Mubarak im Badeort, Militär löst Parlament auf: Ägyptens Abgeordnete können auch Baden gehen

Seit dem frühen Sonntagmorgen sind die Soldaten bemüht, die restlichen Protestler vom Platz zu verdrängen, um diesen für den Autoverkehr freizubekommen. Gleichzeitig wird Müll vom Platz entfernt.

Einige Protestler sind allerdings mit dem Vorgehen der Armee unzufrieden. „Die Aufgabe der Armee besteht darin, unsere Forderungen zu erfüllen!“ ertönt aus Lautsprechern der Demonstranten. „Sonst kommen wir zurück!“

Die Armee macht, was sie will. Der Oberste Rat der Streitkräfte Ägyptens, der die Macht im Lande nach dem Rücktritt von Präsident Hosni Mubarak übernommen hatte, erklärte allerdings, er habe nicht vor, die legitimen zivilen Behörden zu ersetzen, und wolle faire und freie Wahlen garantieren. Dafür haben die Herrscher in Uniform, die Verfassung des Landes außer Kraft gesetzt und beide Parlamentskammern aufgelöst. Das teilte der „Soldaten-Rat“ in einer am Sonntag im Fernsehen verlesenen Erklärung mit.

„Die Bestimmungen der Verfassung werden außer Kraft gesetzt“, heißt es im Dokument. „Gleichzeitig übernimmt der Oberste Rat der Streitkräfte Ägyptens vorübergehend die Verwaltung des Staates für sechs Monate bzw. bis zu den Wahlen der Volksversammlung und des Konsultativrates (Unter- und Oberhaus des ägyptischen Parlaments).

Darüber hinaus bildet der Rat eine Kommission, die sich mit der Vervollkommnung der 1971 verabschiedeten Verfassung befassen wird. Nach den Änderungen soll der neue Text des Grundgesetzes von einem Referendum gebilligt werden.

In der Übergangsperiode wird Hussein Tantawi, Chef des Obersten Rates der Streitkräfte und Verteidigungsminister, für die Innenpolitik des Staates zuständig sein und das Land in der internationalen Arena vertreten. Die Staatsführung verpflichtet sich, „alle Verträge und internationalen Abkommen einzuhalten, denen sich Ägypten früher angeschlossen hat“.

Der Regierungschef Ahmed Shafik wurde beauftragt, seine Arbeit bis zur Bildung eines neuen Kabinetts sowie der Abhaltung der Parlaments- und der Präsidentenwahlen fortzusetzen.

Anders gesagt: Tantawi erklärt, für sechs Monate den Mubarak zu machen. Noch ist das Volk, das auch seines ist, zufrieden, weil die Hauptforderung, Mubarak aus dem Amt zu jagen, erfüllt wurde. Grund genug für Millionen, sich am kommenden Freitag erneut auf dem Tahrir-Platz zu treffen, um zu feiern.

Ihr Ex-Boss, Ägyptens Ex-Langzeit-Präsident Mubarak, hält seit seinem Rücktritt am 11.02.2011 in Scharm el Scheich aufhalten. Das berichten verschiedene Medien und das verkündete Ägyptens Premier Ahmed Shafik am heutigen Sonntag. Gesehen hat ihn seit Freitag niemand mehr, auf den wir uns berufen könnten, weder auf der Mattscheibe noch sonst wo, so daß immer mehr Oppositionelle den einstigen Herrscher im Ausland vermuten, wohin er sich mit seinem Vermögen, das auf 40 bis 70 Milliarden US-Dollar geschätzt wird, aufgemacht haben soll.

Hasnain Kazim liest „Egyptian Gazette“ und gibt in Spiegel-Online das dort gefundene Zitat von Essam Sultan, Mitglied einer Kommission, die damit beauftragt ist, Mubaraks Vermögen bei Banken in aller Welt aufzuspüren wider: "Wo auch immer sie sich aufhalten, wir werden dafür kämpfen, das Geld, das dem ägyptischen Volk gehört, zurückzubekommen."

Hoffentlich bekommen die Ägypter bald ihr Parlament zurück und können in freien und geheimen Wahlen entscheiden, welche Volksvertreter sie entsenden. Damit die Demokratisierung des Staates fortschreitet, muß die Demokratisierung der Zivilgesellschaft weitergehen. Wir drücken die Daumen.

Mit Material von Al Jazeera, dpa, RIA Novosti und Spiegel-Online.

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