"Die Proteste gegen Gemeinschaftsunterkünfte wie in Berlin-Hellersdorf haben gezeigt, wohin Debatten um angeblichen Asylmissbrauch und Stimmungsmache auf dem Rücken von Schutzbedürftigen führen", sagt Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. "Flüchtlinge, die hier Schutz suchen, dürfen nicht Angst und Schrecken finden", fordert Franziska Vilmar, Asylexpertin von Amnesty International in Deutschland.
Mehr Solidartät in der EU-Flüchtlingspolitik
PRO ASYL und Amnesty International erwarten von der neuen Bundesregierung, dass sie Stimmungsmache gegen Flüchtlinge offensiv entgegentritt – auch indem sie die staatliche Diskriminierung von Asylsuchenden endlich beendet. "Die zwangsweise Unterbringung in Massenunterkünften, das Arbeitsverbot und die Residenzpflicht stigmatisieren die Betroffenen und leisten rassistischen Vorurteilen Vorschub", stellt Burkhardt fest. "Das Asylbewerberleistungsgesetz mit dem diskriminierenden Sachleistungsprinzip muss endlich abgeschafft werden", sagt Vilmar.
Aufgrund der vielen Krisenherde in Staaten wie Syrien, Afghanistan und dem Irak steigt weltweit die Zahl von Flüchtlingen. Nach verlorenen Jahren der Abschottungspolitik müsse sich Deutschland endlich für mehr Solidarität in der EU-Flüchtlingspolitik einsetzen. "Die Bundesregierung darf nicht zusehen, wie weiter Flüchtlinge an den europäischen Außengrenzen sterben und Asylsuchenden ein faires Verfahren verweigert wird", erklärt Vilmar. Günter Burkhardt fordert: "Deutschland muss entschieden auf die Mitgliedstaaten an der EU-Außengrenze einwirken, die Grenzen Europas für Flüchtlinge zu öffnen."
Bundesrepublik muss mehr syrische Flüchtlinge aufnehmen
Angesichts der katastrophalen Situation in Syrien müssten endlich alle EU-Mitgliedstaaten großzügig syrische Flüchtlinge aufnehmen. Beide Organisationen begrüßen daher die humanitäre Aufnahme syrischer Flüchtlinge in Deutschland. Auch dass einige Bundesländer angekündigt haben, die Einreise von Familienangehörigen zu erleichtern, sei ein positives Signal. "Die Kosten für die Aufnahme ihrer Verwandten dürfen aber nicht allein den hier lebenden Syrer aufgebürdet werden. Sonst wird kaum jemand kommen können", erklärt Franziska Vilmar. Syrern, deren Verwandte bereits in Deutschland leben, solle erlaubt werden, hier ihr Asylverfahren zu durchlaufen. "Es ist nicht einzusehen, dass ein syrischer Flüchtling, dessen Schwester in Deutschland lebt, sein Asylverfahren in Bulgarien oder Griechenland durchlaufen muss", erklärt Burkhardt.
Aufnahme syrischer Flüchtlinge deutlich beschleunigen und vereinfachen
Die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, Ulla Jelpke, forderte: "Bereits im Mai wurde die Aufnahme von 5.000 syrischen Flüchtlingen aus dem Libanon beschlossen. Die erste Gruppe mit 107 Flüchtlingen wurde erst im September ausgeflogen, die Aufnahme der restlichen Flüchtlinge wird sich noch bis ins nächste Jahr hinziehen. Das ist nicht hinnehmbar. Das Aufnahmeverfahren muss deutlich beschleunigt werden, etwa indem auf den zweiwöchigen Aufenthalt im Grenzdurchgangslager Friedland verzichtet wird.
Klare Vereinfachungen muss es auch für Syrerinnen und Syrer geben, die in Deutschland leben und Verwandte aus Syrien bei sich aufnehmen wollen. Der Beschluss des Bundestags vom Juni, die Aufnahme von Flüchtlingen bei Verwandten zu ermöglichen, wird ansonsten Makulatur. Diese eigentlich einfachste Form der Flüchtlingsaufnahme scheitert derzeit schon daran, dass in den deutschen Auslandsvertretungen keine Termine für eine fristgerechte Beantragung der nötigen Visa vergeben werden.
Menschenwürdiger Umgang an den EU-Außengrenzen
Schließlich können es sich nur sehr wohlhabende Familien leisten, ihre Verwandten zu sich zu holen, weil sie für alle Kosten des Aufenthalts in der Bundesrepublik geradestehen müssen. Bund und Länder müssen endlich umfassende Erleichterungen schaffen, indem beispielsweise die Kosten der Krankenversicherung übernommen werden.
Darüber hinaus muss die EU ihre Grenzen für Flüchtlinge öffnen. Die militärische Abschottung der EU-Außengrenzen zwingt Flüchtlinge auf immer gefährlichere Routen und fordert immer mehr Todesopfer. Ein menschenwürdiger Umgang mit Flüchtlingen muss an den Außengrenzen genauso gelten wie in Deutschland. Deshalb fordert DIE LINKE die Abschaffung der Residenzpflicht, die dezentrale Unterbringung von Asylsuchenden sowie die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und der Arbeitsverbote für Asylsuchende und Geduldete."
Mit Material von Amnesty Internationalem, Pro Asyl und Fraktion Die Linke im Bundestag