Da hatte man im selbsternannten Volleyball-Tempel (Max-Schmeling-Halle) vor mehr als 9000 Zuschauern einen dritten Rang bejubelt. Nun hakte man an gleicher Stelle vor rund 4000 Augenzeugen einen quasi Pflichtsieg ab.
Den allgemein befürchteten Spannungs- und Konzentrationsabfall konnten die Gastgeber nach souveränem Beginn nicht verleugnen. Die Nachwirkungen des vorherigen Final Four gegen Europas Topteams waren dann allenthalben sichtbar – mental und körperlich war die Mannschaft von BR-Trainer Mark Lebedew verständlicherweise nicht auf dem Level wie gegen Kasan oder Belchatow.
Wie beim umkämpften 3:2 im CL-Match um Platz drei gegen Polens Champion Belchatow brachten die Einwechsler Felix Fischer und Francesco De Marchi zum Glück neue Energien und Impulse von der Bank. Und dass letztlich ein fünfter Abschnitt gegen den Dritten der Bundesliga-Hauptrunde, Düren, vermieden werden konnte, war Außenangreifer Robert Kromm zu verdanken. Er hatte manche (ungewohnte) Fehler zu verkraften, führte aber im vierten Satz seine Mannschaft mit einer krachenden Aufschlagserie zum wohl standesgemäßen Erfolg.
Dürens Jan-Philipp Marks meinte: „Man hat schon gesehen, dass einige Berliner müde und mental runter waren. Dennoch war der Satzgewinn für uns ein Erfolg, denn in der Liga haben wir zweimal 0:3 verloren. Vielleicht ist ja mit unserer Heimstärke im zweiten Spiel in Düren noch mehr drin.“
Die Saison hakt der 22-jährige Außenangreifer schon jetzt als positiv ab: „Wenn Berlin ins Finale gegen Friedrichshafen einzieht, haben wir aber in unserer Familie immerhin zwei Bronzemedaillen.“ Weil der ältere Bruder Nicolas mit Lüneburg gleichfalls das Halbfinale erreichte.
Die Berlin Volleys haben noch einen „schweren Weg“ (so unisono der Trainer und Manager Kaweh Niroomand) vor sich, um unterm Strich die Saison mit dem Adjektiv erfolgreich zu verknüpfen.
„Die Meisterschaft, die Titelverteidigung haben höchste Priorität“, bestätigt Niroomand.
Doch da wartet der Dauerrivale VfB Friedrichshafen. Der warf die Volleys im nationalen Pokal aus dem Rennen und behauptete in der Liga-Hauptrunde knapp Rang eins. Hätte damit im Play-off-Finale ein Heimrecht mehr und möchte nach drei Meisterschaften für den Kontrahenten dessen Serie beenden.
Gleichgültig, wie dieses Duell ausgeht – in Berlin deuten sich nach fünf Erfolgsjahren mit Lebedew gravierende Änderungen an. In Berliner Medien deutete der Australier an, einen Wechsel („neue Herausforderungen“) nicht auszuschließen.
Zudem laufen bis auf drei – Erik Shoji, Sebastian Kühner, Tomas Kmet – alle Spieler-Verträge wie beim Trainer aus. Lebedew und Niroomand bekunden, die entscheidende Phase der Meisterschaft nicht durch Vertragsgespräche zu belasten.
Allerdings wollen die Spieler möglichst früh Klarheit haben, wo sie in der kommenden Saison schmettern und baggern. Deren Agenten dürften nach der Champions League und dem eindrucksvollen Finale von teilweise höheren Marktwerten ihrer Schützlinge ausgehen. Was Angebote von anderen finanzkräftigen Klubs ergibt. Aus Polen, Russland, der Türkei beispielsweise, wo erheblich mehr Geld für Volleyball zur Verfügung steht.
Ob die BR Volleys gegen den Sog des Geldes ankommen und ihre Meister-Ära fortsetzen können, scheint derzeit offen. Denn, wie heißt oder hieß es doch: Berlin ist arm – wenn auch sexy.