor hat durchschnittlich sieben Jahre studiert, promoviert und mindestens fünf Jahre, meist länger, in der Industrie gearbeitet, bevor er sich zur Lehre verpflichtet hat. Soll er jetzt weitere Kürzungen in Kauf nehmen? Das Könnte den Reiz des Lehrberufs mehr und mehr schwinden lassen. Hohe Qualität in der Lehre wird auf diese Art jedenfalls nicht gefördert.

Vermisst werden bei all diesen Wünschelgängeraktionen der Bundesregierung auf der Suche nach Geldadern neue Ideen zur Generierung von Arbeitsplätzen auf breiter Front. Welches Programm bringt unsere Volkswirtschaft in den nächsten Generationen so voran, daß eine Belebung des Arbeitsmarktes und eine stetige Wirtschaftsprosperität gesichert wird.

Erwartet werden von der Regierung, der Wirtschaft, den Gewerkschaften, der Wissenschaft konzertierte, nachhaltige Impulse. Ohne diese Impulse, ohne Angabe der Richtung, kommen wir nicht weiter. Internationale Vernetzung, Entwicklung der Infrastruktur für Logistik und Energie, neue Systeme des Umweltschutzes, Förderung von Bildung und Wissenschaft: wo sind die Projekte, welche sind Regierungsprogramm? Wer diese Impulse nicht setzt, gehört nicht in die Regierung.

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